letzte Änderung am 10.05.2002

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Red Agroecológico Venezolano (Región Central)
FUNDAGREA – Fundación para el Desarrollo de la Agricultura Ecológica, Reciclaje y Enegías Alternativas

Kommuniqué der Zivilgesellschaft

Für ein Venezuela in Frieden

 

Seit dem 27 Februar 1989 entsteht eine politische und gesellschaftliche Kraft, die sich an den reinsten Traditionen des Kampfes inspiriert und die eine Transformation will, um eine wirklich souveräne, gerechte und freie Nation zu schaffen und zu sichern. Wir lassen ein dekadentes System hinter uns, in dem eine Elite unserer Bevölkerung ihre Politik aufzwang, um ihre eigenen Privilegien zu sichern und ihr Wohlergehen auf Kosten der Mehrheit zu erhalten. Wir sind eine Gruppe von Basisorganisationen und NGOs mit breiter Unterstützung; wir operieren jenseits des "öffentlichen" und "privaten" Sektors: wir sind die Zivilgesellschaft und stehen im Dienst des venezolanischen Volkes - nicht im Dienst von nationalen oder internationalen Partikularinteressen.

Wir fordern die Vision eines National-Staates und wir fördern die Befähigung des Volkes, seine eigene Zukunft für sein Land zu schaffen. Darin unterscheiden wir uns von einer anderen Zivilgesellschaft, welche eine neoliberale und globalisierungsfreundliche Sicht eint. Wir kommen zusammen, um unseren Standpunkt klar zu stellen, angesichts der wiederholten Destabilisierungsversuche von Sektoren der Wirtschaft, Gewerkschaften, Berufsstände und traditionellen Parteien. Diese haben, mit der Billigung der Hierarchie der katholischen Kirche und der Medien in der venezolanischen Bevölkerung ein Klima von Verwirrung und Angst und im Ausland ein negatives Bild unseres Landes erzeugt.

Die Konsumwünsche der Mittelschicht werden durch die Medien ausgenutzt um uns den Sturz der Regierung wie eine neue "Marke" zu verkaufen. Diese Marke beruht auf der ideologischen Basis der Parteien, der Unternehmer und Gewerkschaften und macht sich die Mythen von Wohlstand, Modernität und Fortschritt eines Zivilisationsmodells zunutze, das für die Mehrheit unerreichbar bleibt und sich weltweit in der Krise befindet. Man verkauft uns die Idee, dass unter dieser Regierung die Verdienste, die man mit eigener Kraft erreicht hat keinen Raum haben, man verkauft uns den Mythos, wir unter dieser Regierung nicht zu Wohlstand kommen werden, man verkauft uns den Glauben, dass unter dieser Regierung unser Eigentum konfisziert wird. Man benutzt dazu Worte von Vertretern der Regierung, die aus dem Zusammenhang gerissen wurden, man fabriziert fiktive Szenarien und schafft künstliche Meinungsbilder, um den Sturz der derzeitigen Regierung voranzutreiben. Wir müssen zugeben, dass dieser ideologische Operation zusammen mit ihrem psychologischen Trugbild einen Teil der Mittelschicht erreicht, die Gesellschaft polarisiert und eine Klima der Gewalttätigkeit schafft. Gegen diesen gefährlichen Zustand führen wir hiermit öffentlich Klage.

Wir möchten deutlich machen, dass wir die Zivilgesellschaft darstellen, Basisorganisationen und NGOs mit Unterstützung des Volkes. Wir streben nach einer besseren und möglichen Welt, nach einer Gesellschaft, in der es keine Distanz zwischen Armen und Reichen gibt, in der die unterschiedlichen "Visionen der Welt" respektiert werden, die wir teilen und in Frieden leben sollten. Die Gesellschaft die der Neoliberalismus projektiert, ist nur möglich für diejenigen, deren Vision und deren Ideale sich darauf konzentrieren, den Status der Ersten Welt zu erreichen, aber dieses Modell ist weder möglich noch nachhaltig. Die Mittelschicht muss erfahren, dass der Fortschritt der entwickelten Länder auf die Kontrolle und die Ausbeutung der Ressourcen der Länder der "Dritten Welt" beruht. Dieses Modell sichert nur den Fortschritt einer weltweiten Minderheit auf Kosten der Millionen Armen und um den Preis der Plünderung und Zerstörung unseres natürlichen und kulturellen Erbes.

Das westliche Zivilisationsmodell befindet sich in der Krise, und hat zur Entstehung von alternativen sozialen Bewegungen geführt: Die Zapatisten in Mexiko, die Kämpfe der südamerikanischen Ureinwohner, die Landlosen-Bewegung in Brasilien, die Anti-Globalisierungsbewegungen in der ganzen Welt. Diese Krise ist ausreichend diskutiert worden in nationalen und internationalen Foren, Gipfeltreffen und in großen Resolutionen der UNO.

Wir halten fest, dass Venezuela keine Ausnahme darstellt und dass der weltweite Kampf um Selbstbestimmung und das souveräne Recht der Völker ihre Zukunft zu bestimmen sich auch in unserem Land manifestiert. Das westliche Entwicklungsmodell ist Bestandteil beinahe aller Institutionen des Landes, inklusive der Instanzen des venezolanischen Staates; in den meisten Bildungseinrichtungen wird auf der Basis dieses Modells unterrichtet, und es ist normal, das viele Berufstätige die politischen und sozialen Prozesse aus der neoliberalen Optik betrachten, die Bestandteil ihres Lebensstils, ihrer Ideale und Werte ist. "Der historisch geformte soziale Habitus ist schwer zu durchbrechen. Ein großer Teil der Gesellschaft erscheint eng verbunden mit den emotionalen und mentalen Vorlieben der vorherigen Epoche. Die Notwendigkeit die tiefsitzenden affektiven Bande zu überwinden und sie auf eine neue Perspektive der Weltsicht auszurichten, führt zu einer schmerzlichen Identitätskrise."

Wir verstehen die Journalisten und die Eigentümer der Medien, welche die Vision der Globalisierung teilen und ihre Interessen – reale oder fiktive – verteidigen. Aber wir kritisieren, dass sich eine einzige Weltsicht so die Massenmedien dominiert. Es ist erforderlich, klar zu machen, das die Mehrheit der Einwohner Venezuelas, inklusive der Mittelschichten, keinen Zugang hatten oder haben zu den Privilegien der mächtigen und wohlhabenden Minderheiten, und dass wir als Mehrheit des venezolanischen Volkes diese Weltsicht nicht teilen, die sich dort in einseitiger Weise in den Medien durchsetzt. Wir erklären – mit allem Respekt – dass es andere Sichtweisen für die Zukunft gibt, und dass es Teile der Gesellschaft gibt, die nichts erhalten hat für ihre Opfer zum Wohle einer Minderheit. Wir wissen um die Angst, die mit dem Gedanken an den Verlust einer gewohnten Lebensweise einhergeht. Auch dies ist ein anderer Mythos, der in den täglichen Nachrichten verbreitet wird; bisher hat man exzessive Toleranz und Respekt gegenüber den politischen Meinungen und Positionen gezeigt. Und aus diesem Grund laden wir Euch ein zur Solidarität. Wir sind dabei, eine Form des Zusammenlebens zu schaffen, in der wir alle die Verschiedenheit der Visionen respektieren und ein soziales und politisches System errichten können, das keinen pro-venezolanischen Sektor benachteiligt. Wir müssen die Überhitzung der Leidenschaften stoppen, die uns in eine gefährliche Konfrontation führen kann: wir müssen um des allgemeinen Wohls willen die Destabilisierungskampagne stoppen, die von Unternehmern und Gewerkschaften im Dienst der alten politischen Klasse des Landes geführt wird. Man darf nicht fortfahren, einen "Staatsstreich" zu ermutigen. Ein solcher Versuch würde die schlimmsten Leidenschaften entfesseln, und eine Konfrontation zwischen Brüdern wäre unvermeidlich.

In der Geschichte Venezuelas wurden alle Freiheitskämpfe verraten und das Eintreten für die Freiheit von boshaften und unterwürfigen Gruppen zertreten, die durch die Interessen der mächtigen Länder gesteuert wurden. Heute geschieht dasselbe: Widerstand gegen den Wandel, nicht nur durch die Unternehmerschicht und die alte Politik, sondern auch durch den Staatsapparat. Weite Teile des Volkes strebten nach einer wirklichen Verfassungsgebung – sie erfolgte nicht; viele Venezolaner wollten, dass Souveränität und Selbstbestimmung ein roter Faden in unserem Verfassungstext würde, dennoch erkennt unsere Verfassung in einige Artikeln die Erfüllung internationaler Verträge an, die der Nation zur Unterwerfung unter viele Entscheidungen und Instanzen des weltweiten Neoliberalismus und der Globalisierung. Auf der anderen Seite ist es gelungen, die Zerstörung des Nationalstaates durch den Neoliberalismus aufzuhalten und die Beteiligung und den Protagonismus des Volkes in öffentlichen Angelegenheiten zu stützen.

Wir erklären einen demokratischen, partizipativen Staat. Wir versichern, dass unsere Verfassung Raum aufweist, um weiter aufzubauen und den Wandel zu vertiefen. Aus diesem Grund wollen wir nicht zu jenem Modell zurückkehren, das den Staat zersplitterte und die sozialen Bewegungen isolierte, indem es die Kreativität und den Kampfgeist Venezuelas unterdrückte. Im Gegenteil, wir betonen, dass der verfassunggebende Prozess mit der Veröffentlichung der Verfassung nicht beendet ist. Und wir laden das Volk ein, sich zu konstituieren, um den Prozess des Wandels voranzutreiben.

Wir applaudieren dem Erwachen vieler sozialer Gruppen in unserem Land, aber wir verurteilen die Manipulation zahlreicher Auseinandersetzungen, welche in ihrem Ursprung zwar gerechtfertigt sind, jedoch durch die Unerfahrenheit ihrer Akteure zur Destabilisierung ausgenutzt werden. Viele Arbeiter und Angestellte werden so für politische Interessen benutzt und nicht zur Durchsetzung sozialer Verbesserungen. [...] Der Bau eines neuen Vaterlandes, mit historischem Gedächtnis, erfordert notwendigerweise die Teilnahme aller Gruppen, die das Wohlergehen des Landes wollen. Die anti-venezolanische Kampagne, welche die alten politischen Klassen im Ausland führen ist inakzeptabel und zeigt, dass ihnen das allgemeine Wohl nichts bedeutet, wohl aber ihre eignen Privilegien. Wir wissen und sind überzeugt, das die venezolanischen Arbeiter, gleich welcher Partei, eine anti-venezolanische Gewerkschaftsspitze nicht in einem Generalstreik unterstützen werden; eine Gewerkschaftsspitze, die den großen Spielraum, den unsere Demokratie ihnen großzügigerweise bietet, ausnutzt, um ein negatives Bild unseres Landes im Ausland zu erzeugen, das sich wiederum in eine größere Krise für unsere Arbeiter übersetzt. Mit allem Respekt fordern wir die Medien auf, sich nicht zum Komplizen dieser anti-venezolanischen Einstellung zu machen, in dem sie die Nachrichten realer Auseinandersetzungen aufblähen um den destabilisierenden Kräften zu folgen. Die Mehrzahl der Nachrichten, welche die internationale Meinung beeinflussen, sind zu 70% virtuell.

Damit ein Dialog und die Beteiligung aller Gruppen, die das Land lieben, existieren kann, müssen die Beziehungen zwischen Staat und Bürgern neu dimensioniert werden, denn die Bezüge der Zivilgesellschaft sind horizontal und zirkulär, aber die Struktur des venezolanischen Staates ist vertikal, so dass eine echte Partizipation nicht möglich ist. Die derzeitige Struktur der nationalen Instanzen ist geeignet Bürokratie, Ineffizienz und Korruption zu erzeugen; es sind die gleichen Strukturen wie in vorherigen Regierungen.[...] Diese Strukturen führen zum Ausschluss vieler loyaler Venezolaner, die ernsthaft zur Lösung der immensen, alten wie neuen, sozialen Probleme beitragen könnten. Wir fordern die Führer des venezolanischen Staates auf, ihre Strukturen an die neue nationale Realität und den verfassungsmäßigen Rahmen der Partizipation und des Protagonismus des Volkes anzupassen.

Zuletzt vollen wir unseren Abscheu gegen die destabilisierenden Sektoren zum Ausdruck bringen, da sie ein Klima der Gewalt zwischen Brüdern und Landsleuten schaffen. Wir wollen eine Konfrontation zur Verteidigung des neuen Regierungssystems vermeiden, das tiefgreifende Veränderungen verspricht und das ein Modell für andere Länder sein kann. Daher ist es ist notwendig, viele Fehler auszuräumen, ohne anti-venezolanischen Gruppen Konzessionen zu machen, und gemeinsam ohne Angst vor dem Wandel in die Zukunft zu sehen, ohne Mythen, ohne Manipulationen egoistischer politischer Gruppierungen. Wir wollen voranschreiten, in patriotischem Geist, in ein besseres, mögliches Land. Die Mittelschichten dürfen sich nicht als Kanonenfutter der destabilisierenden Sektoren benutzen lassen.

Die Übersetzung für LabourNet Germany besorgte Karin Nowak - danke!

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