letzte Änderung am 16. Dez. 2002

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Nicaragua: Ex-Präsident Immunität entzogen

Arnoldo Aleman wegen Korruption angeklagt

Von Dario Azzellini

Nach einer turbulenten sechsstündigen Sitzung der Nationalversammlung wurde Ende vergangener Woche dem ehemaligen nicaraguanischen Präsidenten Arnoldo Alemán (1997-2002) die Immunität entzogen. Alemán wird in zahlreichen Fällen in Nicaragua und den USA der Korruption angeklagt und soll über 100 Millionen Dollar aus den Staatskassen zu eignen Gunsten und zu denen seiner Familie abgezweigt haben. Alemán und 35 weitere anwesende ihm treue anwesende Abgeordnete verließen bereits vor der Abstimmung aus Protest den Saal.

Die Initiative war möglich geworden nachdem sich der neue Präsident Nicaraguas, Enrique Bolaños, der sich bei den vergangenen Wahlen im November 2001 überraschend gegen den sandinistischen Dauerkandidaten und Ex-Präsidenten Daniel Ortega durchsetzen konnte, sich den Kampf gegen die Korruption und vor allem gegen seinen Parteikollegen (der liberalen Partei PLC) Alemán auf die Fahnen schrieb. Unter Arnoldo Alemán noch Vizepräsident, glänzte Bolaños in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Antikorruptionskommission noch mit Untätigkeit. Um so überraschender war die schließlich von Bolaños, einem Konservativen der alten Schule, eingeleitete Abrechung, zudem auch Bolaños ökonomische Interessen eng mit denen des Ex-Präsidenten Arnoldo Alemán verknüpft sind, der sein Vermögen im Laufe seiner Regierungszeit mit unsauberen Geschäften auf etwa 250 Millionen Dollar mehren konnte.

Doch Alemán konnte durch die ihm ergebenen Abgeordneten während des gesamten Jahres die Aufhebung seiner Immunität verhindern. Die Abgeordneten der linken FSLN und einige wenige aufrechte Parteigänger des Präsidenten Bolaños reichten nicht für eine einfache Mehrheit. Diese kam mit den nötigen 47 Stimmen erst kürzlich zu Stande, als ein Nachrücker der PLC seinen Sitz einnahm und bereit war gegen Alemán zu stimmen. Angesichts massiver Drohungen steht er nun unter Polizeischutz und soll bald das Land mit unbekanntem Ziel verlassen.

Unmittelbar nach der Entscheidung verfügte eine Richterin einen Haftbefehl und Alemán wurde in seiner luxuriösen Residenz unter Hausarrest gestellt.

Erst im September hatte eine Richterin das Parlament aufgefordert den beiden Abgeordneten Alemán und seiner Tochter die Immunität abzuerkennen. Nachdem es Bolaños und der ihn in dieser Frage unterstützenden Sandinistischen Ex-Regierungspartei FSLN gelungen war die ausnahmslos mit Alemán-Getreuen besetzte formale Leitung der Nationalversammlung auszuwechseln, wurde das Manöver eingeleitet was nun endlich mit denkbar knapper Mehrheit die Aufhebung der Immunität ermöglichte.

Denn obwohl die Liste der Anklagen gegen Alemán stets weiter wächst und Konten, Anwesen und Ländereien von ihm und seiner Familie in Panamá und den USA beschlagnahmt wurden, steht seine Partei und die oberste Hierarchie der katholischen Kirche unter der Führung des stramm rechten Kardinals Obando y Bravo nahezu geschlossen hinter seinem Familienclan.

Dabei ist Nicaragua gemäß der Vereinten Nationen das lateinamerikanische Land mit der größten sozialen Ungleichheit. 40 Prozent der Bevölkerung der Hauptstadt Managua, in der über ein Drittel der Gesamtbevölkerung des zentralamerikanischen Landes lebt, hat weniger als ein Euro täglich zur Verfügung. Auf dem Land ist die Situation sogar gravierender. In den vergangenen Jahren wiederholt von Naturkatastrophen heimgesucht, litt Nicaragua zudem unter einer schrecklichen Dürre, über eine halbe Million Kleinbauern verloren zwischen 50 und 100 Prozent ihrer Ernte, 700.000 der etwa fünf Millionen Einwohner Nicaraguas gelten als unterernährt. Der weltweite Fall der Kaffeepreise hat dazu geführt, dass die Kaffeeunternehmer ihre Felder brach liegen lassen, in manchen Gegenden wurde die Landarbeiter seit zwei Erntezyklen nicht mehr beschäftigt und haben keine Einkommensalternativen. Zudem hat ihre Vertreibung eingesetzt, denn die Banken lassen die Höfe der verschuldeten Kaffeeproduzenten räumen, um diese zu verkaufen. Dabei werden auch die Familien der Arbeiter vertrieben, die seit Jahrzehnten auf den Grundstücken leben und dort eine Hütte und ein kleines Stück Land besitzen, auf dem sie einige Grundnahrungsmittel anbauen.

Dafür hat die nicaraguanische Regierung allerdings auch unter Bolaños keine Lösung. So ist der werbewirksam angesagte Kampf gegen die Korruption auch eine willkommene Ablenkung.

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