Eine kurze Zusammenfassung der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung im Iran

Von: Djalal Mahmoudzadeh
Aus: Zeitschrift IAS Nr.2

 

Die ersten Gewerkschaftsorganisationen sind im Iran in den Jahren 1907 bis 1911 gegründet worden. Diese Bewegung entstand unter dem Einfluß der politischen Arbeiterbewegung in Rußland. Zehntausende Arbeiter sind auf der Suche nach Arbeit nach Südrußland ausgewandert. Dort haben die Arbeiter während ihres langfristigen Aufenthaltes am politischen Kampf der Arbeiterschaft aktiv teilgenommen und dadurch auch die politischen Formen der Arbeiterbewegung kennengelernt.

Nach langjährigem Aus- und Einwanderungsprozeß haben die Arbeiter allmählich die Errungenschaften der Arbeiterbewegung in den Iran geholt und in ihrem Kampf gegen das Kapitalistische System im Iran eingesetzt.

1906 wurde die erste Druckerei- Gewerkschaft in der Hauptstadt Teheran gegründet und im 1911 wurde die landesweite Gewerkschaft der Druckereien gegründet. Später entstanden mehrere Gewerkschaften in den verschiedenen Branchen wie Post, Elektrizität und Verkehr. In der Elektrizitätsbranche wurde 1907 der erste registrierte Streik mit folgenden Forderungen organisiert.

- Ein arbeitsfreier Tag pro Woche,
- kostenlose Arbeitskleidung,
- Versicherungsschutz der Arbeiter bei Arbeitsunfällen.

Diese Bewegung wurde, abhängig von der politischen Lage in Rußland 1910-1917, geschwächt. Aber sie hatte sich mit der "Oktober Revolution 1917 " wieder organisiert und eine große Rolle in den politischen Auseinandersetzungen gegen die Regierung gespielt.

Im Jahre 1918 ist es den streikenden Arbeitern der Druckereien in Teheran gelungen ihre Forderungen fortzusetzen.

- Anerkennung der Tarifverträge,
- 8 Stunden Arbeitstag,
- Erhöhung der Löhne.

1920 haben sich mehr als 15 Gewerkschaften in der Hauptstadt Teheran zusammengeschlossen und "Den Rat der Gewerkschaften" gegründet . Dieser Rat bestand aus je einem Vertreter der jeweiligen Gewerkschaften in Teheran. Vor allem hat der Rat die erste Landesweite Kundgebung zum 1.Mai 1920 aufgerufen. In vielen Städten sind trotz strengen Verbotes Kundgebungen organisiert worden.

Im Nov.1921 wurde die Dachorganisation der Gewerkschaften "Zentralrat der Gewerkschaften" gegründet. Der Dachorganisation ist es gelungen bis 1925 mehr als 30,000 Mitglieder im ganzen Land zusammenzuführen. Das heißt 10 000 Mitglieder mehr als im Jahr 1921.

1925-1941 sind durch das diktatorische Regime ( Resa-Schah) alle Arbeiter und politischen Organisationen und vor allem die "Kommunistische Partei Iran" (deren erster Kongreß im Jahre 1920 statt fand und die eine große Rolle in der Arbeiter und Gewerkschaftsbewegung spielte), für illegal erklärt worden.

Deshalb sind alle politischen Organisationen in den Untergrund gegangen. Trotz des brutalen Vorgehens gegen jene politischen Aktivitäten, fanden viele Arbeiterkämpfe statt, wie der Streik der Erdölarbeiter im Jahre 1929 mit folgenden Forderungen:

- Anerkennung der freien Gewerkschaften,
- Anerkennung des 1. Mai als "Internationalem Tag der Arbeiter",
- Einführung des 8 Stunden Tages,
- Das Recht auf Jahresurlaub,
- Die Freilassung der verhafteten Arbeiter.

Diesen Streik konnte die Regierung nur mit Hilfe des iranischen Militärs und der Marine Großbritanniens zerschlagen. Mehrere streikende Arbeiter wurden getötet oder verletzt und Hunderte wurden verhaftet oder ins Exil geschickt.

1930 haben die Textilarbeiter in Isfahan einen erfolgreichen Kampf durchgeführt. Sie haben einen 9 Stunden Arbeitstag und zusätzlich 20% Lohnerhöhung erreicht.

1932 ist es Bauarbeitern in Nouschahr nach 8 tägigem Streik gelungen ihre Forderungen um Lohnerhöhung durchzusetzen.

Im Jahre 1942, als die Allierten Streitkräfte in den Iran marschierten und das Regime von"Resa-schah" stürzten , hatte die Arbeiterbewegung sich wieder aufgebaut und die Gewerkschaften haben sich reorganisiert.

Bis 1944 wurden außer dem "Zentralrat der Gewerkschaften" noch weitere Arbeiterorganisationen gegründet wie,

- Gewerkschaft der Arbeiter und Bauern,
- Verein der Eisenbahner,
- Zentralkomitee der Werktätigen,

Am 1.Mai 1944 ist es dem Zentralrat der Gewerkschaften gelungen, alle 4 Gewerkschaften zusammen zuführen und den" Vereinigten Zentralrat der Gewerkschaften " mit 41 Mitgliedern im Vorstand zu gründen.

Im Juni 1945 hat die " Internationale Gewerkschaftsorganisation" den Vertreter des "Vereinigten Zentralrates der Gewerkschaften" zur Teilnahme an dem Kongreß nach Paris eingeladen. Die Regierung hat sich geweigert die Ausreisegenehmigung für den Vertreter zu erstellen. Lui Sayan, der erste Sekretär der "Internationalen Gewerkschaftsorganisation" ist im Auftrag des Vorstandes nach Iran gekommen, um die Sache zu untersuchen. Nur in Teheran haben ihn damals 80 000 Arbeiter in Empfang genommen.

Ein Jahr später im Sep. 1946 wurde der "Vereinigte Zentralrat der Gewerkschaften" als Mitglied der "Internationalen Gewerkschaftsorganisationen" anerkannt. Als das Parlament das vorgeschlagene Arbeitsgesetz der Oppositionellen abgelehnt hatte, haben die Arbeiter und Werktätigen breite Kundgebungen angekündigt. Diese Kundgebungen die, die Gewerkschaften aufgerufen haben, hatten landesweit ca. eine Million Teilnehmer. Das vorgeschlagene Arbeitsgesetz enthält folgende Forderungen:

- Die Anerkennung der Gewerkschaften,
- 8 Stunden Arbeit pro Tag,
- Jahresurlaub für Arbeiter und Angestellte,
- 6 Wochen Mutterschaftsurlaub,
- Arbeitsverbot für Kinder unter 12 Jahren,
- Sozialversicherung für alle Arbeiter und Angestellten

Anfang 1946 haben die Erdölarbeiter ihre eigene Gewerkschaft begründet und Mitte 1946 wurde "die Gewerkschaft der Ingenieure" gegründet und sie haben sich mit dem "Vereinigten Zentralrat der Gewerkschaften" vereinigt. Damit wurde die Einigung der verschiedenen Gewerkschaften in der Dachorganisation abgeschlossen. Bis 1946 sind ca. 400 000 Arbeiter in verschiedene Gewerkschaften eingetreten. Die Zahl der Mitglieder betrug aber im Jahr 1944 nur 150 000.

Nach der Niederlage der deutschen Verbündeten im zweiten Weltkrieg wurde die Zentralregierung im Iran politisch geschwächt und dadurch entstand eine relativ freie politische Situation. Am 1. Mai 1946 haben ca. 700 000 Arbeiter bei verschiedenen Kundgebungen in vielen Städten teilgenommen. Die meisten Teilnehmer gab es in den Industriegebieten wie Teheran, Tanriz, Esfahan, Kermanschah.

Es wurde der Kampf der ArbeiterInnen für ein neues Arbeitsgesetz aufgenommen. Die Erdölarbeiter in Südiran haben eine große Rolle dabei gespielt. Die Gewerkschaft der Erdölarbeiter hat ein Ultimatum für die Forderungen gestellt und am 14.Juni mit dem Streik begonnen. 100 000 Arbeiter und Werktätige haben an diesem Streik teilgenommen. Der Streik wurde wie üblich niedergeschlagen, und dadurch wurden 47 Arbeiter getötet und 180 verletzt.

Die Arbeitgeber haben die Arbeiter gezwungen aus den Gewerkschaften auszutreten. 5 000 Mitglieder, die dem Befehl nicht gehorcht haben, wurden entlassen. 50 Arbeiter aus Indien ,die an dem Streik teilgenommen hatten, sind abgeschoben worden. Dieser Streik hat nur 2 Tage gedauert. Der Streik wurde unterbrochen, weil die Arbeitgeber trotz brutalem Umgangs mit den Streikenden, versprochen haben, das neue Arbeitsgesetz zu akzeptieren.

Im April 1947 sind die drei Vertreter der " Internationalen Gewerkschaftsorganisationen" , Vertreter der franz"sischen, englischen und russischen Gewerkschaften , in den Iran gereist . Die Regierung hat verhindert ,daá die Vertreter von den Arbeitern in Empfang genommen werden.

Gleichzeitig wurde der Streik der Eisenbahner in Teheran blutig niedergeschlagen und ein Arbeiter wurde getötet und viele wurden verletzt.

Zum 1.Mai 1948 fanden wieder landesweite Kundgebungen statt.

Am Feb. 1949 wurden die Arbeiterorganisationen, Gewerkschaften und alle politischen Organisationen von der Regierung für illegal erklärt. Durch diesen Erlaß wurden die Arbeiterbewegungen im Iran geschwächt. Trotzdem fanden viele Streiks und Protestaktionen statt, die alle blutig niedergeschlagen wurden, wie:

-1950 in Schahi wurden 7 streikende Arbeiter getötet und 53 verletzt,
- Von März bis April 1951 fanden große Streiks und Kundgebungen der Erdölindustrie in Südiran statt. Durch die Auseinandersetzungen mit Polizei und Militär gab es 8 getötete Arbeiter.
- 40 000 Erdölarbeiter in Abadan haben gegen dieses brutale Verhalten der Regierung in Bandar-Maschor protestiert und gestreikt. Es gab 22 getötete Arbeiter. Die Studenten und Schüler in Teheran haben die Kämpfe der Erdölarbeiter unterstützt und haben sich dem Streik angeschlossen. In vielen Städten fanden Kundgebungen zur Solidarität mit den Erdölarbeiter statt. Diese erfolgreichen Kämpfe haben einen Monat lang gedauert.

Im Jahr 1953 als der "Schah" endgültig aus dem Exil nach Iran zurückkehrte, gab es für die Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung keine Möglichkeiten sich in irgendeiner politischen Form zu äußern. Es herrschte absolute diktatorische Macht in der Gesellschaft. Besonders gegen die Arbeiter- und Gewerkschaftsorganisationen, gegen die politischen Parteien und Organisationen, hat die Regierung alle möglichen brutalen Methoden verwandt.

Hunderte von Arbeitern- und Gewerkschaftsaktivisten, Sozialisten, Kommunisten und Freidenkenden wurden verhaftet, viele sind hingerichtet oder ins Exil geschickt worden.

Die Gewerkschaftsbewegung im Iran hatte nie eine Gelegenheit anerkannt zu werden. Deswegen bekommen alle Streiks und Forderungen schnell eine politische Konfrontation und dabei hat die Regierung auch als Arbeitgebervertreter reagiert. Diese Geschichte zeigt ,daß nur in Zeiten, in denen die politische Macht der Regierung geschwächt war, die Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung sich deutlich in politischen Formen äußern konnte.

Während internationaler politischer Situationen, wie dem 1. und 2.Weltkrieg oder der Oktober Revolution in Rußland, entstanden immer wieder Situationen, in denen die Zentralmacht geschwächt wurde.

Das war kein Wunder, als die Revolution 1979 im Iran begann, hatte die Arbeiterbewegung sich in anderen politischen Kampfformen organisiert und geäußert.

Die Arbeiterräte und Vollversammlungen als neue Kampfform haben sich in kurzer Zeit verbreitet und dadurch hat die Arbeiterbewegung im Iran die Errungenschaften der internationalen Arbeiterbewegung trotzdem für kurze Zeit wieder lebendig gemacht.

 


Home
LabourNet Germany Archiv: Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet: http://www.labournet.de/
LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace
Datei:
Datum: