letzte Änderung am 27. Mai 2002 | |
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Am Donnerstag letzter Woche haben die Vorstände der beiden grösseren Gewerkschaftszentralen Spaniens, der CCOO und der UGT endgültig für den 20.Juni zum Generalstreik aufgerufen. Ob sich noch andere Verbände anschliessen, ist gegenwärtig unsicher bis zweifelhaft.
Der Generalstreik richtet sich gegen ein Paket von Gesetzen zur Änderung der Arbeitsbeziehungen, insbesondere des Zustandes der Arbeitslosenversicherung.
Dass die - in Europa als solche kaum zur Kenntniss genommene - Rechtskonservative Regierung Aznar solch ein Gesetzespaket verabschieden will, erstaunt kaum. Auch aus deutscher Sicht nicht - denn die Demontage ist hierzulande Allparteienprogramm.
Das wichtige und in Deutschland kaum denkbare ist die Tatsache, dass wowohl die Gewerkschaftsverbände als auch die allgemeine Öffentlichkeit diesen Generalstreik als einen zur Verteidigung der Lage der Erwerbslosen begründen und sehen. Und diese Aktion findet Zustimmung - ein Maßstab dafür ist beispielsweise die (eingeschränkte) Zustimmung in den (meist konservativen) Zeitungskommentaren. So titelte Antonio Elorza in "El Pais" am 24. Mai "Ein nötiger Streik"".
In Spanien gibt es beinahe 1,6 Millionen von der Arbeitsverwaltung registrierte Erwerbslose. Von diesen erhalten 43% keine finanzielle Unterstützung. Und nahezu die Hälfte jener, die Unterstützung beziehen, erhalten lediglich den Mindestbetrag von 330 Euros im Monat.
Das neue Gesetz soll hier die Bezugsdauer kürzen, die Zahlungshöhe kürzen und den Zugang generell erschweren.
Auf der anderen Seite sollen die Unternehmen davon "befreit" werden, die üblichen Abfindungen von zwei Monatslöhnen bei Entlassungen zu bezahlen, eine Reihe von Kündigungsschutzmaßnahmen sollen gestrichen werden und Zeitarbeitsverträge und andere Formen prekärer Beschäftigung sollen erleichtert werden. Verschiedene Analysten haben dadurch eine Einsparung von rund 480 Millionen Euros für die Betriebe errechnet - im Paket mit einer weiteren Steueränderung, die ca 3 Milliiarden euros Ersparnis bedeuten wird.
Schliesslich sollen die Sonderreglungen für die Landarbeiter in den wichtigsten Zonen der Landwirtschaft - Andalusien und Extremadura - abgeschafft werden. Letzteres versuchen Aznar und seine Regierungspartei PP (Partido Popular - Volkspartei) als eine Abschaffung der Privilegien zweier Regionen darzustellen und hoffen so, anderswo Zustimmung zu finden.
Der Aufruf wird - obwohl etwa die baskischen Gewerkschaften und die anarchistischen Gewerkschaften ihn nicht mit tragen - in der Gesellschaft, unter Arbeitenden und Erwerbslosen breit diskutiert. Allein die Tatsache, daß beide Föderationen zu einem Streik "Zur Verteidigung der Erwerbslosen" aufrufen (was er auch, aber natürlich nicht nur ist) und in die Offensive gehen wollen, verändert bereits das politische Klima des Landes.
Und dies trotz aller politischen Einschränkungen und Begrenzungen, die der Aufruf zum Generalstreik enthält. Die unter anderem in Passagen zutage tritt, die so lauten: "Dabei ist die Höhe der Erwerbslosenunterstützung - niedriger als die Löhne und Einkommen in jeder Anstellung - keinesfalls ein Hindernis für die Suche nach Arbeit". Der Umkehrschluß liegt nahe.
Auch die im Aufruf enthaltene Zusicherung, weiterhin seien beide Zentralen bereit, auch künftig zu verhandeln, wenn es um die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Spaniens gehe, weisen nicht nur auf aktuelle politische Fragen hin, sondern auch auf eine entsprechende Vergangenheit - Gründe für andere, diesen Aufruf nicht zu unterstützen.
Ein Generalstreik jedoch, der sich der Verteidigung der Erwerbslosenversicherung widmet, sollte (wohl nicht nur von den besch...eidenen deutschen Positionen aus) bei noch so vielen Schwächen auf jeden Fall unterstützt werden.
(Material für diese Zusammenfassung waren die Webseiten www.ugt.es und www.ccoo.es und das Flugblatt "Contra el Recorte de las Prestaciones por Desempleo" der CCOO, das es als pdf Datei auf der Webseite gibt).
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