letzte Änderung am 26. Juni 2002 | |
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In den letzten Wochen und Monaten konnte man wieder vermehrt das Vorhandensein von Gewerkschaften registrieren. Mit Streiks und Generalstreiks setzen sie sich gegen den kontinuierlichen Lohnabbau, die Angriffe auf das Arbeitsrecht, die Bildung, die Gesundheits- und Altersversorgung und die Privatisierungen zur Wehr.
Dies geschieht nicht nur in Europa, sondern auch in vielen anderen Ländern der Welt, weil die unternehmerische Globalisierung die Arbeits- und Lebensbedingungen weltweit katastrophal verschlechtert hat. Während wir hier in Mitteleuropa durch "ein bisschen Zuzahlung" die ausfallenden Leistungen der Kranken- und Rentenkassen auffangen sollen, sind unsere Mitmenschen in anderen Teilen der Welt von der Demontage der staatlichen Leistungen und Arbeitsplätze in ihrer Existenz bedroht. Demzufolge ist ihr Kampf um ein vielfaches radikaler. Sie haben nichts mehr zu verlieren und wehren sich mit aller Entschiedenheit.
So zum Beispiel in Kolumbien. In diesem reichen Land leben 26 von 43 Mio. Einwohner unterhalb der Armutsgrenze. Gewerkschaftliche Kämpfe zur Verteidigung der Löhne und Arbeitsbedingungen werden mit brutalsten Mitteln unterdrückt. In diesem Jahr wurden schon 87 Kolleginnen und Kollegen ermordet, in den meisten Fällen von Paramilitärs, die mit der staatlichen Armee in gutem Einvernehmen stehen. Oft erfolgen die Ermordungen im Zusammenhang mit Streiks oder Aktionen der Gewerkschaften, oder um den Widerstand gegen Vertreibungen und Umweltzerstörung niederzumachen. Damit wird ein "investionsfreundliches" Klima geschaffen. Oft kann man eine Verbindung zu multinationalen Unternehmen wie Coca Cola, BP, Nestlé ziehen, die anscheinend vor nichts zurückschrecken, um die gewerkschaftliche Organisation in ihren Tochter- oder Subunternehmen zu unterbinden.
Am 22. Juli findet am Sitz von Coca Cola in Atlanta, USA, ein Tribunal statt, das von Gewerkschaften wie die Steelworkers und dem Dachverband AFL-CIO in Zusammenarbeit mit Menschenrechtsgruppen durchgeführt wird, um auf die Machenschaften des Konzerns aufmerksam zu machen. Kolleginnen und Kollegen in Argentinien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Deutschland, Ecuador, Frankreich, Italien, Paraguay, Spanien und der Schweiz haben das Tribunal zum Anlass genommen, am 22. Juli unsere Solidarität mit den kolumbianischen GewerkschafterInnen zu bekunden, und vor multinationalen Konzernen und den kolumbianischen Botschaften unseren Protest zum Ausdruck zu bringen. Wir grüßen unsere MitstreiterInnen in den anderen Ländern.
Wir sind davon überzeugt, dass wir den globalen Angriffen der Unternehmer, globalen Widerstand entgegensetzen müssen. Wir müssen diejenigen schützen, die Arbeitnehmerinteressen so mutig und entschieden verteidigen und einen solch hohen Preis bezahlen. Unser Respekt und unsere Verbundenheit gilt denjenigen, die unter solch brutalen Bedingungen nicht aufgegeben haben, Gewerkschafter zu sein. Wir fordern die Gewerkschaften im "Norden" auf, den Druck auf Unternehmen und Regierungen zu erhöhen, damit das Morden in Kolumbien und anderswo beendet wird.
Unter welchen Bedingungen arbeiten Gewerkschafter in Kolumbien?
In keinem Land der Welt sterben so viele Gewerkschafter eines gewaltsamen Todes wie in Kolumbien. Fast 160 waren es im vergangenen Jahr, nahezu 4000 im Laufe des vergangenen Jahrzehnts. Auffällig ist dabei die Zunahme der Morde während Arbeitskämpfen und Betriebskonflikten. D. h. Gewerkschaftsführer sind meist bewaffnet, haben auf jeden Fall bewaffnete Leibwächter und gepanzerte Fahrzeuge und auch die Gewerkschaftszentralen sind gepanzert und mit Kameras ausgerüstet. Darüber hinaus darf ein Gewerkschafter niemals in Routine verfallen, das wäre sein sicherer Tod. Er darf nie zweimal hintereinander den gleichen Weg gehen, er darf keine regelmäßigen Termine oder Zeitabläufe haben und er muss immer sehr aufmerksam beobachten, was um ihn herum passiert. Aber selbst das kann sie meistens nicht vor dem Tod retten. Als z. B. Anfang Dezember vergangenen Jahres Aury Sará Marrugo, Vorsitzender der Erdölgewerkschaft USO in Cartagena, entführt, brutal gefoltert und ermordet wurde, waren daran 15 bestens bewaffnete und ausgerüstete Paramilitärs beteiligt.
Wann begann der organisierte militärische Angriff auf die Gewerkschaften?
In den 80er Jahren. Führend daran beteiligt sind transnationale Unternehmen wie Coca Cola. Die Methoden reichen von Drohungen, Verschleppungen und Folter bis hin zu Mord. Bei einer Feier 1996 mit viel Alkohol verkündete Mario Mosquera, Firmenleiter von Panamco (dem kolumbianische Coca Cola-Abfüller), in Carepa lauthals, dass er mit Hilfe der Paramilitärs der Gewerkschaft ein Ende setzen werde. Seitdem sind in Carepa mehrere Gewerkschaftsaktivisten ermordet worden, und die Paramilitärs bewegen sich ungestört auf dem Werksgelände. Bisher blieben alle diese Verbrechen ungeahndet. Schlimmer noch. Als Coca-Cola einmal fünf Gewerkschaftsführer des Terrorismus anklagte, wurden sie anderthalb Jahre lang inhaftiert. Dann wurden sie einfach freigelassen, da der Vorwurf absurd war. Aber sie bekamen keine Entschädigung, und es wurde auch nicht erklärt, warum sie überhaupt 18 Monate lang fest gehalten wurden.
Wie sieht den die Verwicklung des Staates in diese Verbrechen aus?
Die Paramilitärs sind integraler Bestandteil der staatlichen Strategie. Die Verbindungen der Armee zu den Paramilitärs sind so eng, dass die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch im vergangenen Jahr die Paramilitärs als die "VI. Division der Streitkräfte" bezeichnete. Ein sehr konkretes Beispiel: Im Dezember 2000 wurde ein Mordanschlag auf den Vorsitzenden der Gewerkschaft der staatlichen Angestellten Wilson Borja verübt. Er entging dem Tod nur knapp, und bei dem Feuergefecht zwischen seinen Leibwächtern und den Attentätern wurde ein Paramilitär erschossen. In seinem Mobiltelefon waren die Telefonnummern mehrerer hoher Repräsentanten der Sicherheitskräfte und der Armee gespeichert. Mittlerweile wird gegen einen Polizeikapitän und Militärangehörige ermittelt. Doch, vermutlich wird auch dieses Verbrechen ungestraft bleiben.
Zur weiteren Unterstützung und Solidarität wird auf Einladung der Erdölarbeitergewerkschaft USO im November eine internationale Delegation nach Kolumbien reisen. InteressentInnen können sich an den Solifonds in der Schweiz: mail@solifonds.ch wenden.
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