letzte Änderung am 06. Januar 2003

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Lulas Amtsantritt

Nach Amtsantritt Lulas als Präsident am 1.Januar scheint es besser als unmittelbar nach der Wahl möglich, Perspektiven, Hoffnungen und Grenzen dieser Präsidentschaft auszuloten. Denn jetzt zeigen sich bereits die ersten Auseinandersetzungen so, wie sie in den nächsten Jahren sich wahrscheinlicherweise entwickeln werden. So wurde beispielsweise die Berufung Gilberto Gils (Grüne Partei) zum Kulturminister ebenso begrüsst wie die von Marina Silva im Umweltministerium. Hierzulande weniger bekannt, in Brasilien aber desto umstrittener, die Nominierung von profilierten Neoliberalen als Finanzminister und Präsident der Zentralbank. Ob aber trotzdem die "Achse des Guten wächst?" - Fidel Castro und Hugo Chavez, sowie Lucio Guttierez waren die Staatsgäste bei der Amtseinführung...

1."Die Hoffnung siegt über die Furcht"

Dieser Satz Lulas trifft wohl in der Tat die wesentliche politische Dimension dieses Wahlergebnisses. Dass selbst die als "kalt" geltenden PaulistanerInnen auf den Strassen São Paulos den Wahlsieg wie Karneval feierten, mag als Indiz für den "Veränderungsdruck" gelten.

  1. Der komplette Text der Rede Lulas vom 28.Oktober unmittelbar nach seinem Wahlsieg, wie sie in verschiedenen brasilianischen Medien verbreitet wurde (hier wg denn doch mehr Lesbarkeit in einer französischen Übersetzung) : Link zur Lula-Rede:"Gestern hat Brasilien für die Veränderung gestimmt"
  2. nd eine sehr kurze deutsche Zusammenfassung: Lula Rede - Zusammenfassung auf Deutsch
  3. Als ein Beispiel der zahlreichen Organisationen die Lulas Wahl begrüssten, ein kurzes Dokument des Indianer-Missionsrates Cimi (mit deutscher Zusammenfassung): Cimi: Für die Sache der indigenen Völker

2.Die Hoffnung auf Lula ist nicht auf Brasilien beschränkt

Zumindest in vielen Ländern Lateinamerikas wurde der Wahlsieg Lulas als eine Art Beginn eines Epochenwandels herbeigesehnt und verstanden. Bei seinem Besuch in Argentinien rief Lula denn auch direkt dazu auf, dem brasilianischen Beispiel zu folgen. Begrüsst wurde der Wahlsieg aber auch von allen führenden IBFG Gewerkschaften. Als Beispiel die Stellungnahmen der Internationalen Metallarbeiterföderation und der United Steelworkers of America, wie sie im (englischsprachigen) Nachrichtendienst der brasilianischen Metallarbeiterföderation CNM (Mitglied der CUT) wiedergegeben wurden: CNM-Dokumente zur Lula-Wahl

3.Die ersten Auseinandersetzungen

Die Weigerung Lulas, bei Amtsantritt den Mindestlohn um 50 Dollar zu erhöhen - stattdessen soll der Hungerlohn zur Jahresmitte gerade mal um 10% steigen - scheint ein Indiz dafür, dass nicht einmal Spielraum für einen "honeymoon" ist. Im November bereits hatte Lula Gewerkschaften, Unternehmer und andere Gruppierungen eingeladen, Gespräche über den Abschluss eines Sozialpaktes zu führen. Was nach klassischer sozialdemokratischer Politik klingt, ist es auch: Hauptgegenstand der Debatte war eine Reform Arbeitsgesetze, die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes bringen soll - bekannte Segnungen wie Lockerung Kündigungsschutzes usw...

  1. Ein (spanischer) Beitrag von James Petras, der über die argentinische CTA-Liste "Conectandonos" am 23.November verbreitet wurde, der sich vor allem der Frage widmet, wie Lulas Zusagen an die internationalen Kapitalgeber sich mit einer sozialen Politik verbinden lassen - seiner Meinung nach: gar nicht. Petras-Artikel (Lulas Wende nach rechts): El giro a la derecha del presidente Lula
  2. Und nun, Tintenfisch? - Beitrag von Klaus Hart in "Trend-Onlinezeitung" vom November, der sich unter anderem mit den Wahlallianzen (speziell dem berüchtigten Vize Alencar) und deren Auswirkungen befasst: Link zu "Und nun, Tintenfisch?"

4.Einiges zu den Hintergründen

Auslandsverschuldung, Landreform, Panamerikanische Freihandelszone - das sind die die Grundsatzfragen (die ersten beiden: seit langem), um die im gesellschaftlichen Raum Brasiliens Auseinandersetzungen geführt werden. Im unabhängig organisierten Referendum über die Freihandelszone ALCA (FTAA auf englisch) hatten sich über zehn Millionen BrasilianerInnen gegen diese Einführung ausgesprochen - wobei davon ausgegangen werden darf, dass sie (fast) alle Lula-WählerInnen sind.

  1. Die Auslandsverschuldung - ein Erbe der "Modernisierungspolitik" der Militärdiktatur, von der Regierung Cardoso mächtig ausgeweitet - ist eines der Grundprobleme. In welchem Zusammenhang sie steht mit dem politischen Exportschlager der PT dem "Beteiligungshaushalt" untersucht Joao Penha von der Gewerkschaft der Bundesbediensteten in einem (englischen Artikel) für die OWC Website: Link zu "PT sweeps to power in Brazil"
  2. Die Landreform - und die Stellung der wichtigsten sozialen Bewegung Brasiliens, der Landlosenorganisation MST zu Lula - behandelte ein Interview der "Folha de São Paulo" bereits vor der Wahl, am 16.September in einem Interview mit dem MST Vorsitzenden João Pedro Stedile, das wir hier auf deutsch zusammenfassen: Interview mit JP Stedile (MST) in der Folha de São Paulo vom 16.September 2002
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