letzte Änderung am 8.Mai 2003

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6. Antirassistisches Grenzcamp in Köln vom 31.7.-10.8.

Out of control. Für globale Bewegungsfreiheit. Verwertungslogik und rassistische Ausgrenzung angreifen!

Rund um den Globus machen sich täglich unzählige Menschen auf den Weg. Sie wandern in die Städte, die Nachbarstaaten oder die reichen Industrieländer, häufig mit Unterstützung eigener Community-Netzwerke oder professioneller SchleuserInnen. Die Einen fliehen vor Krieg, Verfolgung oder Diskriminierung, Andere handeln aus ökonomischer Not: Sie sind ihrer Existenzgrundlagen beraubt, nicht zuletzt durch die nackte Gewalt des kapitalistischen Weltmarktes. Ihre Hoffnung ist es, neue Einkommensquellen aufzutun, auch um das materielle Überleben zu Hause gebliebener Angehöriger sicherzustellen. Darüberhinaus ist die Suche nach neuen Horizonten ein ebenfalls zentrales Flucht- bzw. Migrationsmotiv, es mag um Fortbildung, Ausbrüche aus patriarchalen Strukturen oder einfach nur Glück gehen. Vielen passt der Mut und die Entschlossenheit nicht, welche Flüchtlinge und MigrantInnen an den Tag legen. Vor allem die reichen Industrieländer scheuen keine Mühe, die von ihnen als zügellos und unberechenbar wahrgenommene Autonomie von Flucht und Migration unter Kontrolle zu bringen. Mittels Migrationspolitik versuchen sie, MigrantInnen und Flüchtlinge gemäß ökonomischer Verwertungslogik aufzuspalten: Auf der einen Seite stehen die, deren billige, flexible und gewerkschaftlich unorganisierte Arbeitskraft erwünscht ist. Manche von ihnen verdingen sich als qualifizierte ExpertInnen - z.B. in der Computerindustrie. Die Mehrheit hingegen arbeitet im Niedriglohnsektor, nicht selten ohne Papiere: als Feld- und BauarbeiterInnen, als Textil-, Haus- und SexarbeiterInnen, als Reinigungskräfte, als Küchenpersonal oder DienstbotInnen. Sie sind Teil des globalen Arbeitsmarktes, der je nach Bedarf insbesondere die reichen Industrieländer mit zusätzlicher Arbeitskraft versorgt. Auf der anderen Seite stehen die Unerwünschten, für die es keine Verwendung gibt, aus denen kein Profit geschlagen werden kann. Sie sollen nach Möglichkeit gar nicht erst in die reichen Industrieländer einreisen. Schaffen sie es doch, so werden sie schikaniert, in Lager gesperrt oder abgeschoben. Zum Prinzip ökonomischer Verwertungslogik gehört, dass Flüchtlinge und MigrantInnen jederzeit von der einen in die andere Gruppe geraten können, auch ohne eigenes Zutun. Ausgesprochen zweischneidig ist die Situation für illegalisierte ArbeitsmigrantInnen: Werden sie erwischt, kommen sie in Abschiebehaft, noch ausstehende Lohnzahlungen gehen verloren.

Erklärtes Ziel des 6. Antirassistischen Grenzcamps ist es, dieser Politik samt ihrer ideologischen Wurzeln eine unmissverständliche und offensive Absage zu erteilen. Statt rassistischer Kontrolle und Ausgrenzung fordern wir das uneingeschränkte Recht auf globale Bewegungsfreiheit. Alle Menschen haben das Recht, sich dort aufzuhalten, wo immer und solange sie möchten! Wir sagen 'Nein' zu sämtlichen Techniken und Strategien globaler Migrationspolitik. Das Camp tritt an gegen rassistische und immer stärker transnational organisierte Kontroll- und Überwachungstechniken, gegen Abschiebe- und Lagerpolitik, gegen die Militarisierung der EU-Außengrenzen, gegen gezielte Illegalisierung und rassistische Abschreckung. Das Camp spricht sich auch gegen Nation und Nationalstaat aus, gegen rassistische und völkische Haltungen innerhalb der Mehrheitsgesellschaft, gegen ausbeuterische Arbeitsverhältnisse und weitere Entrechtungen, denen Flüchtlinge und MigrantInnen besonders stark ausgesetzt sind. Grundsätzlich geht es dem Camp aber um die Demontage von Herrschaftsverhältnissen insgesamt. Denn kapitalistische, patriarchale und andere Herrschaftsverhältnisse machen nicht nur das Leben von MigrantInnen und Flüchtlingen immer wieder zur Hölle. Nein, sie betreffen alle Menschen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß und auf verschiedene Weise: Weltweit werden, ob in der Peripherie oder den reichen Industrieländern, immer mehr Menschen gezwungen, ihre Arbeitskraft zu immer mieseren Bedingungen zu verkaufen. Ein allgemeiner Mobilitäts- und Flexibilitätsterror greift um sich. Mit am meisten betroffen sind Menschen ohne Erwerbsarbeit. Das Grenzcamp begreift sich in diesem Sinne als ein Projekt unter vielen innerhalb des globalen Widerstandes. Unser Blickwinkel ist antirassistisch, unser Ziel die revolutionäre Globalisierung - eingebettet in die alltägliche Praxis sozialer und emanzipatorischer Basisbewegungen!

Am Anfang des diesjährigen Grenzcamps wird erstmalig ein 3-tägiges Auftaktforum unter dem Titel "Antirassismus ausbuchstabiert" stehen. In Workshops, Vorträgen, Plenumsdiskussionen, etc. kann in die Schwerpunkte des diesjährigen Grenzcamps eingetaucht werden. Außerdem soll eine prinzipielle Debatte darüber erfolgen, welche politische und strategische Bedeutung Antirassismus hat. Erst im Anschluss geht's auf die Strasse gehen, soll öffentlichkeitswirksam und gezielt interveniert und natürlich auch die eine oder andere Veränderung errungen werden. Antirassistisches Campen heißt für uns immer auch, experimentelle Schritte in Sachen Utopie zu unternehmen: Schließlich ist es immer wieder spannend, all die Fragen anzugehen, die sich ergeben, sobald bis zu 1000 Menschen mit zum Teil völlig unterschiedlichen Perspektiven und Lebensrealitäten aufeinandertreffen und 1 Þ Wochen lang Politik & Alltag kollektiv organisieren. Die Herausforderung wird um so größer sein, je vielfältiger und je internationaler das Camp zusammengesetzt ist und je stärker Flüchtlinge, MigrantInnen und Menschen ohne Flucht- und Migrationshintergrund gleichermaßen am Camp beteiligt sind. Politisch ist das Camp auch deshalb bedeutsam, weil es eine Plattform für Selbstorganisierung darstellt!

Schwerpunkte und Interventionsorte

Um es fassbarer zu machen, haben wir das Motto des diesjährigen Grenzcamps in drei Schwerpunkte untergliedert. Und auch haben wir einige der möglichen Interventionsorte etwas genauer unter die Lupe genommen:

Geschichte der Antirassistischen Grenzcamps

Die ersten drei Grenzcamps (1998-2000) haben mit bis zu 700 TeilnehmerInnen an der deutschen EU-Außengrenze nach Polen bzw. Tschechien stattgefunden. Thematisiert wurden vor allem das europäische Grenzregime, die Denunziationsbereitschaft von Teilen der Bevölkerung und die zunehmend repressive deutsche bzw. EU-Flüchtlingspolitik. Am 4. Grenzcamp in Frankfurt haben bis zu 1.500 Menschen teilgenommen. Im Mittelpunkt stand insbesondere der Frankfurter Flughafen als größter Abschiebeflughafen Deutschlands. 2002 gab es mehrere Camps mit antirassistischem Fokus, unter anderem die Land-in-Sicht-Tage in Hamburg gegen Autoritäre Formierung' und das 5. Grenzcamp in Jena, auf welchem erstmalig die Probleme in der politischen Zusammenarbeit zwischen Flüchtlingen, MigrantInnen und Menschen ohne Flucht- und Migrationshintergrund näher beleuchtet wurden. Das Grenzcamp wird getragen von Gruppen und Einzelpersonen aus dem undogmatisch-linksradikalen Spektrum, von selbstorganisierten Flüchtlingen und MigrantInnen (The Voice und andere), von Menschen aus dem kein mensch ist illegal-Netzwerk, etc.

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