In der IG Metall beginnen derzeit die Vorbereitungen für die Tarifrunde 2000. Am 11. Januar wird der IGM-Vorstand seine Forderungsempfehlung verkünden und am 27. Januar 2000 darüber entscheiden. Am 15.2. spätestens sollen Verhandlungen und ab 29.3. Warnstreiks beginnen. Die Kolleginnen und Kollegen aller Branchen brauchen dringend eine Lohnerhöhung. In Baden-Würtemberg werden denn auch schon in IG-Metall-Kreisen - bescheiden - Forderungen zwischen 5 und 6% Lohnerhöhungen genannt. Aber die Marschrichtung des IGM-Vorstandes ist anders. Zwickel will das Modell "Rente mit 60", das jetzt in "Beschäftigungsbrücke zwischen Jung und Alt" umbenannt wurde, in die Tarifverhandlungen einbringen (Der ROTE MORGEN berichtete bereits darüber). Es wurde auch inhaltlich so modifiziert, dass es über den ursprünglich geplanten 5-Jahreszeitraum hinausreicht, wenn auch unklar ist, in welcher Weise.
Dafür bietet Zwickel "Lohnzurückhaltung" an. Daher werden vom IGM-Vorstand im Gegensatz zur bisher üblichen Praxis auch jegliche Zahlenvorstellungen über eine Lohnerhöhung vermieden.
Die in den Mittelpunkt gestellte "Rente mit 60" hat mehrere Haken:
0,5%-Punkte der nächstem Lohnerhöhung sollen dafür in einen so genannten Tariffond fließen. Zugleich will Zwickel weismachen, daß von den Kapitalisten ebenfalls 0,5 % in den Tariffond gezahlt werden sollen. Aber schon jetzt ist klar, dass dieses Ansinnen von den Kapitalisten zurückgewiesen wird. Sollte es überhaupt auf den Tisch der Tarifrunde geraten, werden sie das als Teil der Verhandlungsmasse betrachten und zur Forderung addieren. Dies alles soll nach Modellen der IGM nunmehr dauerhaft in die Tarifstruktur eingehen!
Gleichzeitig wird mit der "Rente mit 60" eine wirkliche Rente mit 60 verhindert. Aufgrund des Verschleisses der Arbeitskraft gelten heute Kolleg/innen mit 50 für das Kapital bereits als altes Eisen.
Tatsächlich sind sie durch die gestiegene Produktivität, Arbeitshetze, Streß früher verbraucht. Deshalb waren bei einer Umfrage des Forsa-Institutes auch 75% für eine Rente mit 60. Eine Senkung des gesetzlichen Rentenalters auf 60 Jahre wäre dringend nötig! Davon lenkt der IGM-Vorstand ab! Besonders skandalös wirkt es da, dass Schröder auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall in Hamburg sagte, daß für eine Rente mit 60 für alle die Rentenbeiträge nur um 0,4% aufgestockt werden müßten. Aber er hat den Kapitalisten bekanntlich die Senkung versprochen.
Bei der "Rente mit 60" alla IG-Metall-Vorstand werden jetzt zudem Lohnerhöhungen und früherer Renteneintritt gegeneinander gestellt. Das Motto: Wollt ihr früher in Rente, dann müsst ihr auch weniger Lohn in Kauf nehmen. Die Arbeiterklasse selbst soll ihren Verschleiss finanzieren und nicht das Kapital, das durch die Profitjagd diesen Verschleiß verursacht. Durch die Vermischung von Lohntarifrunde und Rentenfrage wird beides gegeneinander ausgespielt. Mit der "Rente mit 60" würde zugleich die Rentenversicherung weiter zersplittert und ein weiterer Kapitalfonds mit einem Umfang von rund 15-20 Mrd. DM neu geschaffen.
Deshalb sollten alle fortschrittlichen Gewerkschaftsmitglieder, Vertrauensleute, Betriebsräte diese Gegenüberstellung von früherer Rente und Lohnerhöhung ablehnen! Die Entwicklung der Produktivität macht eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit und auch der Lebensarbeitszeit dringend nötig. Deshalb muss die IG Metall eine Initiative gemeinsam mit allen Gewerkschaften für eine gesetzliche Rente mit 60 ergreifen. Die Entwicklung der Lebenslage der Kolleg/innen macht eine größere Lohnerhöhung dringend notwendig. In den zurückliegenden Jahren (Der RM hat mehrfach darüber berichtet) sind die Reallöhne, d.h. die Nettolöhne nach Abzug der Inflation, ständig gesunken. Klar ist, dass eine Lohnerhöhung allen Kolleg/innen gleichmäßig zugute kommen sollte. Deshalb ist eine Festgeldforderung nötig.
280 DM netto für alle erscheint dabei eine gute Orientierung zu sein. Dass entspräche im Metallbereich einer Lohnerhöhung von ca. 9%, bezogen auf den Ecklohn. Damit wäre ein Teil der Lohnverluste der vergangenen Jahre und die Inflation dieses Jahres ausgeglichen. Eine solche Forderung würde also knapp den Lebensstandard halten.
Leider ist die Mobilisierung durch die Verwirrungstaktik der IGM-Führung bisher gering. Viele Kolleg/innen winken z.Zt. ab, wenn sie auf die Tarifrunde angesprochen werden. Aufgabe aller fortschrittlichen Kolleg/innen, Vertrauensleute und Betriebsräte ist es daher, in Betrieben und Gewerkschaften eine intensive Diskussion um eine Festgeldforderung von rund 280 DM netto für alle zu führen und zugleich für eine gesetzliche Rente mit 60 sowie eine entsprechende Initiative der Gewerkschaften einzutreten.
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
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