IG BCE

Ohne Entgelt-Forderung in die Tarifrunde

 

Hubertus Schmoldt Vorsitzender der IG-BCE ist dafür, daß die Gewerkschaft ohne Entgeltforderung in die Tarifrunde geht." Das halte ich für eine intelligente Lösung." (aus Hannoverschen Allgemeinen vom 21.Januar). Wenn dies Wirklichkeit wird, ist es sogar für unsere Gewerkschaft ein starkes Stück. Obwohl der Tarifvertrag erst Ende Mai ausläuft, soll die Entgeltforderung am 15. Februar vom Hauptvorstand beschlossen werden. Keiner spricht darüber, daß am 8. Dezember Gespräche über einen ganzen Katalog von geplanten Strukturveränderungen begonnen haben.Der Bundesarbeitgeberverband Chemische Industrie (BAVC) setzte für die Tarifrunde 2000 schon Mitte letzten Jahres folgende Schwerpunkte:

Die Arbeitgeber wollen Verschlechterungen für all diese Bereiche. Sie vertreten die Auffassung, daß die Eingruppierungen in der chemischen Industrie zu hoch sind. Bayer will die Vorarbeiterfunktion abschaffen, die Erschwerniszulagen wird in Frage gestellt.

Im November 1999 legte die IG BCE ihre Eckpunkte fest:

Die IG-BCE will bei der kommenden Tarifrunde zu folgenden Punkten Veränderungen verhandeln:

Im Zusammenhang mit dem »Bündnis für Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit« kommen in diesem Jahr dazu:

Der Themenkatalog von Arbeitgeber und Gewerkschaft ist fast identisch. Aufgrund der neuesten Presseberichte, ist zu befürchten, daß die IG-BCE ohne Entgeltforderung in die Tarifrunde geht. Das würde darauf hinauslaufen, daß über alle möglichen Verschlechterungen verhandelt wird und unser Geld die Verhandlungsmasse bildet.

»Billigtarif«

Unter dem Punkt »Lösungen für Fälle einer möglichen Tarifkonkurrenz« versteckt sich der berüchtigte »Dienstleistungstarif«, auch »Billigtarif« genannt. Von »Dienstleistungstarif« wird nicht mehr gesprochen. Man redet jetzt von »Servicefenster« oder »betrieblichen Tariflösungen« für die Dienstleistungsbereiche.

In den Unterlagen der Tarifkommission heißt es dazu:

Die Gewerkschaftsführung geht davon aus, daß ein »Billigtarifvertrag« für Dienstleistungsbereiche kommt, ja sie fordert ihn selbst als betriebliche Tarifregelung -und das- ohne Rückkopplung mit der Basis!

Weitere Entgeltgruppen

Die IG BCE strebt an, zwischen E5 und E6, E8 und E9, sowie oberhalb der jetzigen Entgeltgruppen neue Gruppen einzuführen. Ziel der IG BCE ist es, den Tarifvertrag für Gewerbliche nach oben zu öffnen. Dieses Ziel unterstützen wir. Es ist eine ständige Forderung in den Betrieben. Die Einführung zusätzlicher Gruppen halten wir dabei nicht für hilfreich. Auch wird nicht deutlich, mit welchem Entgelt diese neuen Gruppen ausgestattet werden sollen. Wir befürchten durch neue »Billiggruppen« eine Einführung des »Billigtarifvertrages« durch die Hintertür. Neue Entgeltgruppen würden die Beschäftigten weiter aufspalten, dies zu verhindern und nicht noch zu fördern muß aber Ziel der gewerkschaftlichen Tarifpolitik sein. Berufsanfänger hätten einen längeren Weg vor sich - sie müßten mehr Gruppen durchlaufen, als bisher.

Neue Tätigkeitsbeispiele

Neue Technologien, Teamarbeit und Veränderungen werden in den jetzigen Tätigkeitsbeispielen nicht berücksichtigt. Keinesfalls dürfen die neuen Richtbeispiele die Bewertung der Entgeltgruppen herunter drücken. Neue Tätigkeitsbeispiele müssen absichern, daß erworbene Qualifikationen auch dann vergütet werden, wenn sie nicht ständig abverlangt werden. Höhergruppierungen dürfen nicht von der Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen abhängig gemacht werden, sondern müssen sich nach den abverlangten Anforderungen richten.

Angriff auf die Entgeltgarantie

Die Arbeitgebervertreter wollen die Entgelte in den Gruppen E1- E8 senken, angeblich sind sie nicht mehr wettbewerbsfähig. Es ist auch kein Geheimnis, daß sie die Entgeltgarantien in Frage stellen. Was schreibt nun die Tarifkommission dazu?

Diese Formulierung führt zumindest zu Stirnrunzeln. Sind die Entgeltgarantien kein Tarifentgelt? Warum will die Gewerkschaft neue »betriebliche Entlohnungssysteme« tariflich vereinbaren? Will die IG BCE jetzt auch die Nasenprämie im Tarifbereich? Bei dem Punkt "Veränderung der betrieblichen Entlohnungssysteme" geht es darum, daß ein Teil des Tarifentgeltes nur noch leistungsbezogen gezahlt werden soll. Dies wäre dann neben einer übertariflichen "Nasenprämie" auch noch eine tarifliche. Ein besonderer Herzenswunsch der Arbeitgeber, der zu weiterer Aufspaltung der Beschäftigten führt. Das Motto »jeder gegen jeden« darf nicht Einzug in die Tarifpolitik halten.

Unsere Vorstellungen von Tarifpolitik

Ein Tarifvertrag hat Schutzfunktion und sichert die kollektive Entgeltregelung für alle Beschäftigten in der chemischen Industrie ab. Bei der diesjährigen Tarifrunde muß der Schwerpunkt auf der Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten liegen. Strukturveränderungen sollen nur verhandelt werden, wenn es Aussicht auf Verbesserungen gibt. Wenn das nicht der Fall ist, oder sogar die Gefahr besteht, daß »weitere Dämme brechen«, soll die Gewerkschaft eine »reine Entgeltrunde« führen.

Bei der Entgeltforderungen haben wir folgende Vorstellungen:

Im Zentrum von Strukturveränderungen muß die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten stehen, deshalb:

* Bei 3,5 Jahre Ausbildung, Eingruppierung nach E7 Regelüberführung nach zwei Jahren in E8
* Bei 3,0 Jahre Ausbildung, Eingruppierung nach E6 Regelüberführung nach zwei Jahren in E7
* Bei 2.0 Jahren Ausbildung, Eingruppierung nach E5, Regelüberführung nach zwei Jahren in E6 Durch Veränderung der Richtbeispiele, muß die Durchlässigkeit aller Entgeltgruppen (unabhängig von der Ausbildung) ermöglicht werden. Eine "weitere" Aufspaltung der Belegschaften muss entgegen gewirkt werden!

Die Betriebsräte sind durch die Bindung an die gesetzliche Friedenspflicht in Ihren Möglichkeiten eingeschränkt. Es gilt die Regel "gemeinsam sind wir stark" und nicht jeder (Betrieb) für sich selbst..
Die Verschlechterungen der letzten Jahre müssen Rückgängig gemacht werden.
Die Absicherung von Arbeitsplätzen und Neueinstellungen von Langzeitarbeitslosen, konnten damit nicht erreicht werden.
Stattdessen wurden die Beschäftigten gespalten und unter Druck gesetzt, deshalb:

Mitglieder nichts mehr Wert ?

Die Vorbereitung der Tarifrunde 2000 ist eine Anreihung von innergewerkschaftlichen Skandalen und Verstößen gegen jegliches Demokratieverständnis. Schon im Frühjahr 1999 gab es die ersten Sondierungsgepräche zwischen Arbeitgebern und der IG-BCE Spitze. Themen damals: Billigtarifvertrag und Strukturveränderungen.

Ohne eine Diskussion unter den Vertrauensleuten geschweige unter den normalen Mitgliedern zu führen, setzte die Bundesentgelttarifkommission in einem Treffen am 24.11.99 die Eckpunkte für die Tarifrunde 2000 fest. Wer gedacht hätte diese würden jetzt in der Mitgliedschaft diskutiert hatte sich getäuscht. Statt dessen Begann die IG-BCE am 8.12.99 die Verhandlungen mit den Arbeitgebern über die "Weiterentwicklung des Bundesentgelttarifvertrages". Am 20/21. Januar wurden die Verhandlungen weiter geführt.

Die Mitglieder konnten das im Januar im IG-BCE Magazin nachlesen. Zum selben Zeitpunkt bekamen die Vertrauensleute erste "Teilinformationen" per Flugblatt. Die Ankündigung das der Hauptvorstandes Mitte Februar die Forderungen zur Tarifrunde verabschieden will, hört sich dabei an wie ein makaberer Scherz. Was soll denn da verabschiedet werden? Etwa das unsere Gewerkschaft mit einer 0 % Forderung in die Tarifrunde geht?

Das ganze Verfahren zeigt, daß die Mitglieder in der IG-BCE nichts mehr zählen. Wir protestieren gegen diese Umgehensweise ! Der Vorstand zerstört mit seiner innergewerkschaftlichen Politik das Vertrauen der Mitglieder und letztendlich die IG-BCE. Wichtige Veränderungen am Entgelttarifvertrag müssen in der Mitgliedschaft ausführlich diskutiert werden.

An Kommentaren und Anregungen sind wir jederzeit interessiert. Die vollständigen Informationen über die Vorstellungen der IG BCE zur nächsten Tarifrunde könnt ihr bei uns erhalten.


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