Harald Werner

Betriebsrat als Standortvorteil

Können wir ein neues BetrVG wollen?

 

Bereits zum Ende des vergangenen Jahres wollte die Bundesregierung den Entwurf eines neuen Betriebsverfassungsgesetzes vorlegen, ohne es auch nur zu einem Referentenentwurf zu bringen. Wann das Gesetz denn wirklich kommen wird, ist ungewiss. Sicher ist lediglich, dass die Zeitverzögerung grundlegenden Kontroversen, nicht nur der Regierungsparteien, sondern auch der Gewerkschaften geschuldet ist. Dabei wird nicht um mehr oder weniger Handlungsmöglichkeiten für die Betriebsräte gestritten, sondern um entegegengesetzte Entwicklungslogiken der Betriebsverfassung. Völlig unvermittelt stehen sich im gewerkschaftlichen Raum zwei gegensätzliche Positionen gegenüber: Auf der einen Seite ein DGB- und auch ein DAG-Entwurf (1), die sowohl die Anpassung des Gesetzes an die veränderten betrieblichen Bedingungen, als auch grundlegende Verbesserungen betrieblicher Mitwirkung und Mitbestimmung beabsichtigen. Auf der anderen Seite stehen die im April 1998 verabschiedeten "Empfehlungen der Kommission Mitbestimmung", die die unverkennbare Handschrift ihres wissenschaftlichen Leiters Wolfgang Streeck tragen und die sich von der Absicht leiten lassen, "dass die Mitbestimmung durch gemeinsame Gestaltung zu einem deutschen Standortvorteil ausgebaut werden kann". (2)

Der Entwurf des DGB wird zwar von Unternehmerseite als "kalte Enteignung" (3) verdammt, bewegt sich aber ebenso in der Logik des bestehenden BetrVG wie der entsprechende DAG-Vorschlag. Beide Texte gehen freilich weit über das Gesetz von 1972 hinaus und schöpfen den Rahmen betrieblicher Mitbestimmung so weit wie möglich aus. Die Kommission Mitbestimmung lässt es dagegen bei Empfehlungen bewenden, die aber hinter die gegenwärtige Betriebsverfassung zurückfallen und sich nahtlos in die Politik der neuen Mitte einpassen lassen.

Mit Ausnahme eines von Ewald Wehner im Sozialismus veröffentlichten Aufsatzes (4) haben bisher wenige Autoren zur Kenntnis genommen, dass die Novellierung zu einem ähnlichen Wendepunkt führen könnte wie die Verabschiedung des ersten BetrVG im Jahre 1952, mit der seinerzeit der Kampf um die Mitbestimmung verloren ging. Doch diesmal fällt die Entscheidung nicht zwischen Mitbestimmung im Unternehmen oder Mitwirkung im Betrieb, also zwischen Wirtschaftsdemokratie und Sozialpartnerschaft, sondern die Alternativen bewegen sich zwischen betrieblicher Gegenmacht und betrieblichem Wettbewerbskorporatismus.

Nirgendwo spiegelt sich die gewerkschaftliche Macht oder Ohnmacht eines Zeitabschnitts besser wider, als in den gesetzlichen Regelungen der Betriebs- oder Unternehmensverfassung. Erst wenn man sich die historischen Etappen des Jahrzehnte alten Konflikts zwischen Wirtschaftsdemokratie und Sozialpartnerschaft vor Augen führt, wird das Janusgesicht der jeweiligen Betriebsverfassung deutlich. Während nämlich die wirtschaftsdemokratischen Vorstellungen der Gewerkschaften ursprünglich auf Unternehmensmitbestimmung oder gar auf die Kontrolle durch Wirtschafts- und Sozialräte abzielten, versuchten die sozialpartnerschaftlichen Strategien den Konflikt stets auf die betriebliche Ebene herunter zu ziehen. So 1920 als mit dem ersten Betriebsrätegesetz der Rätegedanken in sein Gegenteil verkehrt wurde und auch 1952, als Adenauer die Gewerkschaften austrickste, um mit dem BetrVG den Kampf um die Mitbestimmung zu beenden. (5) Selbst das Betriebsverfassungsgesetz von 1972 war trotz seiner Fortschritte gleichzeitig gegen die neu aufgeflammte Mitbestimmungsdebatte gerichtet.

Nun kann niemand behaupten, dass sich die jetzt anstehende Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes gegen weitergehende wirtschaftsdemokratische Forderungen wendet. Es gibt keine Diskussion um die Ausweitung der Mitbestimmung, geschweige denn eine Bewegung. Viel mehr kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass auch immer mehr Gewerkschafter das Betriebsverfassungsgesetz meinen, wenn sie über Mitbestimmung reden. Das gilt nicht nur für die Kommission Mitbestimmung, die unterschiedslos von Mitbestimmung spricht, egal ob es sich um Mitbestimmungs- oder Betriebsverfassungsgesetz handelt. Die alle Unterschiede egalisierende Sprachregelung hat auch schon den DGB erreicht. So wurden die Ergebnisse einer DGB-Festveranstaltung zum 25. Jahrestag des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972 unter dem irreführenden Titel "Zukunft der Mitbestimmung" veröffentlicht (6). Gerade so, als hätte man sich inzwischen damit abgefunden, dass Mitbestimmung nur noch im Rahmen des BetrVG stattfinden könne.

 

Die Mystifikation von Betrieb und Unternehmen

In der Tradition der deutschen Betriebsverfassung wird ein in der Praxis kaum nachvollziehbarer Unterschied zwischen Betrieb und Unternehmen gemacht. Während der Betrieb als rein technische, gebrauchswertorientierte Einrichtung definiert wird, in der Arbeitgeber und Betriebsrat vertrauensvoll "zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes" (7) zusammenarbeiten, bleibt das Unternehmen eine abstrakte Angelegenheit, in der der Unternehmer seine Jacke als Sozialpartner auszieht und nur noch unternehmerischen Zielen verpflichtet ist. Diese Mystifikation entspricht nicht nur dem Doppelcharakter der Warenform, sie hat auch den großen Vorteil, den Konflikt zwischen Arbeit und Kapital auf einen technisch-organisatorischen Zielkonflikt zu reduzieren, der zwar Interessengegensätze akzeptiert, sie aber für prinzipiell lösbar hält. Die unternehmerische Ebene bleibt im Betriebsverfassungsgesetz außen vor, folgt scheinbar anderen Gesetzen und spielt die Rolle einer unabhängigen Variable, die die vertrauensvoll zusammenarbeitenden Partner ebenso zu akzeptieren haben, wie die blinde Hand des Marktes.

Diese im Betriebsverfassungsgesetz verankerte Ideologie ist jedoch längst schon zum weit verbreiteten Bewusstsein geworden. Das fast durchgängig praktizierte Co-Management und die alltäglichen Anstrengungen der Betriebsräte zur betrieblichen Standortverteidigung lassen wenig Raum für gesamtgesellschaftliche Utopien, so dass die jetzt anstehende Novellierung ohnehin in eine Zeit der zunehmenden Verbetrieblichung gewerkschaftlicher Konflikte fällt. Tatsächlich haben sich unter den Bedingungen der zunehmenden Standortkonkurrenz die Handlungsbedingungen für die Betriebsräte grundlegend gewandelt. Ihre "Mitgestaltung" ist immer dann gefragt und wird ohne große Umschweife auch erzwungen, wenn es um die Senkung der Arbeitskosten, die Anpassung der Arbeitszeiten an die Auftragslage oder ganz grundsätzlich um die Erhöhung der am Standort erzielten Rendite geht.

Es ist nicht ohne Ironie, dass die vom Shareholdervalue erzwungene Integration des Betriebsrates in die Unternehmensstrategie die ursprünglich konstruierte Trennung zwischen Betrieb und Unternehmen aufhebt. Mehr denn je entscheidet sich in der betrieblichen Arbeitsorganisation ob die Unternehmensziele erreicht werden und stärker als jemals zuvor, hängt es vom Co-Management der Betriebsräte ab, ob die von Unternehmensebene diktierten Globaldaten auch erreicht werden. Die Mystifikation der angeblich eigenständigen Betriebsebene wird durch die Mystifikation des gemeinsamen Wettbewersbinteresses abgelöst. Die neuen Unternehmensstrategien, flache Hierarchien und wettbewerbsorientierte Arbeitsgruppen haben das unternehmerische Denken in die industriellen Basisbeziehungen getragen, damit das "Humankapital" auch wie Kapital handeln lernt. Die Betriebsvertretung bekommt keine neuen Rechte auf der Unternehmensebene, sondern wird zum unternehmerischen Denken auf Betriebsebene gezwungen.

Die fortschreitende Verbetrieblichung des gewerkschaftlichen Handlungsrahmens wird durch die gesellschaftlich vorherrschende Unart, Wirtschaft nur noch betriebswirtschaftlich zu denken, nur noch verstärkt, so dass es immer plausibler scheint, die Konflikte um Lohn und Leistung basisnah, nämlich im Betrieb zu lösen. Gleichzeitig wird von interessierter Seite der Eindruck erweckt, als ginge es den angeblich außerhalb des Betriebes agierenden Gewerkschaften um bloße Macht, während Arbeitgeber und Betriebsräte naturgemäß zu sachgerechter Kooperation neigten. Randerscheinungen wie der Viessmann-Konflikt oder die Auseinandersetzungen bei Burda, wo Betriebsräte zur Unterbietung der Tarifverträge erpresst wurden, werden als durchgängige und notwendige Tendenz verkauft, um in der Öffentlichkeit einen systematischen Konflikt zwischen Gewerkschaften und Betriebsräten zu konstruieren.

 

Auf dem Weg zur betrieblichen Tarifpolitik

Die Kommission Mitbestimmung wollte trotz aller Verbetrieblichungstendenzen nicht den von vielen Arbeitgebern gewünschten Weg mitgehen und den Betriebsräten die Tarifpolitik aufbürden, weil "...deren Bearbeitung auf betrieblicher Ebene die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung gefährden würde" (8) Sie hält deshalb die "Beibehaltung des § 77 Abs. 3 des Betriebsverfassungsgesetzes... hierfür von grundlegender Bedeutung." (9) Der Grund ist allzu offensichtlich: Die vollständige Verbetrieblichung der Tarifpolitik würde tatsächlich den eigentlichen Standortvorteil, nämlich der Friedenspflicht und der Verpflichtung auf das Wohl des Betriebes ein Ende bereiten. Das heißt freilich noch lange nicht, dass die "Beibehaltung des § 77 Abs. 3" alle Blütenträume zur Verbetrieblichung der Tarifarbeit zum Welken bringen wird. Fast könnte man sagen - im Gegenteil.

Die Mitbestimmung des Betriebsrats soll viel mehr "zur kontrollierten Dezentralisierung des Tarifvertragssystems mit dem Ziel genutzt werden, den Flächentarifvertrag angesichts eines wachsenden Bedarfs an betrieblich differenzierten Regelungen flexibler zu gestalten und dadurch zu entlasten." (10) Oder genauer gesagt: Tarifverträge sollen in Zukunft so unpräzise sein, dass sich unbeschwerter darüber verhandeln lässt, während die konkrete Auseinandersetzung den Betriebsräten überlassen bleibt, ohne sie natürlich von der Friedenspflicht zu entbinden. Wobei noch zu beachten ist, dass diese zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und zur Beachtung des Betriebswohls verpflichteten Betriebsräte häufig auch noch in unmittelbarer Konkurrenz zueinander stehen. Der durch einheitliche Flächentarifverträge immer noch gebremste Kampf der Standorte um die niedrigsten Arbeitskosten würde dann endgültig den Betriebsräten aufgebürdet.

Vor diesem Hintergrund wird dann auch begreifbar, weshalb sich die Kommission so vehement für die Wahl von Betriebsräten in kleinen und mittleren Betrieben einsetzt: "In dem Maße, wie ein flexibler Flächentarifvertrag Regulierungsfunktionen auf die Betriebsebene überträgt, gefährdet die geringe Verbreitung von Betriebsräten in kleinen und mittleren Unternehmen auch die Reform des Flächentarifvertrages." (11) Eindeutiger läßt sich die Absicht nicht umschreiben: Ohne Stärkung des Betriebsrates keine Schwächung des Flächentarifvertrages.

 

Vier Dilemmata der Novellierungsdebatte

  1. Auch wenn man davon ausgehen kann, dass es den Modernisierern in der Kommission Mitbestimmung in erster Linie um eine Anpassung des Betriebsverfassungsgesetzes an die neuen Unternehmensphilosophien und den Wettbewerbskorporatismus geht, muß man neidlos eingestehen, dass sich ihre Empfehlungen auch unabhängig davon auf der Höhe der Zeit bewegen. In dem sie die Entscheidungsebenen dezentralisieren, die Lösungen differenzieren und Kompetenzen nach unten verlagern wollen, kommen sie nicht nur der gewandelten betrieblichen Realität entgegen, sondern auch den Bedürfnissen wichtiger Beschäftigtengruppen. Die Gewerkschaften haben es dabei wesentlich schwerer. Selbst wenn der DGB-Entwurf eine zeitgemäßere Definition für Betriebs- und Arbeitnehmerbegriff entwickelt und auf eine konsequente Ausweitung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates abzielt, bewegt er sich in der Logik des alten Gesetzes – und diese Logik stammt aus einer anderen Zeit.

  2. Das Betriebsverfassungsgesetz ist ein Kind der fordistischen Produktionsweise und nach dem Schnittmuster einer hierarchischen und durch kleinliche Kontrollmechanismen geprägten Arbeitswelt gewirkt. Und wie der Betrieb, so funktionierte die gewerkschaftliche Organisation beziehungsweise die Arbeitsweise des Betriebsrates. Die neuen Unternehmenskonzepte haben die externe Kontrolle durch die interne Konkurrenz ersetzt und an die Stelle der ebenso schwerfälligen wie stumpfen Macht der Betriebshierarchie einen sich selbst regulierenden Mechanismus gesetzt. Die postfordistische Betriebsweise zwingt das unternehmerische Denken den industriellen Basisbeziehungen auf und erweckt dabei den Eindruck kreativer Selbstverantwortung. Aber selbst wenn dies selten der Fall ist und vom der Mythos eigenverantwortlicher Gruppenarbeit wenig übrig bleibt, haben sich unter den Bedingungen der neuen Betriebsweise die Bedürfnisse der Beschäftigten ebenso geändert wie die Anforderungen an die betriebliche Interessenvertretung. Beides würde eine grundlegend andere Konzeption betrieblicher Interessenvertretung erfordern.

  3. Es wäre logisch, der neuen Betriebsweise und der Verlagerung von Entscheidungen an die betriebliche Basis mit einem demokratischen Gegenkonzept entgegenzutreten. Erst recht wenn man sich erinnert, dass die Forderung nach Mitbestimmung am Arbeitsplatz ursprünglich nicht im Unternehmerlager, sondern in den Gewerkschaften entwickelt wurde. Zu Zeiten des Fordismus richtete sich das Konzept gegen Fremdbestimmung und Entmündigung durch das Management, aber in den Zeiten von Lean Management und Lean Production verkehrt sich die Mitbestimmung am Arbeitsplatz zur eigenverantwortlichen Selbstausbeutung. So tun sich die Gewerkschaften seit langem schwer, einen Weg zwischen wettbewerbsorientiertem Co-Management und traditioneller betrieblicher Gegenmacht zu entwickeln - nicht zuletzt in den schwach organisierten Branchen, in denen sich vielleicht noch ein Betriebsrat aber kein Vertrauensleutekörper etablieren läßt. Das konzeptionelle Defizit der Gewerkschaften in Sachen Mitbestimmung am Arbeitsplatz und ihre organisatorische Schwäche erleichtern es den Unternehmern ebenso wie den Modernisierern in den eigenen Reihen, eine Novellierung durchzusetzen, die die Betriebsräte unter dem Vorwand der Demokratisierung zu Moderatoren herabstuft.

  4. Der Ehrlichkeit halber muß eingestanden werden, dass die standortbezogene Moderatorenrolle von Betriebsräten keines neuen Betriebsverfassungsgesetzes bedarf. Das heftige Rudern, mit dem heute Belegschaften und Betriebsräte der nächsten Fusionswelle zu entkommen suchen, wird durch die Logik des Shareholder-Value erzwungen und nicht durch gesetzliche Regelwerke. Allenfalls könnte sich die Unternehmerseite ein Betriebsverfassungsgesetz wünschen, das solche Anpassungsprozesse erleichtert und störrische Betriebsräte gefügiger macht, aber so lange die Pflege des Shareholder-Value und das gegenseitige Herunterkonkurrieren ganz allgemein, wenn schon nicht immer als höchste ökonomische Tugend, so doch als Alternativlosigkeit akzeptiert wird, können sich die Unternehmer sicher sein, dass die Betriebsvertretungen dies tun was von ihnen erwartet wird. Weshalb Peter von Oertzen auf der 2. Konferenz des Netzwerks der Gewerkschaftslinken auch die ketzerische Frage stellte, ob die Unternehmer nicht klüger beraten seien, die Betriebsräte noch viel stärker mitbestimmen zu lassen, als sie es denn vorhaben.

 

Wie weiter?

Die Frage, ob wir uns eine Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes wünschen können, hat natürlich nur rhetorischen Charakter. Erstens gibt es einen seit Jahren unter den Nägeln brennenden Bedarf an zeitgemäßen Regelungen. Zweitens wird sich deshalb niemand gegen eine Novellierung wehren und drittens ist die Neufassung des Gesetzes eine hervorragende Möglichkeit der Bundesregierung, kurz vor den kommenden Wahlen ihre Gewerkschaftsfreundlichkeit zu demonstrieren. Selbst der schlechteste Kompromiss zwischen dem DGB-Entwurf auf der einen und dem Kanzleramt sowie dem Weichspüler "Bündnis für Arbeit" auf der anderen Seite, wird noch genügend Reformen aufweisen, die sich von Schröder gut verkaufen lassen. Erst recht wenn die Unternehmer, wie zu erwarten, böse Mine zum für sie guten Spiel machen. Es wird einen zeitgemäßeren Betriebsbegriff geben und auch der Arbeitnehmerstatus kann ohne Gefahr auf Kollission ausgeweitet werden, wenn nur genügend Zuckerbrot für die Unternehmerseite abfällt.

Das eigentliche Problem ist die Kampagnenunfähigkeit des DGB, der kaum den Widerspruch zwischen seinem Entwurf und den Empfehlungen der Kommission Mitbestimmung aufdecken kann, selbst wenn er wollte, weil er dann gegen seine eigene Stiftung Front machen müßte. Ganz zu schweigen davon, dass die Empfehlungen nicht nur die Unterschrift von Hubertus Schmoldt und Dieter Schulte tragen, sondern auch die von Herbert Mai und Margret Mönig-Raane. Aber ohne eine offensive Auseinandersetzung mit der Kommission Mitbestimmung lassen sich weder der DGB-Entwurf begründen, noch die anstehenden Gefahren aufzeigen. Im Vorwort der Empfehlungen der Kommission ruft deren Vorsitzender Professor Karl-Heinz Briam die "Kräfte der optimistischen Vernunft" auf, alle "politischen und gesellschaftlichen Grenzen" zu überwinden. Vielleicht besteht eine Chance, die Verschlimmbesserung des Betriebsverfassungsgesetzes zu verhindern, wenn diese Grenzen wieder ein wenig sichtbarer werden.

 

Dieser Artikel ist erschienen in der Zeitschrift Sozialismus Heft Nr. 4 (April 2000)
Anmerkungen:

1) Novellierungsvorschläge des DGB zum Betriebsverfassungsgesetz 1972, Düsseldorf Februar 1998 und DAG-Vorschlag zur Novellierung des BetrVG, Hamburg im März 1999

2) Bertelsmann-Stiftung/Hans-Böckler-Stiftung (Hgb), Mibestimmung und neue Unternehmenskulturen – Bilanz und Perspektiven, Empfehlungen der Kommission-Mitbestimmung, Gütersloh 1998, These 4 der Empfehlungen

3) Ludolf von Wartenberg, Hauptgeschäftsführer des BDI, am 10.12.1998 in der Wirtschaftswoche

4) Vergl. Ewald Wehner, Mitbestimmung oder Mitgestaltung, Die politischen Auseinandersetzungen um eine neue Betriebsverfassung und die Rolle der Hans-Böckler-Stiftung, in Sozialismus 10/99, S.25f

5) Vergl. Theo Pirker, Die blinde Macht, Erster Teil, München 1960. S.248f. und Wolfgang Däubler, Das Arbeitsrecht, Band 1,Reinbek bei Hamburg 1990, S.382f.

6) "25 Jahre Betriebsverfassungsgesetz – neue Herausforderungen an die Betriebsräte – Antworten der Praxis", Bad Honnef, 26/27 November 1997

7) BetrVG § 2 Abs.1

8) ebenda These 18

9) ebenda

10) ebenda These 19

11) ebenda These 14


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