letzte Änderung am 25. Juni 2002

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Offener Brief an den Kandidaten der SPD zur Bundestagswahl im Wahlbezirk Herne/Bochum-Nord, Gerd Bollmann

Lieber Kollege Bollmann,

heute sind Details aus dem Papier der sogenannten Hartz-Bundesregierungskommission zur Arbeitsmarktpolitik veröffentlicht worden.
Im einzelnen sieht das Kommissionspapier u.a.: Zahlung des Arbeitslosengeldes nur noch für 1 Jahr, Zahlung der Arbeitslosenhilfe nur noch für 2 Jahre. Danach sollen die Langzeitarbeitslosen ein "Sozialgeld" erhalten, das auf dem Niveau der heutigen Sozialhilfe liegt. Außerdem sieht der Katalog die Abschaffung der Kinderzulagen vor. Insgesamt sollen von 40 Mrd. Euro rund 27 Mrd. Euro eingespart werden. Über 55jährige sollen aus der Statistik des Arbeitsamtes in den "Vorruhestand" entlassen werden. Arbeitslose sollen nach dem Prinzip der Zeitarbeit befristet an Privatfirmen "ausgeliehen" werden, entweder gegen Geld und kostenlos zur Probe. Wer das nicht akzeptiert, hat mit Leistungskürzungen zu rechnen.
Ich möchte diese vorgeschlagenen Maßnahmen noch nicht bewerten. Ich gehe aber davon aus, dass sich die betroffenen Menschen angesichts dieser Vorschläge eine eigene Meinung bilden werden.
Zur Kommission gehörte u.a. der amtierende Landesvorsitzende der SPD-NRW, Arbeitsminister Harald Schartau, der nach außen das neue Regierungsprogramm der Bundes-SPD vertreten muss. Im Regierungsprogramm, das vor 22 Tagen auf dem Berliner Parteitag beschlossen wurde, steht unter Punkt 4 "Arbeitsmarkt" folgendes:
"...Die Verzahnung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Arbeitslose ermöglicht konzentrierte Bemühungen im Interesse der Langzeitarbeitslosen für eine bessere, schnellere Vermittlung in Beschäftigung...Deswegen wollen wir im Rahmen der Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe keine Absenkung der zukünftigen Leistungen auf Sozialhilfeniveau..." (SPD, Regierungsprogramm
2002-2006, S. 25).
Der hier vorliegende Widerspruch zwischen den Vorschlägen der Hartz- Bundesregierungskommission und dem SPD-Regierungsprogramm für die nächsten 4 Jahre ist offensichtlich. Auf diesem Weg frage ich, welche Position nach den öffentlichen Erklärungen am 24. Juni 2002 von führenden Sozialdemokraten für die zukünftige mögliche Regierungsarbeit gilt.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat in seinem Forderungskatalog an die nächste Bundesregierung klar und eindeutig formuliert, dass der DGB einer Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe nur dann zustimmen kann, wenn das Leistungsniveau für die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Menschen nicht abgesenkt wird.

In der Erwartung einer öffentlichen Erklärung,
verbleibe ich
mit kollegialen Grüßen

Norbert Kozicki
(stellv. DGB-Vorsitzender Herne)  

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