letzte Änderung am 30. Sept. 2002

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Anne Eberle*, Köln 14. September 2002:

Arbeit muß freiwillig sein

Wenn wir Arbeitslose unglücklich sind, so liegt das nicht unbedingt daran, daß wir keine Arbeit haben, sondern einfach daran, daß wir schlichtweg zu wenig Geld haben.

Die Erwerbsarbeit hat uns Menschen in den letzten 200-300 Jahren so gründlich in Besitz genommen, daß wir kaum über die Lohnerwerbsarbeit und deren Grundlagen hinaus denken können.

Den einzigen gesellschaftlichen "Wert", den die Menschen in unserer kapitalistischen Gesellschaft kennen, ist die Arbeit bzw. die Lohnarbeit.

Wir Arbeitslose und alle die nicht den Verwertungsbedingungen des Kapitals unterliegen, tragen die Erbsünde der Arbeitsgesellschaft.

Lohnarbeit wird als alternativloses Lebensziel dargestellt, gleichgestellt mit Geld, mit Lebensstandard und Luxus.

Aber:

Die Grenzen der Wachstumsökonomie sind längst überschritten.

Eine Umkehr ist notwendig.

Noch immer lautet das erste Gebot: "Ihr sollt leben, um zu arbeiten – und nicht arbeiten, um zu leben".

Wird das Gebot mißachtet, wird die Pflicht zur Arbeit und der Zwang zur Arbeit gesellschaftlich konsensfähig gemacht. Das Motto heißt dann: "Keine Leistung ohne Gegenleistung " also "Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen"

Stellungnahmen von Wissenschaftlern, die es besser wissen müßten , Unternehmerverbände, Parteien, ob an der Regierung oder nicht, einschließlich der Partei der Wohlhabenden die Hartz- Kommission, finden das richtig.

Wer lieber arbeitslos bleibt, als McJobs anzunehmen, muß mit Geldkürzungen rechnen, wird als Schmarotzer bezeichnet, so einfach ist das.

Aber Unternehmen wie Daimler Benz, oder Siemens, die keine Steuern zahlen, die sind keine Schmarotzer!

Doch: Arbeitsverknappung sollte Sieg über die Lohnarbeit, – Wohltat sein – nicht Weltuntergang.

Arbeitslose verfügen über eine preiswerte Sache: nämlich Zeit. Aber die Zeit, die wir Arbeitslosen endlich gewonnen haben, wird uns genommen. Wir sind gefordert, wir sind verpflichtet und damit ständig auf Jagd und Suche nach Lohnarbeit, die es nicht gibt.

Die Befreiung vom Los der Lohnarbeit war mal eine Forderung. Warum sollten wir, die Arbeitslosen, diese Forderung nicht wieder aufgreifen.

Unsere gewonne Zeit könnten wir wahrlich besser nutzen. So sollten wir mit unserer Zeit, die wir gewonnen haben, über die Zukunft der Gesellschaft nachdenken, selbst entscheiden, was für unser Leben "nützlich" und "sinnvoll" ist. Und uns die Frage stellen: Was brauchen Menschen für ein Leben in Würde, und nicht was kostet ein Mensch.

Wir sollten konkrete Alternativen zur herkömmlichen Normalarbeit entwickeln, wie z.B. Arbeitsumverteilung.

Jeder Mensch hat ein Lebensrecht – egal ob mit oder ohne Lohnarbeit!
Wer nicht arbeitet soll trotzdem gut essen!
Her mit dem schönen Leben!
Eine andere Welt ist möglich !
Eine andere Welt ist nötig!

 

Rede bei der Kundgebung in Köln am 14. September 2002

Zu meiner Person: 54 Jahre, seit 1974 Dortmund lebend, 1 Sohn der versorgt werden muß. Berufliche Tätigkeiten in verschiedenen Städten und Branchen, in Niedriglohnbereichen, in Projekten, mit und ohne soziale Sicherung. Immer flexibel und mobil (ohne Auto) und wenig Geld. Seit 1997 erneut arbeitslos. Mitglied im Vorstand des Bundeserwerbslosenausschuss ver.di

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