letzte Änderung am 18. März 2003

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Vom Sozialstaat zum Sozialhilfestaat

Anmerkungen zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers

Der angekündigte "Mut zur Veränderung" erweist sich für die Erwerbslosen als Abbau des Sozialstaates durch Abschieben von nochmals 1,44 Millionen Menschen in die Sozialhilfe, die Verkürzung der Anspruchszeiten für Lohnersatzleistungen, eine nochmalige Verschärfung der Zumutbarkeitsregelungen bei Nichtannahme von nicht vorhandenen Arbeitsstellen, als weitere Einschränkung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente und als Ausweitung nichtexistenzsichernder Arbeit und der Niedriglohnbereiche.

"Alle Kräfte der Gesellschaft müssen ihren Beitrag leisten", meint der Kanzler. Aber von der Heranziehung der wachsenden Zahl der Milliardäre und Millionäre in das "Verändern" durch eine Anhebung der Vermögensbesteuerung, von der überfälligen schnellen Einführung der Ausbildungsabgabe für die 70 % nichtausbildenden Betriebe war nichts zu hören.

Es sei denn, man nimmt die Forderung nach einer neuen Unternehmerkultur oder nach einer schon oft von den Unternehmerverbänden beschworenen und nicht eingelösten Selbstverpflichtung, jedem Jugendlichen einen Ausbildungsplatz anzubieten, für eine Möglichkeit zur Problemlösung. Das aber wird weiterhin eine weitere Illusion bleiben.

Während der Bundeskanzler verkündet, dass der sogenannte 2.Arbeitsmarkt im Osten für eine Übergangszeit erhalten bleiben muss, läuft im Untertitel des Fernsehsenders die Ankündigung des Vorstandschefs der Bundesanstalt für Arbeit Florian Gerster die "Scheinarbeitsplätze ABM" im Osten weiter abzubauen.

Es bleibt bei der Forderung der Erwerbslosenorganisationen, die wirklichen Instrumente zum Abbau der Arbeitslosigkeit zu erkämpfen:

Der Schwerpunkt des Kampfes der Erwerbslosen um ihre Rechte verlagert sich nach dieser Kanzlerrede, die den Erwerbslosen immer mehr finanzielle Lasten aufbürdet und sie erpressbarer machen soll auf eine Kampagne "Für existenzsichernde Arbeitsplätze für alle arbeitsfähigen Menschen und eine soziale Grundsicherung, mindestens auf dem Niveau der europäisch definierten Armutsgrenze".

Anders geht es nicht. Ohne außerparlamentarischen Druck wird Deutschland keine soziale Gerechtigkeit erlangen. Wenn schon der Kanzler die Segel streicht obwohl sich der Sturm noch gar nicht ankündigt hat steht es schlecht um den deutschen Mut zum Verändern.

Gerd-Erich Neumann, Stralsund am 14.03.2003

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