(waz Herne, 13.10.99)

Betriebsrat: Bekommen keine Antwort

Ratlosigkeit und Enttäuschung

Im Nachhinein gibt sich IG-Metall-Chef Hans Nimphius überzeugt: "Gespräche über die Einstellung der Fertigung bei GEA Luftkühler wurden bereits Ende letzten Jahres geführt."

Obwohl ein Zwischenbericht einer Unternehmensberatung viel versprach. Offenkundig, so Nimphius, wurden daraus keine Konsequenzen gezogen. Und auch der Beginn der Woche, als Gespräche beim Arbeitsamt hinsichtlich der Gründung einer Qualifizierungsgesellschaft für die zunächst zur Entlassung anstehenden 128 Mitarbeiter geführt werden sollten, stellte für ihn eine weitere Läuterung dar: Dieser wichtige Termin wurde abgesagt, stattdessen wurde im Vorstand offenbar das "Aus" für Luftkühler abgesegnet.

Nun steht für IG Metall und Betriebsrat zu befürchten, daß auch andere GEA-Bereiche vom Arbeitsplatzabbau betroffen sein könnten. Nimphius: "Vielleicht waren wir im April naiv, weil wir daran geglaubt haben, daß der Standort Herne tatsächlich erhalten bleibt."

Klaus van Gils, stellv. Betriebsratsvorsitzender, fügt hinzu: "Seit 1992 wurde Luftkühler ausgeblutet." Er sieht eklatante Management-Fehler in der Vergangenheit, die nun nicht mehr zu beheben sind. Was nach der Schließung passieren wird, weiß er nicht: "Von der Geschäftsführung bekommen wir keine Antworten." In Kürze sollen Schritte der Gegenwehr beraten werden.

Die Verbitterung stand IG-Metall-Chef Hans Nimphius und seinen Kollegen ins Gesicht geschrieben.

"Was uns hier ständig vorgemacht wurde, war einzig und allein Täuschung", so der 1.Bevollmächtigte, "dahinter stand lediglich die Absicht, das Werk zu schließen." In diesem Zusammenhang spricht er von einem "Killer-Kapitalismus", der sich da abzeichne.

Die Meinung von Klaus van Gils kann er nur teilen: "Dieses Unternehmen zieht sich aus der Verantwortung für das Gemeinwohl". Dabei hatten er und seine Mitstreiter geglaubt, daß im Zuge der Fusion mit der Metallgesellschaft (mg) alles besser wird. Mit den mg-Managern will sich Nimphius noch unterhalten.

Als Betriebsratsvorsitzender Heinrich Dau einst von "schier entsetzten Mitarbeitern, die aus allen Wolken gefallen sind" berichtete, da mußten ca. 500 Mitarbeiter bei GEA Luftkühler um ihren Job bangen. Das war im Jahr 1993. Schon in den Jahren zuvor hatte die Misere um den Arbeitsplatzabbau angefangen. Seinerzeit konnte das Schlimmste verhindert werden, aber die Talfahrt nahm unaufhaltsam ihren Lauf.

Heinrich Dau gebührt höchster Respekt für seine Ehrlichkeit, schließlich hat er den wie auch immer gearteten Versprechungen aus der Bochumer Zentral enie so richtig Glauben geschenkt. Ein alter GEA-Fahrensmann, der sich auf sein Gefühl verließ, Pessimismus verbreitete, aber dennoch nie aufgab. Erst nach Bekanntwerden der jüngsten Entlassungswelle prophezeite Dau, daß unter den gegebenen Bedingungen spätestens im Jahr 2002 die Lichter bei Luftkühler ausgehen. Der Mann sollte hier nicht Recht behalten, das Elend holte ihn und seine Kollegen noch früher als erwartet ein.

Das sind sie nun wert, die Versprechungen, die Prognosen, die Ausblicke durch die rosarote Brille. Immer wieder, so wurde in der GEA-Chefetage betont, sollte der Standort Herne gesichert werden und auch sicher bleiben - na ja, die Arbeitsplätze, die dabei so ganz nebenbei verlustig gingen, das mußte halt in Kauf genommen werden. Erfolg verlangt bekanntlich Opfer. Mehrere Millionen Mark sollten investiert werden, damit Luftkühler Herne "wieder eine Zukunft bekommt", so tönten die Manager noch vor einem halben Jahr.

Sie haben sich verrechnet, bedauern sie nun, das Ganze hat keinen Zweck mehr. Same procedure as every time: Verlagerung der Produktion dahin, wo es billig ist, Arbeitnehmer rausschmeißen, Werk dicht machen, später gut über die neue Geschäftspolitik reden. Das hat in Herne Tradition. Noch gar nicht lange ist es her, da wunderte man sich höheren Ortes darüber, daß GEA so schlecht in der öffentlichen Meinung da steht. Ja warum denn nur?

Nun, der Rest ist bekannt: Alle mehr oder minder Betroffenen werden eine Zeit lang jammern, klagen, versuchen zu retten, was zu retten ist. Das ist korrekt, das muß so sein. Jeder aber sollte aus Erfahrung wissen: Bei Luftkühler - und so war es auch bei den ungezählten Firmenschließungen in den letzten Jahren - gehen die Lichter für immer aus. Kein Wunder: Alle fühlen sich verraten und verkauft! (Michael Petrykowski)