letzte Änderung am 27. Juni 2002

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Über Banken und Berger in den Konkurs?

Die Beratungsfirma Roland Berger schlägt in ihrem Restrukturierungskonzept die Einleitung eines Insolvenzverfahrens vor. Damit soll Babcock "interessant für ausländische Investoren" gemacht werden (Welt 22.6.02). Über die Lage bei Babcock wird die Belegschaft mal wieder zuletzt informiert.

Das Verwirrspiel der Banken

Nur wenig sickert über die Medien durch, wie die wirkliche Lage bei Babcock ist: 2 Mrd. Euro (!) Verbindlichkeiten, am Ende des Geschäftsjahres ein Verlust von 500 Mio. Euro, ein kurzfristiger Finanzbedarf von 400 Mio. Euro (Reuters 23.6.02), ein zusätzlich mittelfristiger von 500 Mio. Euro, das Eigenkapital völlig aufgezehrt... Was sagen die Banken?

"Die Banken sollen bereit sein... neue Kredite zu gewähren, wenn die Aktionäre ihr Eigenkapital erhöhen ...", meldete die FAZ am 22.6.02. Demnach gehören zu den "Kernbanken" die "Deutsche, Dresdener, Commerzbank sowie die WestLB, ING BHF-Bank und Hypovereinsbank". Die FAZ weiter: "Während WestLB und Preussag ihre Bereitschaft erklärt haben, an einer Kapitalerhöhung mitzuwirken, soll die Deutsche Bank abgewinkt haben, da sie ihre Aktien als Handelsbestand betrachtet". Und: "Als Problem könnte es sich für Babcock Borsig erweisen, daß es bei den Kernbanken keinen Pool- oder Konsortialführer gibt, der bei der Vergabe neuer Kredite vorangehen und die anderen Institute mitziehen könnte".

Während also die "Kernbank" Deutsche Bank bereit ist Babcock Kredit zu geben, verweigert der Großaktionär Deutsche Bank eine Kapitalerhöhung. Und während die Medien verschweigen, dass Großaktionär Preussag zur NRW-eigenen WestLB gehört und diese damit der Großaktionär von Babcock ist, gibt es bei den "Kernbanken""keinen,...der bei der Vergabe neuer Kredite vorangehen könnte". Haben sich damit die Banken und besonders die sozialdemokratisch geführte WestLB für den Konkurs entschieden? "Nach Informationen der Welt haben sich führende Bankenvertreter und der Vorstand des wirtschaftlich angeschlagenen Konzerns in dieser Woche darauf geeinigt, Babcock notfalls in die Insolvenz zu führen, um durch dieses Verfahren eine Entschuldung und Neuausrichtung erreichen zu können" (Welt 22.6.02). Ein Babcock-Sprecher zum Insolvenzantrag: "Wenn das nötig ist, werden wir das machen".

Die Belegschaft muss genauso das Recht bekommen die Geschäftsbücher, Konten und Unterlagen zu kontrollieren wie die Unternehmensberater! Es gibt genug Kolleginnen und Kollegen, die dafür qualifiziert sind. Schließlich geht es um unsere Arbeitsplätze.

 

Das "Restrukturierungskonzept"

Drei Gruppen sollen für das Restrukturierungskonzept der Beraterfirma Berger "Opfer" bringen:

Alles redet über Lohnverzicht, niemand über Neuber!

Seit einer Woche reden Banken, Unternehmensberater, Großaktionäre, Woriescheck, Melchior, IG Metall und Westfeld über unseren Lohnverzicht, als wenn unsere Löhne und Gehälter für die Existenzkrise des Babcock-Konzerns verantwortlich sind. Besitzer der Babcock Borsig ist mit 17,4 % die SPD-geführte NRW-Landesbank WestLB. Seit fast einem Dutzend Jahren ist der Aufsichtsratsvorsitzende der Babcock Borsig der (ex)Vorstandsvorsitzende der WestLB, Friedel Neuber (SPD). Neuber holte Lederer und Schmiedeknecht. In SPD-Kreisen wurden sie als Vorzeigemanager gefeiert. Als WestLB-Chef hatte Neuber alle Informationen über Babcock, die er brauchte. Er konnte jederzeit den Konzern von Wirtschaftsprüfern und Unternehmensberatern durchleuchten lassen. Wenn jetzt überraschend 2 Mrd. Euro Verbindlichkeiten aufgelaufen sind, dann hätten Neuber und die WestLB das verhindern können.

Verantwortlich für die Krise bei Babcock Borsig sind:

1. Die Banken. Sie "zwangen" Lederer "zum Kurswechsel" und "verlangen die Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 500 Mio. Euro, das die Tochter HDW der klammen Mutter gewährt hatte" (Capital 16.5.02). "Diese strategische Kehrtwende im Babcock-Geschäft" wird "von vielen Branchenkennern auch als ursächlich für die aktuell bedrohliche Schieflage gesehen" (Reuters 23.6.02). Seit Jahr und Tag bekommen die Banken jede Mark und jeden Euro, die sie in den Konzern steckten, mit Zins- und Zinseszins, Immobilien und Geschäftsanteilen zurückbezahlt.

2. Die riesige Blase von Vorständen, Geschäftsführern und Prokuristen imunüberschaubaren Firmengewimmel des Konzerns. Auch die auseinanderlaufende Konzernstruktur konnte nur mit Neubers Zustimmung geschaffen werden.

 

Lohnverzicht wofür?

Außer den Spitzenbetriebsräten Westfeld, Jansen und Werner glaubt niemand in der Belegschaft, mit 50 Mio. Euro Lohnverzicht einen Konzern mit 2 Mrd. Euro Verbindlichkeiten sanieren zu können. Ein Unternehmen, das sogar seinen "lieben Mitarbeitern" in die Tasche greifen muss, ist nach den Gesetzen der kapitalistischen Marktwirtschaft nicht zu retten. Was haben uns Manager und Oberbetriebsräte bei dem letzten Lohnopfer nicht alles versprochen. Sollte nicht alles besser und der Konzern wieder auf die Beine gestellt werden? Und wozu haben Vorstand, Aufsichtsrat und SPD-Betriebsratsspitze die Zeit genutzt? Erst vor kurzem haben der Aufsichtsratsvorsitzende Neuber und sein Stellvertreter Westfeld dem "Vorzeigemanager" Lederer einen neuen 5-Jahres-Vertrag hinterhergeworfen.

Aus der sozialistischen Betriebszeitung Was tun bei Babcock, Nr. 116 vom 24.6.2002


SPD-Landesregierung verweigert Babcock die Bürgschaft

Auf nach Düsseldorf!

Die sozialdemokratische NRW-Landesregierung verweigert die Bürgschaft zur Rettung des Babcock-Konzerns. "Vor finanzielle Versprechungen scheue die Regierung zurück, sagte Schwanhold" (Süddeutsche Zeitung, 25.6.02). Der NRW-Wirtschaftsminister wörtlich: "Dass es zu einer Landesbürgschaft kommt, halte ich für unwahrscheinlich". Dagegen war das Land NRW Ende vergangenen Jahres bei der LTU eingesprungen. Damals wurden 90 Prozent eines Darlehens von 120 Mio. Euro abgesichert. Warum nicht auch bei Babcock? Schließlich ist das Land über die Landesbank WestLB der Großaktionär von Babcock und kontrolliert 17,4% der Babcock-Aktien.

Legte es die WestLB auf die gezielte Zerschlagung des Babcock-Konzerns an?

Verursacher der Existenzkrise von Babcock war die WestLB. Auslöser war der Verkauf der HDW an die One Equity Partners (OEP). Der Vorstandsvorsitzende Lederer war nicht Eigentümer von Babcock Borsig. Ohne Zustimmung des Hauptaktionärs WestLB konnte er die HDW gar nicht verkaufen.

Für das Ultimatum der Banken an die Mutter Babcock, der Tochter HDW den internen 500 Mio. Euro-Kredit zurückzuzahlen, trägt die WestLB die Mitverantwortung!

Den Verkauf der HDW an die US-Bank hat die WestLB voll zu verantworten. Der frühere WestLB-Vorsitzende Friedel Neuber ist sowohl der Aufsichtsratsvorsitzende der Babcock Borsig wie der Aufsichtsratsvorsitzende der Preussag. Lederer konnte ohne die Zustimmung seines Babcock-Aufsichtsratsvorsitzenden Neuber genausowenig die HDW-Anteile verkaufen wie der Vorstandsvorsitzende der Preussag ohne die Zustimmung seines Aufsichtsratsvorsitzenden Neuber. Neuber führt in beiden Aufsichtsräten nicht als irgendeine Person den Vorsitz. Er vertritt dort die Westdeutsche Landesbank und ist vertraglich an ihre Interessen gebunden.

Die SPD-Grüne-Regierung muss die Bürgschaft zur Erhaltung des Babcock Konzerns im Eilverfahren bewilligen!

Wir wollen Aufklärung von der Clement-Regierung als Haupteigner über die Machenschaften der WestLB und ihres Vertreters Neuber beim HDW-Verkauf!

Auf nach Düsseldorf? Das werden die SPD-Betriebsräte um jeden Preis verhindern wollen.

 

Kommentar: Wie die Studenten...

Ob eine Studentin streikt oder in Japan fällt ein Sack Reis um - die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Studistreiks sind gleich Null. Als aber NRW-Ministerpräsident Clement Studiengebühren von 50 Euro pro StudentIn und Semster zur Finanzierung des Haushalts und des Metrorapid erheben wollte, demonstrierten 35.000 StudentInnen in Düsseldorf. Viertausend besetzen die Kölner Rheinbrücken, Zweitausend durchbrachen die Bannmeile und stürmten den Landtag. Clement mußte einen Rückzieher machen. Nicht weil er wirtschaftlich, sondern weil er politisch unter Druck kam. Denn im September sind Bundestagswahlen!

Clement braucht jeden Euro und jeden Cent der landeseigenen WestLB. Deshalb die Liquidierung des "Kostenträgers" Babcock ob mit Konkurs oder ohne. Das "Aus" sollte vor der Wahl durchgezogen werden - ohne Aufsehen und Proteste.

Aber wir haben eine Chance:

Wenn sich 35.000 StudentInnen in Düsseldorf durchsetzen können, warum können dann nicht auch 15.000 Babcock-Beschäftigte mit einer Sternfahrt zum Landtag und zur WestLB der SPD-Regierung Druck machen? Die Belegschaft hat am Montag gezeigt, dass sie zu Aktionen bereit ist.

Die SPD-Grüne-Regierung muss die Bürgschaft zur Erhaltung des Babcock Konzerns im Eilverfahren bewilligen!

Wir wollen Aufklärung von der Clement-Regierung als Haupteigner über die Machenschaften der WestLB und ihres Vertreters Neuber beim HDW-Verkauf!

Aus der sozialistischen Betriebszeitung Was tun bei Babcock, Nr. 117 vom 26.6.2002

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