Die Aldous Huxley Revival Serie Brave new world (5)

AUTOBAHN : VERSCHWUNDEN ?

 

Eine Autobahn verschwindet. Einfach so. Kein Protest des ADAC ("Freie Fahrt für Frustbolzen"). Auch kein Jubelstürme bei Gegnern des Autowahns. Der Grund: Es handelt sich um die einst vielbeschworene Datenautobahn.

Der Trend ist - wie immer - in den USA weiter: Die zehn größten Zeitungen des Landes hatten 1995 noch über 4.500 Artikel zum "Information superhighway" veröffentlicht. Das wurde jedes Jahr weniger. Im letzten Jahr waren es noch knapp 900. Dafür gab es 95 ungefähr 900 Artikel zu äE-Commerceô in denselben Blättern. Das ist explodiert: 1999 war elektronischer Handel Gegenstand von mehr als 20.600 Artikeln... Ein beliebiges Indiz? Es kann ja mal jemand für die BRD nachzählen. Daselbe, wie immer. Etwas hinterher.

Wer noch mehr hinterher ist: Natürlich wieder mal jene GewerkschafterInnen, die noch auf jeden Zug aufspringen, der längst aufs Abstellgleis dirigiert ist. Die unter verschiedensten Firmenschildern (mit Vorliebe "neu" oder "jung", selten "kreuzdoof") ihre Modernität demonstrieren wollen und Sandkastenspiele um die Informationsgesellschaft spielen. Selbst die "Väter des Web" in Genf kritisieren schon die Kommerzlastigkeit aller Neuerungen.

Aber: Warum soll das überraschend sein?

Filme werden nur nach Einspielergebnis beurteilt. (Und ich denke - Nationalismus hin oder her - in Frankreich gibt es wenigstens Grund, das eigene Filmschaffen zu verteidigen...) Bücher sind heute nach 4 Monaten unter Remmitenten zu finden. Tageszeitungen? Zeitschriften? Gerade mal Gewerkschaftsvorsitzende bringen sie noch in Zusammenhang mit irgendeinem angeblichen Auftrag: In derselben Woche, da Detlev Hensche im "Forum" der IG Medien emtsprechend argumentiert, kommen leider - für ihn - auch die wichtigen Fakten ans Licht.
Focus hat letztes Jahr 7233 Anzeigenseiten verkauft, der Spiegel nur 6141.

Warum also soll das ausgerechnet im Internet anders sein? Von den großen Phrasen der Weltveränderung, des wirtschaftlichen Aufbruchs, großer Karrierechancen und so weiter, bleiben zwei: Einkaufsbummel jetzt rund um die Uhr zuhause, dabei schon sich abzeichnend der nächste Niedriglohnsektor. Und: die Potenzierung hirnverbrannter TV-Talkshows qua digitaler Videokamera auf dem eigenen Scheißhaus - aber mit Werbebanner.

Immer schneller ins Bildschirmkaufhaus. Immer mehr Demonstrationen einer Individualität, die so uniformiert ist, wie die Zivilgesellschaft des olivgrünen Fischer. Brave new world. Wirklich.

Und die Datenautobahn? Einmal abgesehen davon, daß die Welt eben nicht nur zwischen 0 und 1 liegt, hilft für produktives Nutzen nur selber basteln: Auch das ist nicht anders als bei anderen Medien. Das kann ruhig ein Feldweg sein, auf dem Kentnisse ausgetauscht werden. Die Entdeckung der Langsamkeit - eben.

Helmut Weiss

 


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