letzte Änderung am 22.Dezember 2003

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Der Erfolg von rbbprotest: Bewertung der Ergebnisse

Mancher mag ja gar nicht so recht glauben, daß rbbprotest tatsächlich einen großen Erfolg erzielt hat, darum wird im folgenden Punkt für Punkt beschrieben, was wir tatsaächlich erreicht (und was wir nicht erreicht haben).

Der eine oder andere hat in den letzten Wochen, obwohl wir uns alle Mühe gegeben haben, den Überblick verloren, wie der Stand der Auseinandersetzung war und wie es nun aussieht.

Zur Dienstanweisung

Eine Dienstanweisung ist an sich etwas normales. Es ist das Mittel, mit dem Oberchefs ihren festangestellten Mitarbeitern, darunter auch den Unterchefs, sagen, was sie zu tun und zu lassen haben. Insofern konnte es für uns Freie nur immer um die Inhalte der Dienstanweisung und nicht um das Symbol Dienstanweisung (das Symbol war allenfalls für die Kampagne wichtig) gehen. Dienstanweisungen können Oberchefs den lieben langen Tag erlassen.

Die Ausgangslage

Am Anfang der Auseinandersetzung bestand die Gefahr, dass hunderte von uns - vornehmlich aus juristischen Gründen - aus dem System fallen und zig andere durch abgesenkte Prognosen in arge soziale Probleme geraten würden. Das Problem des reinen Abbaus von freier Mitarbeit durch die Fusion stand dabei nicht im Vordergrund, für die weit größere Zahl bedrohlich waren juristische Vorschriften, die zu einem Ersatz freier Mitarbeiter durch andere freie Mitarbeiter "vom Markt" geführt hätten. Insofern hat rbbprotest sich für die Mitarbeiter im Haus und in gewisser Weise gegen neue Kollegen von draußen eingesetzt. Das ist aber zu rechtfertigen, da die vorhandenen Mitarbeiter schon seit Jahren sich mit dem Haus identifizieren und Einsatz bringen (viele haben ihr gesamtes bisheriges Arbeitsleben im Haus verbracht) - daraus erwächst in schwieriger Zeit u.a. auch eine (abgesehen von rechtlichen Fragen) besondere moralische Verpflichtung der Geschäftsleitung diesen Mitarbeitern gegenüber.

rbbprotest hat sich zu keinem Zeitpunkt für Berliner Kollegen gegen Potsdamer Kollegen eingesetzt. Das war immer ein bösartiges Gerücht, das durch das jetzige Ergebnis - wie noch zu zeigen sein wird - endgültig widerlegt ist.

Zu den Rahmenverträgen

Seit Beginn der Kampagne hatte schon in den letzten Wochen durch erzwungene Veränderungen in der Dienstanweisung eine Verlagerung weg von den Juristen und wieder hin zu den Programmen stattgefunden (u.a. Einbeziehung der Programmchefs in das Verständigungsverfahren etc.) Diese Verlagerung ist durch die von uns in schwierigen Verhandlungen erstrittene Erklärung der Intendanz untermauert worden. Es heißt dort nämlich nun bezogen auf die 6-Jahres-Grenze, dass das Beschäftigungsverhältnis nicht beendet wird, "wenn und soweit der programmliche Bedarf besteht und die bekannten Voraussetzungen freier Mitarbeit erfüllt sind". Damit muß niemand mehr gehen, den ein Jurist loswerden will, den ein Programmchef jedoch behalten möchte (an diesem Punkt waren besonders viele Mitarbeiter bedroht). Wenn ein Programm wegfällt oder der Mitarbeiter schlechte Arbeit leistet, kann er gleichwohl nicht weiterbeschäftigt werden. Eine generelle Beschäftigungsgarantie für Freie wäre nicht zu verhandeln gewesen und das haben wir daher auch nie versucht. Wir setzen aber darauf, dass für diese tatsächlichen Härtefälle der Fusion durch Gespräche, die noch im Januar beginnen, möglichst soziale und/oder solidarische Lösungen gefunden werden können. Daß es diesen Gesprächsprozeß unter Beteiligung von Freienvertretern und Gewerkschaften jetzt gibt, ist für den weiteren Fusionsprozeß von großem Wert.

Ein bisschen "tricky" ist der auf den ersten Blick tautologische zweite Teil des Satzes: "...und die bekannten Voraussetzungen freier Mitarbeit erfüllt sind". Das bezieht sich darauf, dass ein Programmchef zu der Erkenntnis gelangt, ich habe eine Freien Mitarbeiter, der ist aber gar kein Freier Mitarbeiter und daher muß ich ihn mal eben schnell vor die Tür setzen , bevor irgendjemand anders feststellt, dass er gar kein Freier Mitarbeiter ist. Zum einen wären unseres Erachtens auch dies "rein juristische Gründe", zum anderen, und das ist wichtiger, appellieren wir an diesem Punkt an die Geschäftsleitung, Ordnung im rbb zu schaffen, d.h. die Programmchefs schlicht daran zu erinnern, daß sie sich besonders an § 1 der Dienstanweisung (Grundsätze freier Mitarbeit) halten sollen. Nicht von heute auf morgen, sondern nach und nach. Es kann doch nicht sein, dass ein Programmchef genau weiß, dass er einen eigentlich Festanzustellenden wie einen Freien beschäftigt! In solchen Fällen sollte sich eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt schlicht an die Gesetze halten - hier hieße das: Zeitvertrag oder Festanstellung. Insofern gehen wir davon aus, dass die Geschäftsleitung nicht den zweiten Teil des Satzes nutzen will, um ihre eigenen Zusagen zu konterkarieren. Wenn die Zusage der Geschäftsleitung bei den Verhandlungen steht, das sie einen Tarifvertrag im dort definierten Sinne verhandeln will, muß ohnehin nach und nach im Haus wieder klarer feste und freie Mitarbeit voneinander geschieden werden.

Einigung auf Potsdamer Kosten?

Das Ergebnis bedeutet insgesamt, daß viele Rahmenvertragsverhältnisse, von denen es in Berlin deutlich mehr als in Potsdam gibt, erhalten bleiben. Bedeutet das nun, daß es für Potsdamer schwieriger wird, an Aufträge heranzukommen? Nein, denn Rahmenvertrag bedeutet nur Beschäftigungsmöglichkeit, etliche in Berlin haben mit Rahmenverträgen de facto unter der Prognosegrenze gearbeitet. Wenn es also insgesamt weniger Arbeit geben sollte, gibt es für alle weniger, egal ob Rahmenvertrag oder Prognose. Die Entscheidung, weniger Arbeit solidarisch zu verteilen, liegt bei den Programmverantwortlichen oder - noch besser - bei den Mitarbeitern. Solidarische Modelle haben in diesem Fall nichts mit der Vertragssituation zu tun.

Veränderung der Prognosegrenzen

Ganz konkrete Verbesserungen gegenüber den ursprünglichen Plänen hat es für die Bereiche Schnitt, Kamera und Regie gegeben. Hier ist die für viele bedrohliche 7-Tages-Prognose gefallen - und es können weiter, für viele in Potsdam sogar erstmals 120 Tage im Jahr gearbeitet werden. Es ist nicht gelungen, die 7-Tages-Prognose ganz zu Fall zu bringen. Das bleibt ein Ziel für die Tarifverhandlungen. Wer aber bisher mehr als 7 Tage gearbeitet hat, sollte dies auch weiterhin tun können. Sondervereinbarungen werden fortgeschrieben. Bei wem das nicht der Fall ist, der sollte sich melden. Das wäre ein Thema für die Gespräche im Januar.

Fortschreibung der Sondervereinbarungen Sondervereinbarungen, die über 120 Tage im technischen Bereich lagen (vor allem Kameraassistenten Berlin), werden unverändert fortgeschrieben. Dagegen hatte sich die Geschäftsleitung bis zuletzt sehr vehement gewehrt. Da in diesen Sondervereinbarungen Beschäftigungsgarantien gewährt werden, machen sich in Potsdam einige Sorgen, diese Abmachung könnte zu ihren Lasten gehen. Anders als bei den Rahmenverträgen ist diese Sorge mittelfristig nicht gänzlich unbegründet. Allerdings hätten sich viele Kameraassistenten umstandslos einklagen können, sie haben also nur erworbene Rechte verteidigt, dieses Recht konnte man ihnen nicht verwehren. Andererseits ist klar, sollte der Fall, daß es tatsächlich zu wenig Arbeit gibt, eintreten (gegenwärtig kann das niemand einschätzen), muß über die Situation geredet werden - und eine Entwicklung, nach der Potsdamer, die mit niedriger Prognose arbeiten, durch Berliner mit Sondervereinbarungen ins soziale Aus gedrückt werden, können wir von rrbprotest uns nicht vorstellen, da müßte man, sollte diese Situation wirklich eintreten, einen Ausgleich finden.

Gehen diese Vereinbarungen für die "Fest-freien" zulasten der "Vogelfreien"? Natürlich ist es noch viel schwieriger für Kollegen, die gar keinen "Status" im Sender haben, und dennoch oft seit Jahren hier arbeiten, zu verhandeln. Insbesondere wenn eine Forderung, alles soll so bleiben wie es ist, von vornherein als unrealistisch ausscheidet. Dennoch hat sich in den letzten Wochen die Situation auch für diese Kollegen verbessert. rbbprotest hat erst am 12. Nov. begonnen. Das sollte jeder, der von vorher gefallenen Entscheidungen betroffen ist, berücksichtigen. Künftig gibt es aber nicht nur eine sehr wichtige Vernetzung, es gibt auch einen Gesprächsprozeß, der möglicherweise nicht in jedem speziellen Einzelfall, aber mindestens bei typischen Fällen helfen kann, konkrete Lösungen zu erreichen. Es liegt auch an Euch! Das Schicksal, unbemerkt aus dem Sender gedrückt werden, muß niemandem mehr wiederfahren. Jeder weiß jetzt, wohin er sich wenden kann. Die Strukturen von rbbprotest bleiben aktiv, sie werden weiter ausgebaut. Das könnte in vielen konkreten Fällen helfen.

Fazit

rbbprotest wollte in einer konkreten Situation konkrete Ergebnisse erzielen. Wer sich unseren Einigungsvorschlag ansieht, wird feststellen, daß wir uns in zentralen Punkten durchgesetzt haben, über 90 Prozent dessen, was wir wollten, haben wir erreicht. Wir sind zufrieden - bis hierher. Es wartet noch viel Arbeit, der Fusionsprozeß ist noch lange nicht bewältigt. Die Gespräche gehen schon im Januar weiter, bald darauf werden die Tarifvertragsverhandlungen beginnen. Wir hoffen, daß wir als Mitarbeiter im neuen Jahr auf einer neuen Basis mit der Geschäftsleitung kommunizieren können. Die Freien im rbb wissen jetzt, was sie erreichen können, sie wissen, daß sie Rechte haben und das dafür zu streiten lohnt - sie wollen keine Almosen, sondern nichts weniger als für ordentliche Arbeit ordentlich behandelt werden.

Die Härte der Auseinandersetzung hat auch uns keinen Spaß gemacht. Wir werden rbbprotest im neuen Jahr umbenennen, auch um von unserer Seite deutlich zu machen, daß wir uns nicht als Gegner, sondern als Partner der Geschäftsleitung verstehen - dafür müssen wir aber auch als solche akzeptiert werden.

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