Dieter Kaddoura, Mitarbeiter im Büro MdB Winfried Wolf
Der Vorstandsvorsitzende der DB AG, Hartmut Mehdorn, bestätigte Ende Januar vor dem Bundestags-Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen seine Absicht Personal abzubauen. Er präzisierte die Überlegungen der Bahn-Konzernleitung, jährlich den Personalbestand um etwa 15.000 Eisenbahnerinnen und Eisenbahner zu verringern, damit bis zum Jahr 2004 die Zielgröße von etwa 70.000 weniger Beschäftigten erreicht werden könne.
Ob dies noch Absichtsbekundung oder schon Alltagsrealität ist, dürften die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahn am ehesten spüren. Sie wurden per Rundschreiben durch ihren neuen Chef bereits über die vorgesehenen Maßnahmen unterrichtet. Dabei wurde die Personalvermittlung genannt, sowohl bahnintern als auch an Dritte.
Weitervermittlung intern
Für alle, die bei der Deutschen Bahn AG direkt vom Arbeitsplatzverlust betroffen waren, setzte die Weitervermittlung bisher in der Regel bei der internen Personalhilfe an. Damit konnten Tausende Eisenbahnerinnen und Eisenbahner, hauptsächlich von der Deutschen Reichsbahn aus den neuen Bundesländern, innerhalb der Konzern-Unternehmen neue Bahnarbeitsplätze finden; meist in den alten Bundesländern, aber oft fern von zu Hause, und fern von Familie oder Freunden.
Arbeitgeberwechsel
Allerdings zeigen sich hier Sättigungserscheinungen, so dass vielen Bahnbeschäftigten bei drohendem Arbeitsplatzverlust heutzutage ein Wechsel zur DB Arbeit GmbH nahegelegt wird. Die aus dem ehemaligen Dienstleistungszentrum Arbeit der Deutschen Bahn (DZA) entstandene neue Bahn-Tochtergesellschaft konnte schnell an Profil gewinnen, zum einen als "bahninternes Arbeitsamt", zum anderen nach außerhalb, als externer Personal-Dienstleister.
Bahnbeschäftigte, die ihre Arbeitsplätze verlieren, werden Mitarbeiter von DB Arbeit. In den neu geschlossenen Arbeitsverträgen werden zwar Arbeitszeiten und Monatstabellenentgelte vereinbart, aber keine konkreten Tätigkeiten. Stattdessen wird die Einstellung der Arbeitnehmer zum Zwecke der beruflichen Neuorientierung vertraglich fixiert. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DB Arbeit GmbH, die zum so genannten "Overhead" gehören, müssen zunächst die Leistungspotenziale ihrer "neuen Kollegen" ermitteln. Danach werden so genannte Zielvereinbarungen getroffen, wozu auch Umschulungs- oder Weiterbildungsmaßnahmen gehören. Die Arbeitsverträge mit der DB Arbeit verpflichten zur Übernahme befristeter Tätigkeiten, und wenn die damit verbundene tägliche An- und Abreise mehr als 150 Minuten dauert, dann locken Sonderzahlungen; z. B. einmalige pauschale Vergütungen von 500,- DM je angefangene zusätzliche Viertelstunde (bis maximal 5000,- DM), sofern die befristete Tätigkeit sechs Monate überschreitet.
Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung
Die DB Arbeit bietet die Ex-Bahnbeschäftigten als eigene Mitarbeiter, zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung oder zur "Arbeit auf Zeit" sowohl Unternehmen des DB-Konzerns als auch externen Unternehmen an. Sogar Beamte, die mit Gründung der Deutschen Bahn AG vom Bundeseisenbahnvermögen an die Bahn zugewiesen wurden, werden im Rahmen von Dienstleistungsüberlassungen vermittelt. Deren Sonderstellung aber macht die Vermittlung nicht einfacher.
Die Regelungen des Deutsche-Bahn-Gründungsgesetzes sehen vor, dass die Bahn in betrieblichen Belangen weisungsberechtigt ist. Zwar werden die etwa 60.000 bis 70.000 der Bahn zugewiesenen Beamten weiterhin als solche bezahlt, doch je nachdem ob sie primär manuell-technisch bzw. büromäßig oder kaufmännisch tätig sind, werden sie bei der DB AG als Arbeiter bzw. als Angestellte geführt. Das Bundeseisen bahnvermögen bezahlt zwar deren volle Bezüge, doch die Bahn AG muss die tatsächlichen Personalkosten, die für vergleichbare Mitarbeiter anfallen würden, an das Bundeseisenbahnvermögen zurückzahlen.
Mit zunehmendem Rationalisierungsdruck fällt es daher den Betriebsteilen der Bahn AG immer schwerer, genügend höher bewertete Arbeitsplätze für Eisenbahner, insbesondere aus dem Kreise der zugewiesenen Beamten, bereit zu halten.
Dies trägt dazu bei, dass künftig immer öfter ältere und höher bezahlte Eisenbahnerinnen und Eisenbahner den Weg zur DB Arbeit antreten müssen, was das Vermittlungsgeschäft der DB Arbeit angesichts der allgemein angespannten Arbeitsmarktlage zusätzlich belastet. Oft nämlich bleiben die Vermittlungsversuche erfolglos, und oft fühlen sich die betreuenden "Overhead-Mitarbeiter" der DB Arbeit mit den Einzelschicksalen der zu vermittelnden Kolleginnen und Kollegen schon heute erbarmungslos alleingelassen.
Wie viele werden tatsächlich vermittelt?
Laut DB-Kundenzeitschrift Bahnzeit (Gesamtausgabe, September 1999) hat DB Arbeit im ersten Halbjahr bundesweit 757 Mitarbeitern zu festen Stellen verholfen. Diese Zahl wäre nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein, sollte zutreffen, was die Mitarbeiterzeitung "DB Arbeit intern" in der Oktoberausgabe auf Seite 6 an unterschiedlicher Stelle zwischen den Zeilen versteckte: Rund 85 Prozent der DB-Arbeit-Mitarbeiter seien in Personalüberlassung, und mehr als die Hälfte davon sei inzwischen fest angestellt.
Deshalb ist es durchaus denkbar, dass die neuerlichen Personal-Sparpläne der Bahn-Konzernspitze in den 13 Niederlassungen der DB Arbeit zu blankem Entsetzen geführt haben. Eingedenk der Probleme, die es mit sich bringt, Menschen in schwierigen Lebenslagen auf dem Arbeitsmarkt unter zu bringen, könnte durch den geplanten Abbau von jährlich etwa 15.000 Eisenbahnerinnen oder Eisenbahnern einiges auf die DB Arbeit zukommen.
Kooperation mit dem Zeitarbeitsunternehmen Randstad
Indessen ist es keinesfalls sicher, dass "Zusatzangebote" an DB-Arbeit-Mitarbeitern auch "Abnehmer" finden werden; auch wenn die DB-Kundenzeitschrift Bahnzeit in der Septemberausgabe 1999 bezüglich DB Arbeit damit warb, das Unternehmen genieße einen guten Ruf, mit gutem Service für ihre Kunden, den ausleihenden Firmen, die auf Professionalität achten.
Es wird sich zeigen, wie hilfreich eine kürzlich eingegangene Kooperation der DB Arbeit mit dem Zeitarbeits-Unternehmen Randstad tatsächlich ist. "Wenn wir Ihrem Unternehmen einmal keinen geeigneten Mitarbeiter aus dem Mitarbeiterpool der DB Arbeit zur Verfügung stellen können, so setzen wir die Mitarbeitersuche über Randstad fort. Auch umgekehrt bezieht Randstad unsere Mitarbeiter bei der Realisierung von Aufträgen ein, wenn bei ihr keine geeigneten Mitarbeiter zur Verfügung stehen." Dies teilte die DB Arbeit in der zweiten Ausgabe ihres Kundenbriefes "Arbeitsblatt" Ende August 1999 mit.
Letzten Endes droht die Gefahr, dass Bahnbeschäftigte ganz an Zeitarbeitsunternehmen übergeben werden sollen, so dass ein späterer Verlust des Arbeitsplatzes nicht mehr der DB AG angelastet wird.
Was tun Betriebsräte und Gewerkschafter?
Einerseits ist die Rolle der DB Arbeit von Gewerkschaftsseite bislang weder unmittelbar noch öffentlich hinterfragt oder gar in Frage gestellt worden. Andererseits machen die von Gewerkschaftsseite geäußerten Presseverlautbarungen das Bemühen deutlich, dem Personalabbau gleichsam die bitterböse Spitze der Weitervermittlung von Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern zu nehmen. Dahinter dürfte die Überlegung stehen, eine jährliche Zielgröße von etwa 6000 weniger Beschäftigten könnte - bei derzeit rund 240.000 Beschäftigten insgesamt - eine Verringerung des Personal-Bestandes im wesentlichen über den natürlichen Altersabgang und Vorruhestandsregelungen möglich machen.
Grundsätzlicher positionierte sich der Konzernbetriebsratsvorsitzende Günter Kirchheim. Im Betriebsrats-Info (Nr.11 vom 25. Januar 2000) kommentierte er die Sparpläne des neuen Bahnchefs unter der Überschrift: "Unsere Eisenbahner wollen arbeiten, die Arbeit muss im Konzern bleiben", mit deutlichen Sätzen: "Die Mitglieder des 'Beschäftigungsbündnisses Bahn' ... wurden arbeitgeberseitig einer Zerreißprobe unterworfen ... die Konzernleitung gerät auf Grund der Vorgaben aus der Politik, wie dem künftigen Wegfall der Bundesmittel, dem wachsenden hauseigenen Schuldenberg und der selbst gesteckten Zielvorgabe der 'Börsenfähigkeit' immer mehr unter Druck". Er erinnerte an einstige Versprechen aus der Ära des Vorstandsvorsitzenden Dürr: "Keiner verliert seinen Arbeitsplatz und "Mehr Verkehr auf die Schiene" verbunden mit der Forderung: "Die Arbeit muss im DB-Konzern verbleiben und darf nicht an Dritte vergeben werden!". Er kommentierte die Formel der "vergleichbaren branchenüblichen Tarife" als schwammig und Arbeitgeber-Formulierung: "Woran soll die wiederholt bewiesene Leistungsbereitschaft der Eisenbahner bemessen werden? An den Dumpinglöhnen osteuropäischer Leiharbeiter?".
Angesichts der Hauptorientierung der Bahn, durch ständig neue Aus- und Untergliederungen faktisch das Unternehmen zu zerschlagen und Synergieeffekte zu verlieren, verdienen die Aktivitäten der regionaler Gewerkschafts- und Betriebsratsgliederungen künftig mehr Beachtung: Im Herbst des letzten Jahres konnten die Aktionen von Eisenbahnern des Bahnbaus Ost die Auflösung - und damit die beabsichtigte Auslagerung! - dieses hochproduktiven Betriebsteils der DB Netz AG vorerst verhindern. Dennoch zeichnet sich die Teilung in neue, eigenständige DB Gesellschaften (in GmbH-Rechtsform), getrennt für Sanierung und für Instandhaltung der Fahrweganlagen bereits ab.
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