Pressemitteilung vom 22. Februar 2000

Bahn: Radikaler Belegschaftsabbau konkretisiert

Zu dem Stellenabbauplan bei der Deutschen Bahn AG
erklärt der verkehrspolitische Sprecher der PDS im Bundestag, Winfried Wolf

Im aktuellen "Spiegel" behauptet der neue Bahnchef: "Ich habe nie von 70.000 (abzubauenden) Stellen gesprochen."

Tatsächlich wurde von Mehdorn nicht nur mehrmals diese Zahl genannt. Der PDS liegen nun auch konkrete, auf die einzelnen Aktiengesellschaften der Bahn "heruntergebrochene" Zahlen für den Belegschaftsabbau im Zeitraum 1999 bis 2004 vor (siehe Tabelle in Anlage).

Die Addition ergibt 64.545 abzubauende Stellen; einschließlich nicht aufgelisteter übriger DB-AG-Gesellschaften könnten damit die 70.000 überschritten noch werden. Im Schnitt soll das Bahnpersonal um knapp ein Drittel reduziert werden - nachdem es seit 1990 bereits halbiert wurde (minus 230.000) bzw. nachdem seit Gründung der AG 1994 bereits mehr als 120.000 Arbeitsplätze zerstört wurden.

Allein für das noch laufende Jahr 2000 ist ein Abbau von 12.997 Personen fest eingeplant - und dies trotz Bahn-Sonderleistungen zur Expo. Erstmals geht es eindeutig auch darum, dass Bahnleistungen massiv reduziert werden.

Beispiel Lokführer:

Insgesamt sollen bis 2004 knapp 7000 Lokführer abgebaut werden. Das ist ein Rückgang um 29 Prozent. Allein im Jahr 2000 soll es bei DB Regio (minus 950), bei DB Reise und Touristik (minus 121) und bei DB Cargo (minus 637) einen Abbau von 1708 Lokführern geben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach Gewerkschafts-Berechnungen infolge des Überstundenbergs, den die Lokführer "vor sich herschieben", eigentlich rund 1000 Lokführer fehlen.

Beispiel Service:

Im Bereich der "Station & Service AG" soll es einen Zuwachs beim Servicepersonal geben (bis 2004 um +25%). Das ist löblich, aber andererseits wird bei der Bahn dennoch der Service abgebaut. Beispielsweise soll  die Zahl der Zugbegleiter von 12.575 in 1999 auf 6566 in 2004 halbiert werden. Das muss den Service im allgemeinen und die Attraktivität vornehmlich des Nahverkehrs im besonderen massiv absenken.

Die detaillierten Zahlen belegen dreierlei:

Die Gewerkschaften und die Umweltverbände tun gut daran, gegen diese Ziel Sturm zu laufen. Die PDS wird diesen Widerstand unterstützen.

 

Anlage: Tabelle zum geplanten Belegschaftsabbau bei der Bahn
Anlage zur Pressemitteilung vom 22. Februar 2000

Geplanter Stellenabbau bei der Bahn

  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 1999 2004  
DB Regio AG   Zugbegleitung 7859 3157  - 60%
  Instandhaltung 9099 5874 - 35%
  Lokomotivführer 11309 7735 - 32%
  Verwaltung 5938 4328 - 27%
  Rangierwesen 1134 848 - 25%
  Wagenuntersuchung 429 371 - 14%
  DB Regio AG 36888 23565  
  Geplanter Personalabbau:   - 13323 -36%

  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 1999 2004  
 DB Cargo AG   Vertrieb 3152 1383 - 52%
  Verwaltung 4237 2110 - 50%
  Instandhaltung 9083 5295 - 42%
  Rangierwesen 9691 6190 - 36%
  Wagenuntersuchung 2595 1770 - 32%
  Lokomotivführer 9174 7370 - 20%
  DB Cargo AG 40920 25798  
  Geplanter Personalabbau   - 15122 -37%

  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 1999 2004  
DB Station & Service AG  Service 3000 3997 +25%
  Verwaltung 2175 794 - 64%
  Instandhaltung 171 126 - 26%
  Vertrieb 283 231 - 18%
  DB Station & Service AG 5629 5148  
  Geplanter Personalabbau:   - 481 -  9%

  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 1999 2004  
DB Reise & Touristik AG Rangierwesen 1109 201 - 82%
  Wagenuntersuchung 582 236 - 60%
  Vertrieb 7213 4620 - 36%
  Lokomotivführer 3144 1692 - 35%
  Zugbegleitung 4716 3409 - 28%
  Verwaltung 3645 2699 - 26%
  Instandhaltung 3824 2852 - 25%
  DB Reise & Touristik AG 2470 16196  
  Geplanter Personalabbau:   - 8510 -35%

  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 1999 2004  
DB Netz AG Service 266 0 - 100%
  Schrankenwärter 1300 315 - 76%
  Vertrieb 766 186 - 76%
  Verwaltung 10173 5500 - 46%
  Stellwerke 28900 17170 - 41%
  Instandhaltung 23557 14682 - 38%
  DB Netz AG 64962 37853  
  Geplanter Personalabbau:   - 27109 -42%

DB Aktiengesellschaften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 173105 108560  
Geplanter Personalabbau: -64545 - 37%
Übrige DB (Tochtergesellschaften): (ca. 70000) ? ?%

                                                                                                                                                                      


Pressemitteilung vom 24. Februar 2000

Kahlschlag bei der Bahn-Belegschaft ist fest eingeplant

Zur Debatte um die von der PDS veröffentlichten konkreten Pläne
  zum Abbau der Belegschaft bei der Deutschen Bahn AG
  erklärt der verkehrspolitische Sprecher der PDS im Bundestag, Winfried Wolf:

Die gestern veröffentlichten Tabellen mit dem eingeplanten Abbau der Belegschaft bei der Deutschen Bahn AG und ihren einzelnen "Töchtern" hat ein erhebliches Medienecho ausgelöst (u.a. in der "Frankfurter Rundschau", in "Die Welt", im RTL- und im ZDF-Fernsehen). Bahnchef Mehdorn dementierte die Pläne und sprach gegenüber einem Wochenmagazin davon, diese Zahlen habe sich "der Herr Wolf selbst zusammengeschrieben". Inzwischen hat die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED) die Existenz dieses Papiers, das vom Bahn-Top-Management stammt, bestätigt ("Welt" vom 24. Februar). Damit steht fest:

Schutzbehauptungen

Die Aussagen Mehdorns, dieser Stellenabbau von rund einem Drittel oder 70.000 Jobs drohe nur, wenn "nichts passiert", sind reine Schutzbehauptungen. Bereits jetzt wird der in diesem Rahmen eingeplante Abbau von 12.997 Personen allein im laufenden Jahr 2000 umgesetzt - mit exakten Vorgaben für alle einzelnen Bahngesellschaften.

Abbau von Schienenverkehr

Vom Bahnmanagement wird eben nicht mehr geplant, mehr Verkehr auf die Schiene zu holen. Stattdessen wird von einem erheblichen Rückgang der Verkehrsleistungen ausgegangen. Wer z.B. die Zahl der Lokführer von 23.627 auf 16.797 reduzieren und allein hier knapp 7000 Stellen abschaffen will, der will Leistungen abschaffen.

Wenn Mehdorn erklärt, "Lokführer wollen lokfahren" und behauptet, diese würden oft einen großen Teil der Zeit keine Loks fahren oder - wegen Zwangspausen - "Karten spielen", dann ignoriert er komplett die realen Arbeitsbedingungen. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wenn die Überstunden allein in diesem Bereich abgebaut werden sollen, dann wären rund 1000 zusätzliche Lokführer erforderlich.

Ergänzend zu den Tabellen mit dem Belegschaftsabbau in den einzelnen Teilgesellschaften veröffentlichen wir nachfolgend die Zahlen zum konkret geplanten Personalabbau bei den verschiedenen Berufsgruppen (addierte Zahlen für die Aktiengesellschaften des DB-Konzerns):

Aktiengesellschaften
im DB-Konzern
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ist 1999 Soll 2004 Personalabbau
1999 bis 2004
Berufsgruppen (Auswahl) Zugbegleitung 12575 6566 - 6009 - 48%
  Verwaltung 26168 15431 - 10737 - 41%
  Rangierwesen 11934 7239 -   4695 - 39%
  Instandhaltung 45734 28703 - 17031 - 37%
  Wagenuntersuchung 3606 2377 -   1229 - 34%
  Lokomotivführer 23627 16797 - 6860 - 29%
  Vertrieb und Service 14680 10417 -   4263 - 29%

 

Kahlschlag-Konzept

Dabei wird deutlich: Der Abbau der Lokführer um 29 Prozent wird bei den anderen Berufsgruppen sogar übertroffen. Das Programm des Bahnvorstands heißt: Kahlschlag beim Personal.

Ergänzt um die verkehrspolitischen Konzeptionen des Managements (wie der Konzentration des Personenverkehrs auf neun "Knoten") wird deutlich: Auf diese Weise wird die Bahn gegen den Prellbock gefahren.


 


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