Kurzarbeit – Feierschichten: für uns kein Grund zum Feiern!

Für die Kumpel von sechs Schachtanlagen schlug die Nachricht ein wie eine Bombe. Den sie wissen aus der Vergangenheit, was es für sie persönlich bedeutet: höchstens 90 Prozent des Lohnes an Feierschichten, und das zu einer Zeit, da gerade Geld fehlt und an Freizeit kein Mangel ist. Und für einen Teil, der nicht in Kurzarbeit geht, bedeutet es nur noch für den Pütt da zu sein.

Bereinigt um bereits im Voraus abgenommene Mengen können 1,4 Millionen Tonnen nicht an die Stahlindustrie abgesetzt werden. Sie sollen nicht gefördert werden. Der Koksabsatz wurde bis ’97 durch den Hüttenvertrag geregelt: die Stahlindustrie deckte ihren Koksbedarf über die RAG ab. Nun müssen die Verträge zwischen den Koksabnehmern und der DSK einzeln verhandelt werden. Abgeschlossen ist, außer mit Salzgitter, kein Vertrag. Die Großabnehmer Thyssen-Krupp-Stahl (TKS) und andere setzten demzufolge immer mehr billige Importkohle ein, was zu geringeren Abnahmemengen aus heimischer Förderung führt. Außerdem gerät der DSK-Koks unter enormen Preisdruck. So scheint denn in der Profitgier der Stahlindustrie der Schuldige gefunden.

Indes, es ist deutlich anzumerken: der billige polnische Koks wird u.a. gerade von „RAG Handel und Vertrieb" importiert – und verkauft. Hier winkt der RAG zusätzlich Profit im Verhältnis zur Belieferung der Kunden durch die eigene Tochter DSK.

Und warum ist polnischer Koks billig? Unter anderem die RAG drückt durch ihre Einkaufstätigkeit den Kohlenpreis auf dem internationalen Markt. Daß die polnischen Kumpel (siehe unsere Meldungen) um ihre elementare Versorgung und ihre Arbeitsplätze ringen, daß polnische Kohlen billig exportiert werden und die Familien frieren, ist auch diesem Umstand geschuldet.

Aber bei der Durchsicht der Zechen, die in Kurzarbeit gehen, stellt sich eine weitere Frage: wenn 1,4 Millionen Tonnen Kokskohle nicht absetzbar sind, warum ist dann eine Zeche, die hauptsächlich Kraftwerkskohle fördert wie Auguste Victoria dabei? Hier scheint jede Antwort Spekulation!

Warum hingegen ist die Kokszeche Ewald-Hugo nicht dabei? Hierzu hört man aus DSK-Kreisen, daß der „Abrahmeffekt" bei einer Zeche kurz vor ihrer Stillegung (keine Auffahrung oder Vorrichtung und daher günstige Förderkosten) für den Konzern lukrativ ist. Außerdem blieben eingeplante Mengen dann liegen. Das Gleiche gilt aber auch für die Zeche Westfalen; die ist aber trotzdem auf der Liste der Schachtanlagen, die Kurzarbeit fahren.

All das sind Ungereimtheiten, die nur vermuten lassen, daß die aufgelaufenen Förderprobleme lohnseitig vom Arbeitsamt abgedeckt werden und über „Strebbegradigung" und Ähnliches die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse aufgebessert werden sollen. Denn ohne Vorteile davon zu haben, hätte die DSK keine Kurzarbeit angemeldet. Zu alledem denn auch nur verständnisvolles Abnicken durch die IGBCE!!

Für uns hingegen bedeutet das alles weiteren Druck. Die Freizeitansprüche aus ’98, die massig ins Jahr ’99 geschoben wurden, müßten vorher abgebaut werden, da sonst kein Kurzarbeitergeld bezahlt wird. Das geht ins Geld und schließt persönliche Wünsche der Kumpel bei der Freizeitplanung aus. Von den durch das Arbeitsamt geforderten Mindestlohneinbußen von 10 Prozent war schon die Rede.

Außerdem ruht die ganze Last der Mehrarbeit dann auf wenigen Schultern. Und aus Erfahrung wissen wir doch alle von Förderung auf Feierschichten. Wenn angesichts alldessen dann noch die Gerüchte sich verdichten, daß erstmalig vom Weihnachtsgeld zusätzlich Freischichten eingekauft werden sollen, dann kann man nur vermuten, daß dem Kumpel die Arbeit madig gemacht werden soll. Den Schuldigen indes soll der Kumpel überall ausmachen, bloß nicht im Unternehmensinteresse der RAG.