Vereinigte-Alternativen-Zeitung, Mercedes-Benz Lenkungen GmbH
7. Ausgabe vom September 1999

Der Systemreiniger - Giftcocktail oder notwendiges Übel?

Seit Jahrzehnten werden in der metallverarbeitenden Industrie Kühlschmierstoffe verwendet, die aus der unterschiedlichsten Zusammensetzung bestehen. Genauso lange sehen sich die Kolleginnen und Kollegen auch den sich daraus ergebenen Gefahren ausgesetzt. Gleichzeitig versuchten Chemiker die KSS zu verbessern und die gesundheitliche Gefährdung zu minimieren, gab es doch Erfahrungen das KSS in früheren Zeiten Krebs auslösen konnte.

Arbeiter starb 1993 an Dickdarmkrebs!

Der 34 Jahre alte Manfred D. arbeitete 6 J. an einer Rundschleifmaschine, davon 11 Monate – bis zu seiner Erkrankung mit dem KSS " Frigilux 23" D. nahm den Sprühnebel ungeschützt über Atmung und Hautkontakt auf. Von Gesundheitsrisiken hatte er keine Ahnung. Die Familie klagte gegen den Arbeitgeber. Das Landgericht Itzehoe urteilte (Aktenzeichen 60391/96) die Firma muss die Bestattungskosten, 150 000 DM Schmerzensgeld und rückwirkend ab 1994 eine Rente an die Hinterbliebenen zahlen.

Bis in die 80er Jahre rückten Kolonnen aus, die mehr oder weniger regelmäßig an den Maschinen die KSS austauschten. Nach Öffnen der KSS-Behälter bot sich ein Bild, das mit dem Ausdruck "Kloake" noch gelinde bezeichnet ist. Meist wurde erst dann dem Mitarbeiter klar, womit er Wochen oder Monate hantiert hatte. Teilweise bot sich dem Betrachter eine übel stinkende von dicken Schmantschichten durchzogene Brühe an. Bakterien und Pilze tummelten sich wie in einem für sie gebautem Hallenbad.

Das Personal der Ölwechsel-Kolonne bestand zumeist aus ausländischen Kollegen, die gerade erst nach Deutschland gekommen waren und der deutschen Sprache noch nicht so mächtig waren und keine Ahnung hatten mit welchem Stoff sie hantierten, von chemischen Formeln ganz zu schweigen. Die Vorgesetzten waren zumeist Deutsche, die sich wohl bewusst von dem damaligen KSS fernhielten.

Was sie aber nicht davon abhielt, ein paar "nette Witzchen" zu reißen, was wohl so eine Art Sicherheitsunterweisung in Ihrem Sinne darstellen sollte. Ungefähr auf diese Art: "Eh Ali, müssen denken dran immer Handschuhe tragen und nix essen, wenn nix gewaschene Griffel, dann kann passieren nix gutes"

Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den Maschinen ging es da ohne Zweifel besser - Sicherheitsunterweisungen liefen meist korrekt ab. Arbeitsschutzmittel waren vorhanden, zumindest in großen Firmen. In der Großindustrie gab es auch eigene Labors, die Zusammensetzungen überwachten. Ein bitterer Beigeschmack ist allerdings schon mal dabei gewesen, bestanden doch Verdachtsmomente, daß sie Unternehmensinteresse vertreten. Vor einigen Jahren kam dann ein sogenannter Systemreiniger auf den Markt, der konzentriert in das KSS gegeben, alle Pilze und Bakterien abtöten sollte. Also, ohne Zweifel ein Giftcocktail.

Aber auch ein notwendiges Übel, denn der umsichtige Umgang mit Systemreiniger bringt durch das Abtöten von Pilzen und Bakterien für die Kollegen Vorteile.

Befindet sich Systemreiniger in den Maschinen sollte möglichst nicht daran gearbeitet werden wird empfohlen. Um so unverständlicher ist es, das Laboranten und Chemiker, die im Unternehmen arbeiten, manchmal gegenteiliges befürworten, wo sie es eigentlich besser wissen müssten. Also wird teilweise immer noch der Gedanke gehegt: Stückzahl, Stückzahl - auf Teufel komm raus.

Wie wäre es wohl wenn, die Chemiker oder Meister an den Maschinen arbeiten müssten, wenn sich Systemreiniger in derselben befindet? Sie würden wohl antworten: "Tut mir echt leid, aber ich muss auf eine wichtige Besprechung". Zuguter Letzt: "Als damals von AL 3000 auf Rondocor umgestellt wurde hat die Firma bereits im 1.Halbjahr über 100 000 DM eingespart. (Durch Standzeitverlängerung und damit einhergehenden geringere Entsorgungs- kosten für KSS.")

 

Bericht von der Arbeitsgerichtsverhandlung des VA BR Klaus Specht

Am 13.07.99 um 11.00 Uhr fand vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf des Kündigungsschutzprozess des BR-Mitgliedes Klaus Specht gegen die MB-Lenk statt. Es waren 56 Zuschauer anwesend. Um 11.00 Uhr erklärt der Richter, daß der Ehrenamtliche Richter aus dem Arbeitgeberlager sich als befangen erklärt, da er jahrelang Personalchef im Werk 065 (Fahrzeugbau) gewesen sei und sich dem Unternehmen immer noch verbunden fühle.

[Anmerkung der Redaktion: Ein Arbeitsgericht in der 1. Instanz setzt sich immer aus einem hauptamtlichen Richter, einem ehrenamtlichen Richter aus dem Arbeitnehmerlager sowie einem ehrenamtlichen Richter aus dem Arbeitgeberlager zusammen.]

Der Richter fragt die Anwältin von K.S. und die AG-Vertreter, ob sie Stellung nehmen wollen. K.S. Anwältin erklärt, daß es bei diesem brisanten Prozess sinnvoll sei, einen anderen ehrenamtlichen Richter zu benennen. Die Vertreter der Geschäftsleitung der MB-Lenk sehen dies ebenso.

11.05 Uhr - das Gericht zieht sich zur Beratung zurück und bestellt einen anderen ehrenamtlichen Richter.

11.25 Uhr - der hauptamtliche Richter eröffnet die Verhandlung und gibt eine Einleitung über die Person K.S., seinen Lohn, die Firma und stellt fest, das es einen 15 köpfigen Betriebsrat gibt, in dem die Alternativen 4 Sitze haben und eine Zeitung namens VAZ herausgeben. Ebenfalls erklärt der Richter den Sachverhalt, wie er sich am 08.04.99 und 09.04.99 im Westerwald auf der außerordentlichen BR-Sitzung zugetragen haben soll und schildert die Vorgänge der Woche danach, als K.S. fristlos gekündigt wurde und die BR-Mehrheit zustimmte. Im Anschluss trägt der Richter Punkte aus der Klageschrift von K.S. vor.

11.35 Uhr - der Richter zitiert aus dem AG-Schriftsatz.

11.40 Uhr - der Richter erklärt, das bei normalen Arbeitnehmern gegenüber BR-Mitgliedern andere Grundsätze zu beachten seien. Es müsse ein strengerer Maßstab gelten. BR-Mitglieder müssen sich frei entfalten können. Gleichfalls weist der Richter auf den § 201 StGB hin und zitiert aus Urteilen und Fällen, die vermeintlich ähnlich lagen.

11.47 Uhr - K.S. Anwältin äußert sich, man könne K.S. so einfach nicht entlassen. Der Tatbestand hat nichts mit seinem Arbeitsvertrag zu tun, sondern nur mit seiner BR-Tätigkeit. Der Tatbestand kann hier allenfalls nur als Verstoß gegen § 23 Betrg VG (das BAG spricht hier von einer Abmahnung) gesehen werden. K.S. sei ein kritischer BR. Auf der Sitzung war nichts heimlich und im übrigen arbeite die BR-Mehrheit mit der AG Hand in Hand.

11.55 Uhr - der Rechts-Assessor der AG meldet sich zu Wort. Die Kündigung ist berechtigt wegen großem Vertrauensbruch sowie Vertragsverletzung. Strafanzeige ist gestellt.

12.00 Uhr - K.S. berichtet wie er das Diktiergerät benutzt hat.

12.05 Uhr - der Richter kündigt an: "Wir ziehen uns zur Beratung zurück".

12.09 Uhr - der Richter macht den Vorschlag, die fristlose Kündigung in eine fristgerechte umzuwandeln. 5 Monate soll K.S. sein Gehalt noch bekommen, zusätzlich solle man ihm ein gutes Zeugnis ausstellen.

12.11 Uhr - K.S. lehnt ab.

12.15 Uhr - der Richter verkündet das Urteil. Die Klage wird abgewiesen. Als Begründung stellt der Richter fest, Tonbandaufnahmen seien genauso zu behandeln wie Diebstahl, Betrug und Urkundenfälschung.

Letzte Meldung: Klaus Specht ist in die Berufung gegangen, ein Termin steht noch nicht fest. Seine Rechtschutzversicherung lehnte eine Kostenübernahme für das LAGericht ab. Ein Berliner Solidaritätsfond erklärte sich bereit die Prozesskosten zu übernehmen, gleiches gilt für den Strafprozess.

??????????????? Ein kämpfender Betriebsrat - als hätte die Belegschaft keine Probleme

Die Kampagne der BR-Mehrheit gegen die Kollegen der Vereinigten Alternativen sind ebenso theaterreif, wie die verbissenen Auftritte, mit denen der Arbeitgeber auf die VA Druck auszuüben sucht.

Ein nur auf Antrag zu verfolgendes Delikt, bei dem es sich empfehlen würde, ein paar tadelnde Worte zu sprechen und vor Wiederholung zu warnen, wird zum Vorwand genommen, den Listenführer der VA fristlos zu kündigen. Und damit das ruck-zuck geht, mit Zustimmung des Betriebsrates.

Mit einer an den Haaren herbeigezogenen Begründung (telefonieren während der Arbeitszeit), wird ein weiteres BR-Mitglied der VA abgemahnt. Als der Kollege gegen solche Behinderung seiner Arbeit klagt, kann das Gericht nicht fassen, wie ein Arbeitgeber zu solch absurden Vorwänden greift: die Abmahnung muss entfernt werden.

Ein drittes BR-Mitglied, ebenfalls von der VA-Liste versteht sich, bekommt gleich zwei Abmahnungen in gleicher Angelegenheit, eine vom BR, eine vom Arbeitgeber. Gerügt wird, dass das BR-Mitglied seiner Pflicht zur Beratung eines gemaßregelten Kollegen nachkommt. Als der doppelt abgemahnte BR-Kollege gegen diese beiden ungerechtfertigten Maßnahmen klagt, schüttelt der Arbeitsrichter über die Ungereimtheiten der Abmahnungen den Kopf. Daraufhin stellt der Rechtsanwalt des Arbeitgeberverbandes einen Befangenheitsantrag gegen den Richter. Dem schließt sich gleich darauf die Rechtsschutzsekretärin der IG Metall an, die den beklagten BR vertritt. Mit den Befangenheitsanträgen wird der Zeitpunkt herausgezögert an dem der klagende VA-Kollege sein Recht bekommt.

Neben dieser Serie von Strafmaßnahmen gegen VA-Betriebsräte häufen sich andere Ungehörigkeiten. Genannt sei nur, dass VA-Mitgliedern im BR die gesetzlich festgelegten Einsichtsrechte in alle Unterlagen des BR immer wieder verweigert werden.

Unwillen hatte es schon 1998/99 in der Belegschaft gegeben, als die VA eine gesetzeskonforme Wahl der freigestellten BR-Mitglieder erst gerichtlich erzwingen mussten und somit elf Monate an der Ausübung ihrer Rechte gehindert wurden.

Da solcher Druck auf die VA nicht von glänzenden Erfolgen gekrönt war, gibt es neue Kampagnen. Gerüchte werden willkürlich gezimmert und in die Welt gesetzt

Dieses ganze aufwändige Theater läuft in einer Zeit, wo viele Kollegen Hilfe gegen den Leistungsdruck brauchen, wo Kollegen schwere Befürchtungen für ihre Zukunft haben, weil die Auslastung der Produktionskapazitäten ihnen nicht mehr lange gewährleistet scheint und wo dem Düsseldorfer Standort die Konkurrenz billigere Tochtergesellschaften droht.

So fleißig Personalabteilung und Betriebsrat sich mit den ungeliebten Vereinigten Alternativen beschäftigen, so stumm sind sie zu solch existenziellen Fragen, fast wie gelähmt.

Für humanitäre Hilfe an humanitäre Organisationen

Menschen in Not zu helfen ist humanitäre Pflicht. Es ist zu begrüßen, dass in der Lenkung Menschen die Initiative ergriffen haben zu einer Spendensammlung für die Opfer des katastrophalen Erdbebens in der Türkei. Was in der Lenkung an Geld von Belegschaft und Firma zusammenkommt, wird dem türkischen Konsulat übergeben. Da aber sei die Frage gestattet, warum Gelder für humanitäre Zwecke dem türkischen Staat und seinen Behörden in die Hand gegeben werden und nicht humanitären Organisationen. Auch unseren Medien konnte man schließlich entnehmen, wie umstritten diese Frage in der Türkei selbst ist.

Das ROTE KREUZ, das INTERNATIONALE ROTE KREUZ und seine türkische Organisation, der ROTE HALBMOND, sind gewiss die richtigen Adressaten für wirksame Hilfe für die Betroffenen der Naturkatastrophe.

Z.B. lautet das Spendenkonto des DEUTSCHEN ROTEN KREUZES
41 41 41 BLZ 380 700 59 Deutsche Bank
Stichwort: "Erdbebenopfer Türkei"

Bonuslohn - Einstieg ins große Geld oder Weichenstellung in die totale Hektik?

Unser Arbeitgeber hatte mal wieder eine tolle Idee. Warum, so fragte er sich, sollen Arbeitnehmer jeden Monat stur das gleiche Geld bekommen, wenn durch einen auf die 1o2% aufgestockten Bonus-Betrag eine höhere Produktivität erreicht werden kann?

Als Pilotbereich wurde dafür eine Kostenstelle ausgesucht, in der der Arbeitgeber es bisher nicht geschafft hat einen Ablauf ohne hohe Reibungsverluste sicherzustellen.

Mit solcher Art von Bonus-Entlohnung erreichen Arbeitgeber, dass es innerhalb des Kollegenkreises Auseinandersetzungen zwischen vom Bonus-Anreiz Gelockten und Leistungsschwächeren gibt, wobei durch eine disziplinierende Diskussion letztere unter Druck gesetzt werden können. Das liegt daran, weil die Höhe des Bonus über eine Kennziffer hergeleitet wird, die auf die ganze Kostenstelle bezogen ist. Der einzelne Arbeitnehmer hat nur sehr geringen Einfluss auf das Gesamtergebnis, trotzdem erscheint jeder schuldig bei dem Fehlzeiten auftreten, auch wenn die ihre Ursachen ganz woanders haben.

Da nur Gutteile für die Berechnung der bonusentscheidenden Produktivitätskennziffer zählen, werden alle nichtproduktiven Zeiten möglichst vermindert. Das geht zu Lasten von Wartungszeiten, Einrichtarbeiten und gesundheitsschützenden Erholzeiten.

Um den Anteil der produktiven Zeit zu erhöhen, soll vom Arbeitszeitkonto auch eine stundenweise Entnahme möglich sein. Völlig freiwillig natürlich, wie der Arbeitgeber verkündet. Wer allerdings etwa bei längeren Reparaturzeiten an seinem Arbeitsplatz auf diese Freistunden freiwillig verzichtet, weil er nach Tarifvertrag Anspruch auf Bezahlung hat, kann mit seinen bonusorientierten Kollegen eine erregte Diskussion über Willigkeit und Freiwilligkeit erwarten.

Da es keine Betriebsvereinbarung zu diesem Pilotprojekt gibt, wie es üblich und zum Schutz der Arbeitnehmer nötig ist, sind viele entscheidenden Fragen völlig offen.

Mit der Zustimmung des BR zu einem nach oben offenen Leistungsanreizmodell

werden die Humanisierungseffekte des seit 1983 bei uns geltenden Standardlohns mit fester Prämie von 102% ausgehebelt. Das Bonusmodell hat von der Verdienstchance her für viele seine Reize und auch bei den VA gibt es dazu unterschiedliche Einschätzungen. Nach dem Ablauf der Pilotphase Ende 1999 ist eine Auswertung der Erfahrungen zugesagt, die im Besonderen auch den Betroffenen eine praxisnahe Beurteilung und Beeinflussung ermöglichen muss.

Lenkungsquiz

Vor einiger Zeit machte ein FDP – Kommunalpolitiker öffentlich die Aussage , dass die Mercedes – Benz Lenkungen GmbH die Stadt Düsseldorf verlassen werde. ( im Juni im "Express").

Diese Aussage blieb bis heute unwidersprochen. Da die FDP eine sehr wirtschaftsnahe Partei ist, wie sich auch an der Kandidatur des ehemaligen Personalchefs des Werks 065 Hofmann für die Kommunalwahl in Düsseldorf feststellen läßt, sollte man diese Aussage ernst nehmen.

Klaus Specht, der auf den letzten beiden Betriebsversammlungen auf dieses große Problem hingewiesen hatte, wurde ja mittlerweile fristlos entlassen.

Stellt Euch jetzt einmal folgende Fragen !

  1. Warum will Geschäftsführer Norbert Fülling keine Standortsicherungsvereinbarung für Düsseldorf mit einer Kopfzahl von z.B. der heutigen Belegschaftsstärke unterzeichnen ?
    Es folgen "mögliche Antworten"

  1. Warum wurde Klaus Specht fristlos, mit Zustimmung der Betriebsratsmehrheit, entlassen ?
  1. Wie könnte man den Untergang des Düsseldorfer Standortes verhindern, falls die Leute doch Recht haben sollten, die das befürchten ?

 

VERSICHERUNGS-IDIOTIEN (Zitate aus Versicherungs-Anträgen)

Um den Tag noch besser zu machen, hier also Zitate zum Schmunzeln, Lachen oder Grölen.