letzte Änderung am 11. Febr. 2003

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Bericht von Gaby Weber vom dritten Weltsozialgipfel in Porto Alegre

Im Rahmen des dritten Weltsozialgipfels in Porto Alegre berichteten ehemalige Arbeiter von Mercedes Benz Argentinien über die Morde an ihren Kollegen während der Militärdiktatur und die Verwicklung des Gewerkschaftschefs José Rodríguez. Die brasilianische Metallarbeiter-Gewerkschaft CNM hatte dazu eingeladen, um ein weiteres Vorgehen gegen Rodríguez mit Gewerkschaftern aus aller Welt zu diskutieren. Und es kamen zahlreiche Aktivisten und Funktionäre. Man mußte sogar in einen größeren Raum umziehen.

Seit Anfang der siebziger Jahre bekleidet José Rodríguez, seit dreißig Jahren Chef der argentinischen Automobilarbeiter-Gewerkschaft SMATA, das Amt des Vizepräsidenten des Internationalen Metallarbeiter-Bundes IMB, spanische Abkürzung Fitim. Spätestens seit November 2001  dem letzten IMB-Kongreß in Sidney - ist seine Person umstritten. Er hat nicht nur vor einem argentinischen Gericht behauptet, von den während der Militärdiktatur (1976-83) 30.000 Verschwundenen bis Mitte der achtziger Jahre nie etwas erfahren zu haben. Die Familienangehörigen und Ex-Arbeiter von Mercedes Benz werfen ihm vor, vor und während der Diktatur eng mit den Militärs zusammen gearbeitet zu haben und an der Ermordung von 15 Betriebsräten, die in Opposition zur offiziellen Gewerkschaft SMATA standen, beteiligt gewesen zu sein. Wiederholt haben wir darüber berichtet.

Im Oktober letzten Jahren wurde in Buenos Aires Strafanzeige wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen Mercedes Benz, Militärs und SMATA-Chef Rodríguez eingereicht, die Anzeige wurde angenommen, die Ermittlungen laufen. Neben einer Fülle von Beweisen reichte Staranwalt Ricardo Monner Sans auch das Tarifabkommen aus dem Jahr 75 ein, das festschreibt, daß Mercedes  wie auch andere Autofirmen  ein Prozent des Verkaufserlöses in einen Geheimfonds einzahlen, über den Rodriguez verfügte. Ziel dieser Gelder war die "Auslöschung negativer Elemente in der Fabrik". Dies war dann bekanntlich auch geschehen.

In Sidney waren innerhalb des IMB die Vorwürfe gegen ihren Vizepräsidenten kaum bekannt, damals wurde Rodríguez wieder gewählt, vor allem weil Klaus Zwickel, IMB-Präsident, die Hand über ihn hält. Er weigert sich seit Jahren, belastende Dokumente gegen seinen Stellvertreter auch nur entgegen zu nehmen. "Kein Bedarf", hatte er mir noch kurz vor dem Kongreß in Australien mitgeteilt. Und auch IMB-Generalsekretär, Marcello Malentacchi, sagte mir vor einem Jahr im Rahmen des zweiten Weltsozialgipfels in Porto Alegre, daß der IMB über keine Möglichkeiten verfügt, Vorwürfe zu untersuchen und ggfs. Mitglieder auszuschließen, daher habe er an Dokumenten ebenfalls keinen Bedarf. Was aber nur die halbe Wahrheit ist, denn die indonesische Gewerkschaft wurde wegen ihrer jahrelangen Kollaboration mit dem Militärregime ausgeschlossen.

Doch seitdem ist viel passiert. Schon wenige Monate nach Sidney beantragte die österreichische Metallarbeiter-Gewerkschaft offiziell eine Untersuchung gegen José Rodríguez. Inzwischen haben sich  ebenfalls offiziell  die Franzosen, die Italiener und die Spanier angeschlossen.

Auf der letzten Sitzung des Exekutivkomitees in San Diego forderte der brasilianische CNM-Generalsekretär Fernando Lopes die sofortige Suspendierung von Rodríguez. Zwickel lehnte dies kategorisch ab und entzog sogar dem französischen Vertreter, der sich zu dem Thema äußern wollten, autoritär das Wort. Und der und seine Kollegen  schluckten dies.

Die Brasilianer schluckten dies nicht. Sie luden die Ex-Arbeiter nach Porto Alegre ein. Unmittelbar vor dem Weltsozialgipfel hatte dort auch ein Treffen des IMB stattgefunden, die Mercedes-Arbeiter forderten IMB-Generalsekretär Malentacchi auf, auf dem Treffen über Rodríguez informieren zu dürfen. Dies lehnte Malentacchi ab, lud sie aber privat zu sich ins Hotel ein. Dort erzählte er ihnen, daß er ganz "auf ihrer Seite stünde" und ebenfalls für die Menschenrechte eintrete. Solange aber Rodríguez nicht freiwillig zurück trete, seien ihm die Hände gebunden.

Das CNM-Workshop am nächsten Tag war gut besucht. Der kanadische Metallarbeiter-Chef und die aus Südafrika angereisten Kollegen forderten ebenfalls eine Untersuchung im IMB und sprachen von einem "Skandal". Der brasilianische IMB-Vizepräsident bezeichnete Zwickel als "Diktator", der keine Kritik zulasse. Sie kündigten an, daß wenn Zwickel weiter blocke und ohne Begründung vermeintliche Menschenrechtsverletzer schützt, sie dann von ihrem Amt zurück treten. Die Teilnehmer am Workshop formulierten eine entsprechende Erklärung, die dem IGM-Chef zugeschickt werden soll.

Die deutschen Teilnehmer am Workshop der IG Metall und des DGB zeigten sich überrascht und meinten, daß ihnen die Vorwürfe gar nicht oder zu wenig bekannt gewesen seien. Sie versprachen sich, innerhalb ihrer Organisationen für Aufklärung und für die Menschenrechte einzusetzen.

Gaby Weber aus Porto Alegre

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