letzte Änderung am 17. Dezember 2003

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Das Centro de Estudios Legales y Sociales (CELS) bekundet seine Besorgnis angesichts der voreiligen Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Nürnberg in der Strafsache Mercedes Benz

Das CELS, Nebenkläger in der Strafsache, in der das "Verschwinden" von 14 Mitarbeitern des Unternehmens Mercedes Benz während der Zeit der argentinischen Militärdiktatur untersucht wird, bekundet seine Besorgnis angesichts der kürzlich erlassenen Verfügung der Staatsanwaltschaft Nürnberg, mit der die im Jahre 1999 in Deutschland aufgenommenen Ermittlungen in dieser Sache eingestellt werden.

Mit Verfügung vom 27. November 2003 stellte die Staatsanwaltschaft fest, dass es nicht möglich sei, die strafrechtliche Verantwortlichkeit des damaligen Produktionsleiters Juan Ronaldo Tasselkraut hinsichtlich des Verschwindens von Mitarbeitern des Unternehmens, die dem Betriebsrat angehörten oder ihm nahestanden, zu begründen. Das "Verschwinden" der aktivsten Betriebsratsmitglieder des Unternehmens Mercedes Benz in González Catán, Argentinien, zeigt jedoch, dass es ein gemeinsames Vorgehen zwischen der Führung des Unternehmens und den Sicherheitskräften gab.

Es gibt eine Reihe von Indizien, die darauf hindeuten, dass die argentinische Niederlassung des Unternehmens Mercedes Benz mit dem Militär zusammenarbeitete, indem sie die Personen, die entführt werden sollten, denunzierten. So weisen die Aussagen mehrerer Zeugen auf eine Verwicklung Tasselkrauts in die Vorgänge hin und sind somit Grundlage für seine strafrechtliche Verantwortlichkeit. Nichtsdestotrotz ist die Staatsanwaltschaft Nürnberg der Auffassung, dass seine Beteiligung nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit bewiesen werden kann. Diego Nuñez wurde in seiner Wohnung nur wenige Stunden, nachdem Tasselkraut Mitabeitern der Sicherheitskräfte seine Adresse mitgeteilt hatte, festgenommen. Nuñez wurde zum Campo de Mayo gebracht, wo er wahrscheinlich getötet wurde. Die Zurverfügungstellung der Adresse durch Tasselkraut bedeutete zumindest eine Hilfeleistung. Da die Mitarbeiter in den Jahren 1976 und 1977, also zu Zeiten der argentinischen Militärdiktatur, "verschwanden", konnte Tasselkraut sich nicht in Unkenntnis über das Vorgehen der Sicherheitskräfte befinden. In Erklärungen, die er gegenüber der deutschen Journalistin Gabriela Weber abgab, sagte er - bezugnehmend auf die damalige Zeit -: "wer sich einigermassen auskannte in Argentinien, der wusste klar, dass gegen jeden menschlichen Sinn und gegen jedes Menschenrecht in Argentinien Leute beseitigt wurden".

Die Verbrechen, die während der letzten Militärdiktatur begangen wurden, müssen in ihrer Gesamtheit untersucht werden. Dies beinhaltet Ermittlungen über die Taten, die direkt Verantwortlichen, aber auch über die, die aus anderen Bereichen der Gesellschaft irgendeinen Beitrag leisteten. Da es sich bei dem Verschwindenlassen von Personen um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt, müssen sie untersucht und Ermittlungen eingeleitet werden, die Verantwortlichen müssen angeklagt und verurteilt werden; ausserdem müssen die Angehörigen und die Gesellschaft über das Schicksal und Verbleib der Opfer unterrichtet werden. Diese Pflicht besteht insbesondere, solange irgendein Zweifel oder irgendeine Unsicherheit hinsichtlich ihres Schicksal besteht.

Die Staatsanwaltschaft hat keine Notwendigkeit darin gesehen, die Ermittlungen weiter zu betreiben, obwohl über das endgültige Schicksal von Diego Nuñez und den anderen Mitarbeitern des Unternehmens noch immer Unklarheit herrscht. Die Einstellungsverfügung zeugt also von einem Verzicht auf eine umfassende und endgültige Ermittlung der Geschehenisse und eine gruendliche Aufklärung der angezeigten Taten.

Die internationale Lehre und Rechtsprechung ist uneingeschränkt der Auffassung, dass die einzige mögliche Antwort auf die systematische Verletzung von Menschenrechten die umfassende Ausschöpfung aller Möglichkeiten ist, um die Wahrheit über das tatsächlich Geschehene herauszufinden und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. In diesem Sinne hat die Staatsanwaltschaft Nürnberg nicht alle möglichen Mittel und Wege erschöpft, um die Wahrheit herauszufinden und die Bestrafung der für das "Verschwinden" der Mitarbeiter Verantwortlichen durchzusetzen.

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