Offener Brief von GewerkschaftskollegInnen an die Gremien unserer DGB-Gewerkschaften

In Anbetracht der durch den Kosovo-Krieg verursachten Leiden für die jugoslawische und albanische Bevölkerung halten wir es für unabdingbar, die Menschen in dieser Region nicht alleine zu lassen und sie beim Wiederaufbau ihres Landes solidarisch zu unterstützen. Das erscheint uns umso dringender, da aus Deutschland nach dem Willen der Innenministerkonferenz ca. 180.000 Flüchtlinge schnellstmöglich in ihre zerstörte Heimat abgeschoben werden sollen. Uns hat ein Hilferuf der Bergarbeitergewerkschaft "Trepca" erreicht, der unserer Ansicht nach einen sinnvollen und vernünftigen Ansatz darstellt, damit die betroffenen Menschen ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Wir dokumentieren hier den Aufruf der Bergarbeitergewerkschaft:

Aufruf zur internationalen Solidarität
mit der Bergarbeitergewerkschaft "Trepca" in Kosova

In Kosova leben wir heute in einer Nachkriegsperiode. Dennoch sind einige der paramilitärischen, militärischen und polizeilichen Einheiten, die für die Massaker an den Albanern verantwortlich waren, weiterhin in verschiedenen Gebieten Kosovas und insbesondere in der Bergarbeiterstadt Mitrovica aktiv.

Das größte Unternehmen in Kosova ist die Trepca-Gesellschaft für die reichen Mineralminen Kosovas. Diese Gesellschaft galt gemäß der Verfassung des ehemaligen Jugoslawiens als gesellschaftliches Eigentum - sie gehörte also ihren Arbeitern. Dennoch wurden 1990 sämtliche albanischen Arbeiter von ihren Arbeitsplätzen entlassen. Während der letzten Jahre hat unsere Gewerkschaft sich bemüht, das Eigentum der Bergarbeiter zu sichern und unterstützte das Recht der Bergleute, wieder an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren.

Jahrelang richtete sich dieser Protest gegen das Milosevic-Regime, doch heute haben wir ein neues Problem: Französische KFOR (Kosovo-Force)-Truppen haben unsere Minen und die Fabriken zur Metallverarbeitung besetzt und verweigern uns den Zugang. Während der letzten Jahre haben die Bergarbeiter alles verloren, was wir durch unsere Arbeit geschaffen hatten. Unsere Familien besitzen heute nichts mehr. In den letzten Jahren wurden 33 Mitglieder unserer Gewerkschaft ermordet, 11 sind verschollen und viele unserer Häuser wurden zerstört.

Wir waren voller Hoffnung, daß wir nach dem Ende des Krieges, nach dem Ende der Gewalt durch das Milosevic-Regime, unsere Bergwerke und Fabriken wieder unter unsere Kontrolle nehmen und unsere Arbeit fortführen könnten. Wir haben Pläne zur Wiederaufnahme der Produktion erstellt, darunter auch Budgetplanungen für die notwendigen Maschinen etc., aber die internationale Gemeinschaft scheint unsere Rechte nicht anzuerkennen und behandelt uns wie Mieter an unserem eigenen Eigentum. Obwohl wir unseren Plan zur Wiederaufnahme der Produktion vorbereitet hatten, der der ganzen Gesellschaft in Kosova und vor allem den Bergarbeitern zu gute käme, wurden wir von französischen KFOR-Truppen daran gehindert, das Bergwerk zu betreten, selbst, als wir sicherstellen wollten, daß es dort nicht zu Überflutungen kommt.

Wir hatten Gespräche mit der KFOR und der UNMIK (United Nations Mission in Kosova), aber wir konnten mit ihnen zu keiner Übereinkunft kommen. Deswegen führten wir am 27.Juli 1999 vor dem Bergwerk eine Protestdemonstration durch. Unser Motto lautete: "Erlaubt uns, zu arbeiten und von unserer Arbeit zu leben. Wir sind nicht faul und wollen nicht von Hilfe von außen abhängig sen. Die Bergwerke sind unser Eigentum."

Trotz unserer Proteste bleiben wir ausgesperrt. Daher wollen wir unsere Proteste ausweiten. Dafür sind wir auf internationale Unterstützung und Solidarität angewiesen. Wir planen weitere Protestdemonstrationen und - sollte dies nicht ausreichen - so sind wir bereit, einen Hungerstreik vor den Bergwerkstoren zu beginnen.

Unsere Kampagne für die Rechte der Bergleute und anderer Arbeiter ist nicht nur eine Kampagne für Albaner, sondern für alle Werktätigen in Trepca, außer denjenigen, die Kriegsverbrechen begangen haben. [...]

Xhafer Nuli
Präsident der Bergarbeitergewerkschaft von Mitrovica
Im September 1999

Um die Bergarbeitergewerkschaft "Trepca" zu unterstützen schlagen wir vor:

  1. daß über den DGB und/oder die Einzelgewerkschaften ein Austausch (bspw. Über Delegationen) mit der dortigen Bergarbeitergewerkschaft organisiert wird, um die KollegInnen hier zu informieren, bzw. um sich ein Bild vor Ort zu machen,
  2. das Anliegen des Aufrufes in den gewerkschaftseigenen Publikationen und unter der Mitgliedschaft zu verbreiten,
  3. materielle Hilfe für die Ausgesperrten und ihre Familien über Spendensammlungen zu organisieren und
  4. alle erdenklichen Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft hierzulande und vor Ort zu nutzen, damit die Bergarbeiter wieder Zugang zu ihren Betrieben und die Kontrolle über dieselben erhalten.

Ich unterstütze diesen Brief:

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Kontaktadresse:
Nikolaus Brauns, Germaniastr. 3 80802 München. Tel./Fax: 089/391483
Informationen im Internet (englisch und französisch) http://www.workersaid.org/miners.shtml

Komitee zur Solidarität mit der Bergarbeitergewerkschaft "Trepca"
V.i.S.d.P. N.Brauns, Germaniastr. 3, 80802 München. Eigendruck im Selbstverlag