Brief an die Mitglieder der Vertreterversammlung am 27. Mai 1999 der IGM- Verwaltungsstelle Düsseldorf

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir Mitglieder vom "Solidaritätskreis der Freunde von Klaus Specht" wenden uns an Euch, weil Klaus Specht, IG-Metaller und Betriebsratsmitglied bei der Mercedes-Benz Lenkungen GmbH am 16. 4.99 fristlos entlassen worden ist. Er hatte in einer BR-Sitzung mit einem offen auf dem Tisch liegenden Diktiergerät Arbeitgebervorstellung zur Entlohnungsveränderung aufgenommen.

Der BR stimmt dieser Kündigung ausdrücklich zu. Dadurch blieb dem Arbeitgeber erspart in einem längeren arbeitsgerichtlichen Verfahren klären zu lassen, ob eine Kündigung rechtens sei.

Klaus Specht, ein vorbildlich basisnahes BR-Mitglied, war in den letzten Monaten zunehmend Ziel unfairer Reaktionen der Geschäftsführung geworden: die Geschäftsleitung dementierte als "falsche Zahlen" eigene Aussagen zu ihren Planungen, als Klaus Specht aus ihnen die Bedrohung des Düsseldorfer Standortes herleiten konnte, im März 99 unter anderem die Willkür der Leistungsvorgaben für Akkordarbeiter nachwies, die Methoden ihrer Durchsetzung kritisierte und die Vorgehensweise des Personalchefs darstellte.

Klaus Specht war nie ein Diplomat, sondern offen, fair und ohne Verstellung.

Über fünf Jahre hatte sich Klaus stark engagiert und war dabei auch inhaltlichen Konflikten mit anderen BR-Mitgliedern nicht ausgewichen, wenn er z.B.

Seine gewerkschaftlichen Vorstellungen konnte Klaus leider nicht in der Praxis der BR-Liste der IGM wiederfinden. Er sah schon gar keine Möglichkeit, sie mit jenen Kollegen umzusetzen. Der Zusammenschluß von sechs vormalig einzelnen oppositionellen BR-Listen zu den "Vereinigten Alternativen" 1998 gab ihm schließlich die Plattform, dann doch für seine Vorstellungen offen und schriftlich einzutreten:

Die Liste, deren Listenführer Klaus war, bekam über ein Drittel der Arbeiterstimmen.

Der Arbeitgeber fand jetzt den lang gesuchten Vorwand, ihn in die Arbeitslosigkeit mit dreimonatiger Sperrfrist und seine Familie in existentielle Not zu bringen.

Damit hat die Belegschaft einen kritischen und mutigen BR-Kollegen verloren. Und das in einer Situation, wo die Standortbedrohung des Düsseldorfer Lenkungsbau bereits zu bangen Fragen von Kommunalpolitikern führt (siehe z.B. Rheinische Post vom 21.4.99).

Meinungskonflikte zwischen Gewerkschaftern sollten im Dialog ausgetragen werden, nie aber durch Zustimmung zu existentiellen Vernichtungsstrategien des Arbeitgebers.

Jetzt braucht Klaus Specht unsere Hilfe und Unterstützung. Wir bitten alle darum, in unseren Gewerkschaften überall eine fruchtbare Streitkultur mitzuentwickeln. Wenn ein BR-Gremium Mitbestimmungsrechte als Zustimmungspflicht sieht, wird sich die Belegschaft ihr eigens Urteil bilden. Wenn aber diese Haltung durch Ausgrenzung, Ausschlüsse und Schikanen gegen andere Meinungen durchgesetzt werden soll, schädigt das das Ansehen der Organe der Betriebsverfassung und beschädigt das Vertrauen der Arbeitenden zu unseren Gewerkschaften nachhaltig.

Sendet Protestschreiben und -faxe an die Geschäftsleitung der

Mercedes-Benz Lenkungen GmbH
Rather Str. 51
40467 Düsseldorf
Fax: (0211) 9533500

Bitte eine Kopie an den Solidaritätskreis mit der Adresse des V.i.S.d.P. (siehe ganz unten).

Sprecht bitte ernste Worte mit den BR-Kollegen des Mercedes Lenkungen GmbH.

Unterstützt die Solidaritätsarbeit für Klaus Specht mit Spenden auf dies Konto:

BfG Düsseldorf
BLZ 300 101 11
Konto Nr. 25 62 15 29 01,
Helmut Born "Solidarität mit Klaus Specht"

Informiert Euch weiter über Internet:
http:/www.germany.labournet.org

Herausgeber:
Solidaritätskreis der Freunde von Klaus Specht
V.i.S.d.P.: Hartmut Lohse, Arbeitslosen-Inititiative,
Flurstr. 45,
40235 Düsseldorf,
Fax (0211) 691136