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30.11.2001 – Wa/Ke

In Sachen Serefoglu ./. Kostal GrnbH & Co. KG
- 3 Ca 3041/01 –

tragen wir zur Begründung unseres Antrages,

die Klage abzuweisen,

aufgrund der gerichtlichen Auflage wie folgt vor:

  1. Die Beklagte ist ein weltweit tätiges Unternehmen, in dem Mitarbeiter aus 32 Nationen beschäftigt sind. Das Miteinander bei der Beklagten ist von Toleranz und Freundschaft geprägt. Diese Werte sind essenzieller Bestandteil der Arbeit bei der Beklagten. Die in den Medien, von wem auch immer, verbreitete Behauptung, der Kläger sei entlassen worden, weil er sich nicht an einer Schweigeminute habe beteiligen wollen, ist ebenso falsch, wie die angeblich vom Prozessbevollmächtigten des Klägers der Presse gegenüber geäußerte Bewertung, "die von dem Kläger", wir zitieren weiter, "in den Mikrokosmos der Firma eingebrachte Weltpolitik habe wohl nicht in die politische Umgebung gepasst".

    Richtig ist hingegen, dass die Äußerungen und das Verhalten des Klägers im Lüdenscheider Betrieb der Beklagten am 12. und 13. September 2001 weder in einen "Mikrokosmos der Beklagten" noch in den Mikrokosmos eines anderen Unternehmens im Geltungsbereich unserer Gesetze passten.

    Zu den Vorfällen im Einzelnen:

    Die Ereignisse des 11. September 2001 sind sicher so gerichtsbekannt, dass es einer Einzeldarstellung im Rahmen dieses Schriftsatzes nicht bedarf. Am 12. September, am Tage vor dem bundesweiten Aufruf zu Mahnminuten, ereignete sich in der Abteilung, in der der Kläger tätig war, Folgendes:

    In der Abteilung wurde, wie dies angesichts der schrecklichen Ereignisse nicht anders zu erwarten war, zwischen den Arbeitskollegen über diese Vorfälle diskutiert. Die nachbenannte Zeugin Helga Bromm, beschäftigt bei der Beklagten mit der Laufkontrolle in der Qualitätssicherung, führte gegen 08.00 Uhr im Arbeitsbereich des Klägers eine Laufkontrolle durch. Sie stand an der am Arbeitsplatz des Klägers befindlichen Palette und sprach den Kläger dabei wegen der Vorfälle des vorherigen Tages an. Zu diesem Zeitpunkt befand sich auch in diesem Bereich der nachbenannte Zeuge Eckel, der in der Abteilung des Klägers Transportarbeiten durchführte und aus diesem Grunde gerade am Arbeitsplatz des Klägers beschäftigt war. Der Zeuge Eckel sprach dabei den Kläger mit den Worten an: "War das nicht schrecklich?" an. Die Antwort des Klägers "Das war gut!" Auf den Einwand des Zeugen Eckel, wie er so etwas gut finden könnte, brachte der Kläger lautstark zum Ausdruck, er finde die Terroranschläge in den USA als richtig und gut. Der Kläger dann weiter, sinngemäß wörtlich: "Diese Attentate sind für die Amerikaner noch zu wenig". Die mit Aggressivität vorgetragene hasserfüllte Haltung des Klägers schockierte beide Gesprächsteilnehmer.

    Beweis:
  2. 1. Zeugnis der Qualitätssicherungsmitarbeiterin Helga Bromm,
    2. Zeugnis des Transportmitarbeiters Ralf-Jürgen Eckel,

    beide zu laden über die Beklagte.

    Der Kläger wiederholte dabei seine vorstehend sinngemäß zitierten Äußerungen mehrfach. Das gesamte Gespräch dauerte 10 bis 15 Minuten. Die Äußerungen des Klägers waren von Aggressivität geprägt, sie wurden von ihm lautstark vorgetragen.

    Beweis: wie zuvor.

  3. Am darauf folgenden Tage, am 13. September 2001, beauftragte der Meister der Abteilung, der nachbenannte Zeuge Herma, die vorstehend bereits benannte Zeugin Bromm, die Arbeitskolleginnen und Kollegen darüber zu informieren, dass sich die Abteilung um 10.00 Uhr im Meisterbüro zur Gedenkfeier ver- sammeln würde. Vorausgegangen war am Abend des Vortrages der bundesweite Aufruf der Sozialpartner (des DGB und der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände) bundesweit um 10.00 Uhr im Rahmen von 5 Schweigeminuten der Opfer der furchtbaren Anschläge vom 1 1. September 2001 zu gedenken. Die Zeugin Bromrn suchte im Hinblick auf den ihr erteilten Auftrag die einzelnen Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen auf und lud sie zur Teilnahme an der Gedenkminute ein. Als sie zum Kläger kam und ihm die Mitteilung im Auftrages des Zeugen Herma machte, teilte dieser mit, er "werde demonstrieren und nicht dahingehen". Er "protestiere gegen diese Gedenkminuten."

    Beweis: Die Zeugin Bromm.

    Die gleichen Äußerungen tätigte der Kläger lautstark anderen Beschäftigten gegenüber. So sprach die Mitarbeiterin Claudia Beran den Kläger auf dem Wege zum Meisterbüro an und fragte ihn, ob er nicht mitkommen wolle. Der Kläger äußerte lautstark, er protestiere gegen die Gedenkminuten, das sei nicht seine Meinung.

    Beweis. Die Zeugin Claudia Beran, zu laden über die Beklagte.

    Seine Protesthaltung machte der Kläger lautstark in dieser Phase mehrfach deutlich. Der Zeuge Eckel, der sich, in der Abteilung, jedoch nicht in der Nähe des Arbeitsplatzes des Kläger befand, vernahm die lautstarken Äußerungen des Klägers. Er "protestiere gegen die Gedenkfeier".

    Beweis: Der Zeuge Ralf-Jürgen Eckel, bereits benannt.

  4. Die Zeugin Bromm informierte den Meister den Abteilung, den Zeugen Herma, über die Reaktion des Klägers. Dieser benachrichtigte darauf hin den Betriebsrat, der dem Zeugen Herma empfahl, den Kläger zu bitten, den Betrieb für die Zeit der Gedenkminuten zu verlassen. Aufgrund der entsprechenden Empfehlung des Betriebsrats forderte der Zeuge Herma den Kläger kurz vor Beginn der Gedenkminuten auf, sich aus dem Arbeitsbereich zu entfernen und das Betriebsgebäude zu verlassen. An dieser Stelle sei erläutert, dass das Meisterbüro ein Betriebsbereich in der betreffenden Betriebshalle ist, der sich so- zusagen auf der 2. Etage dieser Betriebshalle befindet, um von dort einen Einblick in den gesamten Arbeitsbereich, auf die gesamte Betriebsfläche zu ermöglichen.

    Beweis: Zeugnis des Meisters Detlef Herma, zu laden über die Beklagte.

    Die Beschäftigten dieses Bereichs, mit Ausnahme des Klägers, nahmen dann an den in der Abteilung durchgeführten Gedenkminuten im Meisterbüro teil, das ihnen einen Einblick in die Betriebshalle ermöglichte. Sie konnten sehen, wie der Kläger es sich nicht nehmen ließ, rechtzeitig vor der Rückkehr der Teilnehmer zu ihren Arbeitsplätzen, in diesen Betriebsbereich unterhalb der Versammelten zurückkehren und diese durch hämisches und provokantes Grinsen zu begrüßen. Als die Beschäftigten zu ihrem Arbeitsplatz zurückkehrten, wurden sie vom Kläger mit weiteren verächtlichen Äußerungen, so der Äußerung "Na, waren schön die 5 Minuten?", begrüßt.

    Beweis. Die Zeugen Herma, Eckel und Bromm, alle bereits benannt.

    Dieses Verhalten des Klägers führte schließlich zu vehementen, verständlichen Protesten der Mitarbeiter der Abteilung, die den Zeugen Herma veranlassten, einen Vertreter des Betriebsrates hinzuzubitten.

    Beweis: Der Zeuge Herma, bereits benannt.

    Gegen 10.30 Uhr erschienen der Betriebsratsvorsitzende, der nachbenannte Zeuge Schmolke sowie das Betriebsratsmitglied Gottbehüt sowie der Betriebsleiter Furkert in dem Arbeitsbereich, in der Abteilung des Klägers. Sie sprachen zunächst mit den Beschäftigten, um den Sachverhalt zu klären. Die Zeuginnen Bromm, Beran sowie die Zeugen Eckel und Herma trugen den Sachverhalt vor und brachten ihre Empörung über die Äußerungen und das Verhalten des Klägers am Vortage und in der letzten Stunde zum Ausdruck.

    Beweis: Die Zeugen, wie zuvor benannt, sowie Zeugnis des Betriebsratsvorsitzenden Schmolke sowie des Betriebsratsmitglieds Gottbehüt, beide zu laden über die Beklagte.

    lm Anschluss daran führten die Betriebsratsmitglieder ein Gespräch mit dem Kläger. Auch in diesem Gespräch verlieh der Kläger seiner hasserfüllten Haltung seinen Ausdruck. Er bestätigte seine Achtung für die Täter und die Tat, trug seine abweichende Ansicht den bei- den Betriebsratsmitgliedern lautstark, hasserfüllt und mit großer Aggressivität vor. Die Lautstärke, mit der der Kläger seiner Meinung Ausdruck verlieh, führte in dieser Phase wieder dazu, dass auch weitere Beschäftigte hinzukamen, um den verabscheuungswürdigen Terroranschlag gutheißenden Äußerungen verbal entgegenzutreten. Es kam zu einer Diskussion, in der der Kläger, mit in die Seite gestemmten Armen, lautstark seiner hasserfüllten Haltung Ausdruck verlieh. Die anwesenden Beschäftigten, 8 bis 10 Personen, waren sichtlich verletzt und aufgebracht. Versuche, auch eines anwesenden türkischen Mitarbeiters, der die gegen Ende der Diskussion vom Kläger in türkischer Sprache vorgetragenen Erklärungen übersetzte, den Kläger zu besänftigen, scheiterten.

    Beweis: wie zuvor.

    Die Betriebsratsmitglieder sahen sich in dieser Situation veranlasst, dem anwesenden Betriebsleiter Furkert zu empfehlen, den Kläger von der Arbeit freizustellen und ihn zum Verlassen des Betriebes aufzufordern, eine Empfehlung, der der Betriebsleiter der Beklagten sogleich entsprach. Die Betriebsratsmitglieder schalteten dann zugleich die Personalabteilung der Beklagten ein, der sie den Sachverhalt, den Inhalt des mit dem Kläger geführten Gesprächs und die Äußerungen der Zeugen vortrugen, die auch anschließend von dem zuständigen Sachbearbeiter der Personalabteilung, dem nachbenannten Zeugen Wader, zur Sache befragt wurden.

    Beweis: Die Zeugen Schmolke und Gottbehüt, beide bereits benannt sowie Zeugnis des Personalsachbearbeiters Wader, zu laden über die Beklagte.

    Der Zeuge Wader fasste den Sachverhalt in einem Kündigungsantrag zusammen, den er dem Betriebsrat gegen 13.00 Uhr am betreffenden Tage übergab.

    Beweis: Anliegende Ablichtung des Kündigungsantrages der Beklagten vom 13.09.2000 sowie die Zeugen Wader, Schmolke und Gottbehüt, alle bereits benannt.

    Der Betriebsrat war zu diesem Zeitpunkt vollständig versammelt und zwar aus Anlass des 60. Geburtstages eines Betriebsratsmitglieds. Aus diesem Anlass war auch ein Vertreter der Geschäftsstelle Lüdenscheid der IG Metall für die Bundesrepublik Deutschland, Rechtssekretär Schildknecht, bei Versammlung des Betriebsrates erschienen. Der Betriebsrat beschloss, zu einer Betriebsratssitzung zusammenzutreten, in der der Vorgang beraten wurde, der Betriebsratsvorsitzende Schmolke, sowie das Betriebsratsmitglied Gottbehüt trugen den von ihnen ermittelten Sachverhalt, den Inhalt des Gesprächs mit dem Kläger und die Reaktion der Beschäftigten der Abteilung vor.

    Beweis: Die Zeugen Schmolke und Gottbehüt, beide bereits benannt.

    In der Betriebsratssitzung beschloss der Betriebsrat, der beabsichtigten außerordentlichen, fristlosen Kündigung der Beklagten zuzustimmen. Dies teilte er ebenso auf dem Formular Kündigungsantrag anschließend der Personalabteilung mit.

    Beweis: wie zuvor sowie anliegende Stellungnahme des Betriebsrats vom 13.09.2001.

    Nach Erhalt der Stellungnahme des Betriebsrats fertigte der Zeuge Wader das Kündigungsschreiben aus und übermittelte es an die Wohnungsanschrift des Klägers per Boten, der es dort um 16.35 Uhr der 16jährigen Tochter des Klägers übergab.

    Beweis: Der Zeuge Wader, bereits benannt, sowie anliegende Ablichtung der Durchschrift des Kündigungsschreibens vom 13.09.2001.
  5. Die aufgezeigten Tatbestände sind geeignet, als wichtiger Grund, die außerordentliche, fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Der Betriebsgemeinschaft der Beklagten war nicht zuzumuten, dass den Kläger mit Blick auf sein Verhalten weiter zu beschäftigen, auch nicht innerhalb einer ordentlichen Kündigungsfrist. Die Äußerungen des Klägers haben den Betriebsfrieden der Beklagten in der dargestellten Weise in erheblichem Maße gestört. Die Äußerungen am 12. und 13. September 2001 führten zu den Protesten der Beschäftigten, das Verhalten des Klägers zu deren Ablehnung, weiter mit dem Kläger zusammen zu arbeiten.

    Beweis: Die Zeugen Schmolke, Gottbehüt, Claudia Beran, Helga Bromm, Ralf-Jürgen Eckel und Detlef Herma, alle bereits benannt.

    In seinem Pressestatement unmittelbar nach dem Gütetermin äußerte der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu den diesseits zitierten Äußerungen des Klägers vom 12. September 2001, er, der Kläger, habe diese volksverhetzenden Äußerungen nicht getätigt. Es war der eigene Vertreter des Klägers, der die Äußerungen des Klägers, die letztlich durch die Beweisaufnahme ihre Bestätigung finden werden, in dieser Weise öffentlich bewertet hat. Die Beklagte ist zwar nicht der Ansicht, dass die Äußerungen des Klägers den Tatbestand der Volkshetzung, § 130 StGB, erfüllen können. Die schon deswegen nicht, weil im Straftatbestand von der Störung des "öffentlichen Friedens" gesprochen wird, der hier nicht gestört war, weil der Betrieb keine Öffentlichkeit darstellt.

    Allerdings hat der Kläger durch die zitierten Äußerungen den Betriebsfrieden massiv gestört. Dies auch im Hinblick darauf, dass die Beklagte, um bei den Worten vom "Mikrokosmos" zu bleiben, eine Gemeinschaft ist, die gerade amerikanische Beschäftigte mit einschließt. Die Beklagte beschäftigt in ihrem Werk in den USA, KOA, Kostal of Amerika Inc., in Michigan, 60 Arbeitnehmer. Dies sind Teile der Beschäftigten der Beklagten. Wer in einem Betrieb der Beklagten, einen Tag nach dem grausamen Terroranschlägen, diesen und weitere Anschläge gegen Amerikaner befürwortet, stört den Betriebsfrieden in einer für das weitere Zusammenarbeiten mit Beschäftigten der Beklagten nicht zumutbaren Weise. Dies umso mehr, wenn es, wie hier tatsächlich geschehen, zu empörten Reaktionen der sich durch die Äußerungen des Klägers unmittelbar verletzt fühlenden Beschäftigten der Beklagten gekommen ist.

    In diesem Zusammenhang ist hier auf die Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 14.02.1996 - 2 AZR 274/95 - in NZA 1996, S. 873, Bezug zu nehmen. Wenn schon ein außerdienstliches Verhalten - dort in der Entscheidung ein ausländerfeindliches Verhalten - geeignet ist, eine außerordentliche, fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen, gilt dies umso mehr, wenn durch verabscheuungswürdige Erklärungen, wie die vom Kläger am 12. und 13. September 2001 getätigten Äußerungen, der Betriebsfrieden direkt und unmittelbar gestört worden ist. Auf der vergleichbaren Linie liegen zweitinstanzliche Entscheidungen, wie die des Landesarbeitsgerichts Köln im Urteil vom 11.08.1995 - 12 SA 426/95 - und vom LAG Hamm vom 11.11.1994 - NZA 1995, S. 994. Die Klage wird abzuweisen sein.



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