AGV
Arbeitgeberverband der Metall- und Elektro-Industrie
Lüdenscheid e.V.
Staberger Str. 5
58511 Lüdenscheid
An das
Arbeitsgericht Iserlohn
Erich-Nörrenberg-Str. 7
58636 Iserlohn
vorab per Telefax
30.11.2001 Wa/Ke
In Sachen Serefoglu ./. Kostal GrnbH & Co. KG
- 3 Ca 3041/01
tragen wir zur Begründung unseres Antrages,
die Klage abzuweisen,
aufgrund der gerichtlichen Auflage wie folgt vor:
- Die Beklagte ist ein weltweit tätiges Unternehmen, in dem Mitarbeiter
aus 32 Nationen beschäftigt sind. Das Miteinander bei der Beklagten ist
von Toleranz und Freundschaft geprägt. Diese Werte sind essenzieller
Bestandteil der Arbeit bei der Beklagten. Die in den Medien, von wem auch
immer, verbreitete Behauptung, der Kläger sei entlassen worden, weil
er sich nicht an einer Schweigeminute habe beteiligen wollen, ist ebenso falsch,
wie die angeblich vom Prozessbevollmächtigten des Klägers der Presse
gegenüber geäußerte Bewertung, "die von dem Kläger",
wir zitieren weiter, "in den Mikrokosmos der Firma eingebrachte Weltpolitik
habe wohl nicht in die politische Umgebung gepasst".
Richtig ist hingegen, dass die Äußerungen und das Verhalten des
Klägers im Lüdenscheider Betrieb der Beklagten am 12. und 13. September
2001 weder in einen "Mikrokosmos der Beklagten" noch in den Mikrokosmos eines
anderen Unternehmens im Geltungsbereich unserer Gesetze passten.
Zu den Vorfällen im Einzelnen:
Die Ereignisse des 11. September 2001 sind sicher so gerichtsbekannt, dass
es einer Einzeldarstellung im Rahmen dieses Schriftsatzes nicht bedarf. Am
12. September, am Tage vor dem bundesweiten Aufruf zu Mahnminuten, ereignete
sich in der Abteilung, in der der Kläger tätig war, Folgendes:
In der Abteilung wurde, wie dies angesichts der schrecklichen Ereignisse nicht
anders zu erwarten war, zwischen den Arbeitskollegen über diese Vorfälle
diskutiert. Die nachbenannte Zeugin Helga Bromm, beschäftigt bei der
Beklagten mit der Laufkontrolle in der Qualitätssicherung, führte
gegen 08.00 Uhr im Arbeitsbereich des Klägers eine Laufkontrolle durch.
Sie stand an der am Arbeitsplatz des Klägers befindlichen Palette und
sprach den Kläger dabei wegen der Vorfälle des vorherigen Tages
an. Zu diesem Zeitpunkt befand sich auch in diesem Bereich der nachbenannte
Zeuge Eckel, der in der Abteilung des Klägers Transportarbeiten durchführte
und aus diesem Grunde gerade am Arbeitsplatz des Klägers beschäftigt
war. Der Zeuge Eckel sprach dabei den Kläger mit den Worten an: "War
das nicht schrecklich?" an. Die Antwort des Klägers "Das war gut!" Auf
den Einwand des Zeugen Eckel, wie er so etwas gut finden könnte, brachte
der Kläger lautstark zum Ausdruck, er finde die Terroranschläge
in den USA als richtig und gut. Der Kläger dann weiter, sinngemäß
wörtlich: "Diese Attentate sind für die Amerikaner noch zu wenig".
Die mit Aggressivität vorgetragene hasserfüllte Haltung des Klägers
schockierte beide Gesprächsteilnehmer.
Beweis:
1. Zeugnis der Qualitätssicherungsmitarbeiterin Helga Bromm,
2. Zeugnis des Transportmitarbeiters Ralf-Jürgen Eckel,
beide zu laden über die Beklagte.
Der Kläger wiederholte dabei seine vorstehend sinngemäß zitierten
Äußerungen mehrfach. Das gesamte Gespräch dauerte 10 bis 15
Minuten. Die Äußerungen des Klägers waren von Aggressivität
geprägt, sie wurden von ihm lautstark vorgetragen.
Beweis: wie zuvor.
- Am darauf folgenden Tage, am 13. September 2001, beauftragte der Meister
der Abteilung, der nachbenannte Zeuge Herma, die vorstehend bereits benannte
Zeugin Bromm, die Arbeitskolleginnen und Kollegen darüber zu informieren,
dass sich die Abteilung um 10.00 Uhr im Meisterbüro zur Gedenkfeier ver-
sammeln würde. Vorausgegangen war am Abend des Vortrages der bundesweite
Aufruf der Sozialpartner (des DGB und der Bundesvereinigung der deutschen
Arbeitgeberverbände) bundesweit um 10.00 Uhr im Rahmen von 5 Schweigeminuten
der Opfer der furchtbaren Anschläge vom 1 1. September 2001 zu gedenken.
Die Zeugin Bromrn suchte im Hinblick auf den ihr erteilten Auftrag die einzelnen
Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen auf und lud sie zur Teilnahme an
der Gedenkminute ein. Als sie zum Kläger kam und ihm die Mitteilung im
Auftrages des Zeugen Herma machte, teilte dieser mit, er "werde demonstrieren
und nicht dahingehen". Er "protestiere gegen diese Gedenkminuten."
Beweis: Die Zeugin Bromm.
Die gleichen Äußerungen tätigte der Kläger lautstark
anderen Beschäftigten gegenüber. So sprach die Mitarbeiterin Claudia
Beran den Kläger auf dem Wege zum Meisterbüro an und fragte ihn,
ob er nicht mitkommen wolle. Der Kläger äußerte lautstark,
er protestiere gegen die Gedenkminuten, das sei nicht seine Meinung.
Beweis. Die Zeugin Claudia Beran, zu laden über die Beklagte.
Seine Protesthaltung machte der Kläger lautstark in dieser Phase mehrfach
deutlich. Der Zeuge Eckel, der sich, in der Abteilung, jedoch nicht in der
Nähe des Arbeitsplatzes des Kläger befand, vernahm die lautstarken
Äußerungen des Klägers. Er "protestiere gegen die Gedenkfeier".
Beweis: Der Zeuge Ralf-Jürgen Eckel, bereits benannt.
- Die Zeugin Bromm informierte den Meister den Abteilung, den Zeugen Herma,
über die Reaktion des Klägers. Dieser benachrichtigte darauf hin
den Betriebsrat, der dem Zeugen Herma empfahl, den Kläger zu bitten,
den Betrieb für die Zeit der Gedenkminuten zu verlassen. Aufgrund der
entsprechenden Empfehlung des Betriebsrats forderte der Zeuge Herma den Kläger
kurz vor Beginn der Gedenkminuten auf, sich aus dem Arbeitsbereich zu entfernen
und das Betriebsgebäude zu verlassen. An dieser Stelle sei erläutert,
dass das Meisterbüro ein Betriebsbereich in der betreffenden Betriebshalle
ist, der sich so- zusagen auf der 2. Etage dieser Betriebshalle befindet,
um von dort einen Einblick in den gesamten Arbeitsbereich, auf die gesamte
Betriebsfläche zu ermöglichen.
Beweis: Zeugnis des Meisters Detlef Herma, zu laden über die Beklagte.
Die Beschäftigten dieses Bereichs, mit Ausnahme des Klägers, nahmen
dann an den in der Abteilung durchgeführten Gedenkminuten im Meisterbüro
teil, das ihnen einen Einblick in die Betriebshalle ermöglichte. Sie
konnten sehen, wie der Kläger es sich nicht nehmen ließ, rechtzeitig
vor der Rückkehr der Teilnehmer zu ihren Arbeitsplätzen, in diesen
Betriebsbereich unterhalb der Versammelten zurückkehren und diese durch
hämisches und provokantes Grinsen zu begrüßen. Als die Beschäftigten
zu ihrem Arbeitsplatz zurückkehrten, wurden sie vom Kläger mit weiteren
verächtlichen Äußerungen, so der Äußerung "Na,
waren schön die 5 Minuten?", begrüßt.
Beweis. Die Zeugen Herma, Eckel und Bromm, alle bereits benannt.
Dieses Verhalten des Klägers führte schließlich zu vehementen,
verständlichen Protesten der Mitarbeiter der Abteilung, die den Zeugen
Herma veranlassten, einen Vertreter des Betriebsrates hinzuzubitten.
Beweis: Der Zeuge Herma, bereits benannt.
Gegen 10.30 Uhr erschienen der Betriebsratsvorsitzende, der nachbenannte Zeuge
Schmolke sowie das Betriebsratsmitglied Gottbehüt sowie der Betriebsleiter
Furkert in dem Arbeitsbereich, in der Abteilung des Klägers. Sie sprachen
zunächst mit den Beschäftigten, um den Sachverhalt zu klären.
Die Zeuginnen Bromm, Beran sowie die Zeugen Eckel und Herma trugen den Sachverhalt
vor und brachten ihre Empörung über die Äußerungen und
das Verhalten des Klägers am Vortage und in der letzten Stunde zum Ausdruck.
Beweis: Die Zeugen, wie zuvor benannt, sowie Zeugnis des Betriebsratsvorsitzenden
Schmolke sowie des Betriebsratsmitglieds Gottbehüt, beide zu laden über
die Beklagte.
lm Anschluss daran führten die Betriebsratsmitglieder ein Gespräch
mit dem Kläger. Auch in diesem Gespräch verlieh der Kläger
seiner hasserfüllten Haltung seinen Ausdruck. Er bestätigte seine
Achtung für die Täter und die Tat, trug seine abweichende Ansicht
den bei- den Betriebsratsmitgliedern lautstark, hasserfüllt und mit großer
Aggressivität vor. Die Lautstärke, mit der der Kläger seiner
Meinung Ausdruck verlieh, führte in dieser Phase wieder dazu, dass auch
weitere Beschäftigte hinzukamen, um den verabscheuungswürdigen Terroranschlag
gutheißenden Äußerungen verbal entgegenzutreten. Es kam zu
einer Diskussion, in der der Kläger, mit in die Seite gestemmten Armen,
lautstark seiner hasserfüllten Haltung Ausdruck verlieh. Die anwesenden
Beschäftigten, 8 bis 10 Personen, waren sichtlich verletzt und aufgebracht.
Versuche, auch eines anwesenden türkischen Mitarbeiters, der die gegen
Ende der Diskussion vom Kläger in türkischer Sprache vorgetragenen
Erklärungen übersetzte, den Kläger zu besänftigen, scheiterten.
Beweis: wie zuvor.
Die Betriebsratsmitglieder sahen sich in dieser Situation veranlasst, dem
anwesenden Betriebsleiter Furkert zu empfehlen, den Kläger von der Arbeit
freizustellen und ihn zum Verlassen des Betriebes aufzufordern, eine Empfehlung,
der der Betriebsleiter der Beklagten sogleich entsprach. Die Betriebsratsmitglieder
schalteten dann zugleich die Personalabteilung der Beklagten ein, der sie
den Sachverhalt, den Inhalt des mit dem Kläger geführten Gesprächs
und die Äußerungen der Zeugen vortrugen, die auch anschließend
von dem zuständigen Sachbearbeiter der Personalabteilung, dem nachbenannten
Zeugen Wader, zur Sache befragt wurden.
Beweis: Die Zeugen Schmolke und Gottbehüt, beide bereits benannt
sowie Zeugnis des Personalsachbearbeiters Wader, zu laden über die Beklagte.
Der Zeuge Wader fasste den Sachverhalt in einem Kündigungsantrag zusammen,
den er dem Betriebsrat gegen 13.00 Uhr am betreffenden Tage übergab.
Beweis: Anliegende Ablichtung des Kündigungsantrages der Beklagten
vom 13.09.2000 sowie die Zeugen Wader, Schmolke und Gottbehüt, alle bereits
benannt.
Der Betriebsrat war zu diesem Zeitpunkt vollständig versammelt und zwar
aus Anlass des 60. Geburtstages eines Betriebsratsmitglieds. Aus diesem Anlass
war auch ein Vertreter der Geschäftsstelle Lüdenscheid der IG Metall
für die Bundesrepublik Deutschland, Rechtssekretär Schildknecht,
bei Versammlung des Betriebsrates erschienen. Der Betriebsrat beschloss, zu
einer Betriebsratssitzung zusammenzutreten, in der der Vorgang beraten wurde,
der Betriebsratsvorsitzende Schmolke, sowie das Betriebsratsmitglied Gottbehüt
trugen den von ihnen ermittelten Sachverhalt, den Inhalt des Gesprächs
mit dem Kläger und die Reaktion der Beschäftigten der Abteilung
vor.
Beweis: Die Zeugen Schmolke und Gottbehüt, beide bereits benannt.
In der Betriebsratssitzung beschloss der Betriebsrat, der beabsichtigten außerordentlichen,
fristlosen Kündigung der Beklagten zuzustimmen. Dies teilte er ebenso
auf dem Formular Kündigungsantrag anschließend der Personalabteilung
mit.
Beweis: wie zuvor sowie anliegende Stellungnahme des Betriebsrats vom
13.09.2001.
Nach Erhalt der Stellungnahme des Betriebsrats fertigte der Zeuge Wader das
Kündigungsschreiben aus und übermittelte es an die Wohnungsanschrift
des Klägers per Boten, der es dort um 16.35 Uhr der 16jährigen Tochter
des Klägers übergab.
Beweis: Der Zeuge Wader, bereits benannt, sowie anliegende Ablichtung
der Durchschrift des Kündigungsschreibens vom 13.09.2001.
- Die aufgezeigten Tatbestände sind geeignet, als wichtiger Grund, die
außerordentliche, fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Der Betriebsgemeinschaft
der Beklagten war nicht zuzumuten, dass den Kläger mit Blick auf sein
Verhalten weiter zu beschäftigen, auch nicht innerhalb einer ordentlichen
Kündigungsfrist. Die Äußerungen des Klägers haben den
Betriebsfrieden der Beklagten in der dargestellten Weise in erheblichem Maße
gestört. Die Äußerungen am 12. und 13. September 2001 führten
zu den Protesten der Beschäftigten, das Verhalten des Klägers zu
deren Ablehnung, weiter mit dem Kläger zusammen zu arbeiten.
Beweis: Die Zeugen Schmolke, Gottbehüt, Claudia Beran, Helga Bromm,
Ralf-Jürgen Eckel und Detlef Herma, alle bereits benannt.
In seinem Pressestatement unmittelbar nach dem Gütetermin äußerte
der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu den diesseits zitierten
Äußerungen des Klägers vom 12. September 2001, er, der Kläger,
habe diese volksverhetzenden Äußerungen nicht getätigt. Es
war der eigene Vertreter des Klägers, der die Äußerungen des
Klägers, die letztlich durch die Beweisaufnahme ihre Bestätigung
finden werden, in dieser Weise öffentlich bewertet hat. Die Beklagte
ist zwar nicht der Ansicht, dass die Äußerungen des Klägers
den Tatbestand der Volkshetzung, § 130 StGB, erfüllen können. Die
schon deswegen nicht, weil im Straftatbestand von der Störung des "öffentlichen
Friedens" gesprochen wird, der hier nicht gestört war, weil der Betrieb
keine Öffentlichkeit darstellt.
Allerdings hat der Kläger durch die zitierten Äußerungen den
Betriebsfrieden massiv gestört. Dies auch im Hinblick darauf, dass die
Beklagte, um bei den Worten vom "Mikrokosmos" zu bleiben, eine Gemeinschaft
ist, die gerade amerikanische Beschäftigte mit einschließt. Die
Beklagte beschäftigt in ihrem Werk in den USA, KOA, Kostal of Amerika
Inc., in Michigan, 60 Arbeitnehmer. Dies sind Teile der Beschäftigten
der Beklagten. Wer in einem Betrieb der Beklagten, einen Tag nach dem grausamen
Terroranschlägen, diesen und weitere Anschläge gegen Amerikaner
befürwortet, stört den Betriebsfrieden in einer für das weitere
Zusammenarbeiten mit Beschäftigten der Beklagten nicht zumutbaren Weise.
Dies umso mehr, wenn es, wie hier tatsächlich geschehen, zu empörten
Reaktionen der sich durch die Äußerungen des Klägers unmittelbar
verletzt fühlenden Beschäftigten der Beklagten gekommen ist.
In diesem Zusammenhang ist hier auf die Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts
im Urteil vom 14.02.1996 - 2 AZR 274/95 - in NZA 1996, S. 873, Bezug zu nehmen.
Wenn schon ein außerdienstliches Verhalten - dort in der Entscheidung
ein ausländerfeindliches Verhalten - geeignet ist, eine außerordentliche,
fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen, gilt
dies umso mehr, wenn durch verabscheuungswürdige Erklärungen, wie
die vom Kläger am 12. und 13. September 2001 getätigten Äußerungen,
der Betriebsfrieden direkt und unmittelbar gestört worden ist. Auf der
vergleichbaren Linie liegen zweitinstanzliche Entscheidungen, wie die des
Landesarbeitsgerichts Köln im Urteil vom 11.08.1995 - 12 SA 426/95 -
und vom LAG Hamm vom 11.11.1994 - NZA 1995, S. 994. Die Klage wird abzuweisen
sein.
Für die Beklagte:
Home
|
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace
|
|
Datei: |
|
Datum: |
|