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Am 13.9. wurden die Beschäftigten der Fa. Kostal über die Meister
aufgefordert, die Arbeit wegen der Gedenkminute einzustellen. Metin Serefuglo
weigerte sich, weil sonst niemals für große Menschenopfer in
der Welt Gedenkminuten veranstaltet wurde. Einige Kollegen von ihm waren der
gleichen Meinung, trauten sich aber nicht, das offen zu zeigen. Von anderen
wurde er aber beim Meister denunziert. In einem Gespräch mit Vertretern
der Geschäftsleitung wurde er verdächtigt, radikaler Moslem zu sein.
Er und seine Familie sind türkische Alewiten und waren noch nie in einer
Moschee. Er wurde nach dem Gespräch aufgefordert, seinen Arbeitsplatz
zu verlassen. Mittags überbrachten Boten der Firma die fristlose Kündigung.
Die Annahme wurde von der 15-jährigen Tochter quittiert (rechtlich, glaub
ich, nicht zulässig).
Ein Hintergrund der Kündigung könnte sein, dass die Firma Kostal Metin
Serefuglo immer schon loswerden wollte und nun einen Anlaß gesucht hat.
Metin Serefuglo leidet an einer nicht wieder rehabilitierbaren Wirbelsäulenerkrankung,
die er sich während der Arbeit bei der Firma zugezogen hat. Da er in der
Vergangenheit häufig wegen dieser Krankheit Fehlzeiten hatte, wurde ihm
sogar eine lächerliche Abfindung von DM 15 000 angeboten, wenn er freiwillig
kündigen würde. Die hat er selbstverständlich abgelehnt, da er
die Firma nicht aus ihrer Verantwortung entlassen und seine Arbeit weiterhin
nachgehen wollte.
An den Rechtschutz der IG Metall, deren Mitglied er auch ist, hat er sich nicht
gewendet, weil er befürchtet, dass sie ihn nicht vorbehaltlos unterstützen.
Besonders deshalb, weil der Betriebsratsvorsitzende, der die Kündigung
mitunterschrieben hat, gleichzeitig auch 2. Bevollmächtigter der IGM Verwaltungsstelle
ist.
Türkische Kollegen aus dem Betrieb halten Kontakt zu ihm. Die Solidarität
von außen läuft nur spärlich. Bislang sind erst DM 400,- an
Spendengeldern eingegangen!
Den Kindern geht es in der Schule- nachdem die Lehrer in den Klassen darüber
gesprochen hatten - wieder etwas besser.
Dem türkischen Kollegen Metin Serefoglu wurde fristlos gekündigt,
weil er nicht an der Schweigeminute für die Terroropfer in den USA teilnehmen
wollte.
Metin Serefoglu ist nicht wütend. Er ist fassungslos. Am 13. September
wurde dem 41-Jährigen beim Elektrohersteller Kostal in Lüdenscheid
fristlos gekündigt, weil er nicht an einer Schweigeminute für die
Opfer des Terroranschlages in den USA teilnehmen wollte.
"Ich möchte um alle Menschen in der Welt gleich trauern", begründet
er. Schließlich habe es auch keine Trauerfeiern, Gedenkminuten und Halbmasten
gegeben, als in der Türkei 30.000 durch ein Erdbeben starben, in Bosnien
300.000 Menschen dem Krieg zum Opfer fielen und unzählige Kurden im Osten
der Türkei ermordet wurden. Diese Überzeugung hat ihn den Job gekostet.
Drei Stunden nach der Schweigeminute wurde ihm per Boten "aus personal- und
verhaltensbedingten Gründen" fristlos gekündigt. Der Betriebsrat hatte
ausdrücklich zugestimmt - ohne Metin Serefoglu vorher in der Sache und
zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu hören!
"Ich werde behandelt wie ein Terrorist." Besondere Brisanz erhält dieser
Fall, weil Metin Serefoglu Mitglied der Industriegewerkschaft Metall (IGM) ist,
genau so, wie die Mitglieder des Betriebsrates... Der Betriebsratsvorsitzende
ist gar der zweite Bevollmächtigte der IGM Verwaltungsstelle Lüdenscheid!
Die IGM-Verwaltung Lüdenscheid sieht keinerlei Handlungsbedarf, da der
Kollege Serefoglu - aus verständlichen Gründen - (zunächst)
keinen
Rechtsschutzantrag bei der IGM gestellt hat.
Der Hagener Rechtsanwalt Ingo Theissen-Graf Schweinitz hat inzwischen für
Serefoglu am Iserlohner Arbeitsgericht Klage eingereicht. Da der zuständige
Richter augenblicklich im Urlaub ist, findet die Güteverhandlung erst am
31.10. um 11.30 im Rathaus Lüdenscheid statt.
Mit dreitausend Mitarbeitern ist die Firma Kostal der größte Arbeitgeber
in Lüdenscheid. Weltweit arbeiten 9.000 Menschen für den Elektronikproduzenten.
Seit elf Jahren bediente Serefoglu dort eine Kunststoffspritze.
Die Familie Serefoglu hat fünf Kinder, die älteste Tochter ist 16
Jahre alt, der jüngste Sohn zwei. Seit die Nachricht von der Kündigung
des Vaters die Runde macht, wollen die Kinder nicht mehr zur Schule gehen. Sie
werden von ihren Mitschülern als Verbrecher beschimpft, keiner möchte
in der Klasse neben ihnen sitzen.
Die siebenköpfige Familie Serefoglu muss wegen der fristlosen Kündigung
die nächsten drei Monate ohne einen Pfennig vom Arbeitsamt überstehen.
Und danach erhält Metin Serefoglu wegen der fristlosen Kündigung nur
ein gekürztes Arbeitslosengeld. Deswegen wird er es auch schwer haben,
einen neuen Job zu finden.
Rassismus hat viele Gesichter...
Metin Serefoglu und seine Familie brauchen unsere Solidarität. Sein Anwalt
hat mittlerweile ein Spendenkonto eingerichtet:
Solidaritätskonto Serefoglu
Kto.Nr.: 50 40 20 91 01 - bei: Volksbank Hagen eG BLZ: 450 600 09
Arbeitskreis gegen Rassismus und Rechtsextremismus im ver.di Bezirk
NRW-Süd; HYPERLINK "mailto:iskra@gmx.de"
V.i.S.d.P.: M.Bornholdt; ver.di NRW-Süd; Endenicher Str. 127; 53115 Bonn
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Schmolke, Rainer [mailto:R.Schmolke@KOSTAL.COM]
Gesendet: Donnerstag, 25. Oktober 2001 15:33
An: 'andreas.buderus@iskra-consult.de';
Betreff: AW: keine Schweigeminute - Fristlos gekündigt!! Solidaritäts-
und Spendenaufruf
Mit Erstaunen hat der BR der Firma Kostal die inhaltliche Begründung zum
Solidaritätsaufruf für Metin Serefoglu zur Kenntnis genommen. Wir
fragen uns, was den Kollegen Andreas Buderus wohl veranlaßt hat, wider
besseren Wissens (ausführliches Telefonat über die Kündigungsgründe)
den Sachverhalt nicht wahrheitsgetreu darzustellen, um einen Spendenaufruf zu
unterstützen.
Andreas Buderus als hauptamtlicher Mitarbeiter von ver.di weiß doch ganz
genau, daß eine fristlose / außerordentliche Kündigung immer
nur unter der Voraussetzung des § 626, Abs. 1 BGB erfolgen kann, d.h. wenn dem
Kündigenden unter Berücksichtigung aller Einzelumstände und Abwägung
der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zuzumuten ist. Hier müssen
besonders schwerwiegende Vertragsverletzungen vorliegen. Das war im Fall Serefoglu
so.
Es glaubt doch kein Mensch, daß ein IG Metall-Betriebsrat einer fristlosen
Kündigung zustimmt, nur weil ein Mitarbeiter nicht an Schweigeminuten für
die Opfer des Terroranschlags in den USA teilgenommen hat.
Wir, die Betriebsräte und Metaller von Kostal, verbitten uns die Unterstellung
des Rassismusses durch Andreas Buderus. Das ist eine dreiste, unverschämte
Verleumdung ! Wir werden sie zum Anlaß nehmen, uns bei der Bezirksleitung
über Andreas Buderus zu beschweren.
Nicht nur Rassismus hat viele Gesichter .....
Lüdenscheid, den 22.10.2001
Der Betriebsrat
der Firma Leopold KOSTAL GmbH & Co.KG
An der Bellmerei 10
58513 Lüdenscheid
Tel. 02351 / 16 - 2699
Fax 02351 / 16 - 2760
E-Mail betriebsrat@kostal.com
liebe br-kollegInnen,
zunächst eine sachliche richtigstellung: ich bin kein hauptamtlicher sekretär,
sondern ehrenamtlich im arbeitskreis gegen rassismus und rechtsextremismus des
ver.di-bezirks-nrw.süd aktiver kollege.
ansonsten folgendes:
natürlich hat der kollege schmolke mir die selben allgemeinplätze
am telephon erzählt, wie sie jetzt wieder in eurer stellungnahme auftauchen.
allerdings wird hierdurch das grundproblem ja nicht gelöst. denn dass nicht
sein kann, was nicht sein darf, war noch nie ein argument. eure
stellungnahme bestätigt vielmehr den eindruck, dass euch offensichtlich
nicht ausreichend bewusst ist, was ihr da angerichtet habt, gegenüber dem
kollegen serefoglu und seiner familie aber auch gewerkschaftspolitisch.
warum wollt oder könnt ihr euch nicht eingestehen, dass ihr in einer situation,
in der bei vielen kollegInnen die nerven blank lagen eventuell das werkzeug
eines arbeitgebers geworden seid, dass den kollegen sowieso schon länger
los werden wollte und jetzt einen probaten vorwand witterte?!
oder stimmt es etwa nicht, dass der kollege bereits vor dem 11. september ein
lächerliches abfindungsangebot für die seinerseitige kündigung
erhalten hatte - begründung: häufige fehlzeiten wegen arbeitsunfähigkeit
infolge eines wirbelsäulenschadens, den er sich im werk zugezogen hatte...?!
stimmt es nicht, dass, wie mir der kollege schmolke bestätigte, ihr der
kündigung zugestimmt habt, ohne den kollegen serefoglu zu den gegen ihn
erhobenen vorwürfen gehört zu haben?!
stimmt es auch nicht, dass ihr es unterlassen habt, die igm-verwaltungsstelle
zu kontaktieren, um eventuell das gespräch unter kollegInnen zu suchen.
genug zeit hättet ihr gehabt, denn der § 102 betrvg lässt euch für
eure stellungnahme zu einer außerordentlichen kündigung
bekanntlich drei tage zeit. ihr erledigtet euren "job" aber in weniger als drei
stunden... anerkennung!!
jeder kann fehler machen - sogar aus dummheit. das ist verzeihlich... nicht
aus seinen fehlern zu lernen spricht aber für ignorranz. und das ist nicht
verzeihlich!
mit kollegialen grüßen
andreas buderus
----- Original Message -----
From: "Guenter Schlüchting" <guenter@schluechting.de>
To: <metten@metten-theissen.de>
Sent: Tuesday, October 16, 2001 11:09 AM
Sehr geehrter Herr Theissen,
als Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Lüdenscheid
melde ich mich heute bei Ihnen, weil mir ein Schreiben von Ihnen an Herrn Serefoglu
mit den Aussagen eines Herrn Buderus zugeleitet wurden.
Gegen die Formulierung und unterschwellige Stimmungsmache gegen die IG Metall
und der Firma Kostal in den beigelegten Aufruf verwahre ich mich auf das Entschiedenste.
Auch die "Recherchen" des Herrn Buderus innerhalb der IG Metall sind total schlammpig
ermittelt und falsch wiedergegeben. Es gibt keine Forderung des Vorstandes um
Aufklärung an die IG Metall Lüdenscheid, es gibt auch keinen IG Metall
Bezirk Lüdenscheid, geschweige denn einen Hauptbevollmächtigten in
Frankfurt. Wer solche klaren Strukturen nicht versteht und begreift, kann sicher
nicht damit rechnen, in den anderen Aussagen sehr ernst genommen zu
werden. Auch das wird ja in der ganzen Anlage des "Falles" deutlich. Herr Serefoglu
wird schon wissen, warum er keinen Rechtsschutzantrag an die IG Metall Lüdenscheid
gestellt hat. Ihnen wird dies sicher spätestens dann verständlich,
wenn sie im Laufe des Verfahrens Zeugenaussagen zur Kenntnis bekommen.
Was wir sicher nicht machen werden, ist die Umsetzung Ihres Vorschlages, eine
gemeinsame Vertretung vorzunehmen.
Eib bißchen verwundert bin ich über die Vorgenhensweise in diesem
Fall, Sie müßten doch wissen, dass die tatsächlichen Gegebenheiten
spätestens in dem Verfahren bekannt werden. Und wenn Herr Serefoglu Sie
richtig informiert hat, wird er doch am Ende Recht bekommen, oder wollen Sie
Stimmung machen und haben so wenig Vertrauen in die Rechtsfindung.
Mit den besten Grüßen.
Günter Schlüchting
guenter@schluechting.de
Liebe BR-KollegInnen, lieber Kollege Schmolke,
wie mein Kollege Andreas Buderus Euch mitgeteilt hat, ist der AK Gegen Rassismus
und Rechtsextremismus ein AK des ver.di Bezirks NRW-Süd (Verwaltungssitz:
Bonn). Ihr könnt also davon ausgehen, dass
1) die Stellungnahme in Form des des Soliaufrufs Metin Serefoglu von meinem
Bezirk getragen wird,
2) gründlich recherchiert ist
und
3) davon keine Abstriche zu machen sind.
Eure Stellungnahme sowie den "arbeitsrechtlichen" Hinweis halte auch ich für absolut nichtssagend. Die Antwort von Andreas Buderus unterstütze ich ausdrücklich.
Nun könnte man sagen, unsere Einmischung sei unseriös. Dazu: Wenn über betriebliche Interna hinaus ein Fall grundsätzliche und in der Konsequenz eine (gewerkschafts)politische Dimension hat, dann gibt es das Recht oder auch die Notwendigkeit der öffentlichen Kritik und Aktion. Das entspricht jedenfalls auch meinem politischen Selbstverständnis. Darüber haben wir uns u.a. mit der ver.di in Eurer Region ausgetauscht. Solidarität kennt keine Grenzen.
Mit herzlichem Gruß
Wolfgang Gröf
Vorsitzender ver.di Bezirk NRW-Süd
Gesamtbetriebsratsvorsitzender Friedrich-Ebert-Stiftung
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace |
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