DGB-Spitze: Abmahnungen und Aufgabenentzug als Mittel im gewerkschaftlichen Meinungsstreit

Kammertermin in Düsseldorf:

In dem Rechtsstreit Kreimer-de Fries ./. Deutscher Gewerkschaftsbund findet am Freitag, den 06.08.1999, 11:00 Uhr, vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf, Saal 112, Ludwig-Erhard-Allee 21 (Nähe Hauptbahnhof Düsseldorf, Ausgang Bertha-von-Suttner-Platz)

eine Verhandlung über die Klage von Joachim Kreimer-de Fries, Referatsleiter für Europäische Tarifpolitik beim DGB-Bundesvorstand, gegen eine Abmahnung des Geschäftsführenden Bundesvorstandes (GBV) des DGB statt.

 

Hintergrund:

Im Rahmen seiner Arbeitsaufgaben hat der DGB-Sekretär am 26. Januar 1999 eine kritische Analyse des Verhandlungsergebnisses der EU-Sozialpartner (Europäischer Gewerkschaftsbund/EGB und europäische Arbeitgeberverbände) zu einer Vereinbarung über befristete Arbeitsverhältnisse verfasst und an die tarifpolitischen Abteilungen der deutschen Gewerkschaften übermittelt. Darüber hinaus hat er als deutsches Mitglied im EGB-Ausschuss "Arbeitsbeziehungen" diese Analyse per Email einigen KollegInnen dieses Gremiums als "bislang persönliche" Stellungnahme zur Kenntnis gegeben.

Die kritische Analyse war ein Beitrag zur Meinungsbildung der DGB-Mitglieds-gewerkschaften im Vorfeld einer Sitzung des DGB-Bundesvorstandes am 2. März, auf der über das Votum des DGB zu dieser Vereinbarung im EGB entschieden werden musste. Im Zuge dieser innergewerkschaftlichen Diskussion bekundeten die Tarifpolitiker ihre Zustimmung zu der Analyse des DGB-Sekretärs und sprachen sich gegen den Abschluss der Vereinbarung aus, da sie keine EU-weit bindende Minimalregelung zur Beschränkung dieser Arbeitvertragsform enthalte.

Der EGB-Generalsekretär Emilio Gabaglio hatte sich Anfang Februar über die Versendung der kritischen Analyse beim DGB-Vorsitzenden Dieter Schulte beschwert.

Nach dem Abschluss der Vereinbarung durch die europäischen Sozialpartner erhielt der DGB-Sekretär für seinen kritischen Beitrag von Ende Januar am 29. März gleich zwei Abmahnungen des DGB-Arbeitgebers, am Tag darauf wurde ihm von GBV-Mitglied Heinz Putzhammer (verantwortlich für Wirtschafts- und Tarifpolitik) der Entzug seiner auf den EGB-Ausschuss und die EU-Sozialpartnerverhandlungen bezogenen Aufgaben mitgeteilt.

Der DGB-Sekretär hat gegen alle drei Maßregelungen beim Düsseldorfer Arbeitsgericht Klagen eingereicht.

Die Klage gegen eine der Abmahnungen wurde bereits am 1. Juli verhandelt und führte zum Erfolg: die Kammervorsitzende erklärte sämtliche in der Abmahnung enthaltenden Vorwürfe als arbeitsrechtlich nicht haltbar und kündigte an, die Kammer werde der Klage des DGB-Beschäftigten stattgeben. Daraufhin gab die Vertretung des DGB-Arbeitgebers vor der Kammer die sofortige Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte zu Protokoll.

Den Beiträgen der Parteien in dieser öffentlichen Verhandlung waren die hier skizzierten Zusammenhänge zu entnehmen.

Die zweite Abmahnung, die am kommenden Freitag zur Verhandlung bei einer anderen Kammer des Arbeitsgerichts ansteht, ist weitgehend identisch mit der ersten. Zusätzlich beinhaltet sie den Vorwurf, dass die kritische Analyse per Email einigen KollegInnen des EGB-Ausschuss zur Kenntnis gegeben wurde.

 

Über den Ausgang der Verhandlung wird an dieser Stelle berichtet, weitere Informationen folgen demnächst! (LabourNet Germany)