letzte Änderung am 14. Juli 2002 | |
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Hinter der Kündigung vom Kollegen Fontana steckt der Wunsch der Geschäftsleitung, störungsfrei über 100 Arbeitsplätze abzubauen und sie durch Leiharbeit und Strukturänderungen zu ersetzen. Dazu kam die Hoffnung, dass wenn der Betriebsrat der Geschäftsleitung den Kopf des früheren Betriebsratsvorsitzenden auf einem silbernen Tablett liefere, sie versöhnlich gestimmt wird.
Schon im Oktober 2001 zeichnete sich ab, dass die bisherigen Einsparungen im Personalbereich für die Geschäftsleitung nicht ausreichten. Eine beliebte Ausrede waren die Vorkommnisse in den USA am 11.September 2001. Es wurde behauptet, die Auftragseingänge wären massivst zurückgegangen und man sei jetzt gezwungen zu handeln.
Die Geschäftsleitung teilte dem Wirtschaftsausschuss mit, dass zur „Rettung“ der Druckverarbeitung Nürnberg GmbH ca. 100 Arbeitsplätze abgebaut werden müssten. Die technischen Kapazitäten sollten zwar erhalten bleiben, aber gerade in einem saisonabhängigen Betrieb, sei man gezwungen die öfteren Stillstandzeiten zu überbrücken.
Eine beliebte Alternative ist hier mittlerweile – nachdem das Beschäftigungsförderungsgesetz reformiert wurde – in vielen Betrieben dieser Branche der verstärkte Einsatz von LeiharbeiterInnen.
Die Arbeitsbedingungen dieser KollegInnen sind eine niedrigere Entlohnung (ca. 5 bis 6 Euro Stundenlohn), weniger Urlaubs- und Weihnachtsgeld und der Verzicht auf sonstige garantierte tarifliche Leistungen. Die Geschäftsleitung bekommt einen „flexiblen“ Einsatz von Arbeitskräften und muss sich keine Gedanken über mögliche Kündigungsfristen, Sozialpläne usw. machen.
Dies war mit dem vorherigen Betriebsrat und seinem Betriebsratsvorsitzenden nicht so einfach umsetzbar. Deshalb versuchte man, sich von dem einen oder anderen Betriebsratsmitglied zu trennen. Bei Kollegen Fontana hatte die Geschäftsleitung dies mehrmals versucht: eine außerordentliche Kündigung im Dezember 1998, mehrere Drohungen, Abmahnungen und Angebote von hohen Geldsummen.
Im März 2002 bot man einem Betriebsratsmitglied einen so hohen Geldbetrag, begleitet mit dem Abbau seines Arbeitsplatzes und diversen persönlichen Bedrohungen, dass er sich gezwungen sah, die exorbitante Summe, für 15 Jahre Betriebszugehörigkeit ca. 60.000 Euro, anzunehmen.
Mit Geld geht bekanntlich alles.
Durch solche Methoden änderten sich die Mehrheiten im Betriebsrat. Die Geschäftsleitung legte endlich ihre lang geplante Betriebsänderung zur Mitbestimmung vor.
Aber anstatt geschlossen für alle Arbeitsplätze zu kämpfen war die "neue" Mehrheit der Meinung, dass tatsächlich zuviel KollegInnen vorhanden wären und eine "Personalanpassung" notwendig sei. Diese geplanten Entlassungen wurden von der "alten" Mehrheit immer wieder bestritten: Der Einsatz von weiteren LeiharbeitnehmerInnen bei gleichbleibenden Kapazitäten, z.Z. werden durchschnittlich 50 pro Woche eingesetzt, würde zu Lohndumping und Leistungsverdichtung führen.
Die "neue" Mehrheit sah sich nicht anders zu helfen, als eine Unterschriftensammlung und ein Ausschlussverfahren gegen den Betriebsratsvorsitzenden einzuleiten. Die Unterschriftensammlung wurde damit begründet, dass die Geschäftsleitung mit dem Betriebsratsvorsitzenden nicht zusammenarbeiten wolle und könne, und dadurch seien Arbeitsplätze gefährdet. Eine "neue" Kommission des Betriebsrates könne bestimmt die Geschäftsleitung überzeugen sich von weniger KollegInnen zu trennen, argumentierte die "neue" Mehrheit.
Dadurch wurde die vorhandene Spaltung im Betriebsrat forciert und in der Belegschaft provoziert. Diese Spaltung nutzte nur der Geschäftleitung, war ihr Argument und nicht den von der Betriebsänderung betroffenen KollegInnen.
Ein Thesenpapier der Geschäftsleitung erklärt, wie sie sich diesen Abbau vorstellt und wie er praktisch umgesetzt werden soll. In diesem Papier setzt die Geschäftsleitung nicht nur eine Erhöhung der Arbeitszeit auf bis zu 50 Stunden voraus (von 3 Schicht- auf 2 Schichtbetrieb), sondern auch eine unkontrollierte Leistungsverdichtung bei den verbleibenden Fachkräften (weniger Einsteller an den Aggregaten).
Das anfängliche Vorhaben der Geschäftsleitung, 165 KollgInnen zu entlassen, wobei die kompletten HelferInnen (ca. 120) über Werkverträge (Leiharbeitsfirmen) ersetzt werden sollte, wurde fallengelassen. Die Geschäftsleitung hatte womöglich kalte Füße bekommen, weil allein das rechtliche Konstrukt auf wackligen Beinen stand.
Die jetzige Planung der Geschäftsleitung, nämlich den ersatzlosen Abbau von ca. 45 Fachkräften, in der Verwaltung, in der Logistik, im Maschinen- und Schichtführerbereich und den ersatzlosen Abbau von 60 HelferInnen, stand nach Meinung des fristlos gekündigten Kollegen Fontana als Alternative schon längst fest.
Die Geschäftsleitung setzt klar auf Leiharbeit im Helferbereich und dies soll per Betriebsvereinbarung vom „neuen“ Betriebsrat mitgetragen werden.
Eine konkret, auch rechtlich, nachvollziehbare Begründung für die geplante Betriebsänderung, sprich die Entlassung von KollegInnen und sie durch Leiharbeitnehmer zu ersetzen, besteht nicht.
Nachdem Kollege Fontana als Betriebsratsvorsitzender im Mai dieses Jahres von der "neuen" Mehrheit sowohl abgewählt als auch seine Freistellung entzogen wurde, dachten viele das wäre es gewesen und er würde endlich aufgeben.
Aber genau das Gegenteil war der Fall.
Kollege Fontana konnte durch seinen Einsatz in der Produktion vielen betroffenen Kollegen erklären, dass, wenn sie gegen die geplante Kündigung klagen würden, der Arbeitgeber ein großes Problem hätte, die Kündigung rechtlich zu begründen . D. h. wenn nachgewiesen werden kann, dass am gleichen Arbeitsplatz einer/s gekündigten KollegInnen ein/e LeiharbeiterInnen eingesetzt wird, besteht die Chance für die Betroffenen das Kündigungsschutzverfahren zu gewinnen. Auf die Firma käme eine Kostenlawine durch die vielen Verfahren und möglichen Instanzen zu.
Außerdem passt es dem Arbeitgeber nicht, dass Kollege Fontana seinen beruflichen Werdegang als Schichtführer rechtlich geltend machen musste.
Das sind nach Ansicht des Kollegen und seiner Gewerkschaft, Verdi, die wahren Gründe der fristlosen Kündigung.
Der Betriebsrat nahm am 09.07.02, nicht nur einen fragwürdigen Interessenausgleich und Sozialplan zur Kenntnis, was einer Zustimmung gleichkommt, sondern setzte eines darauf und stimmte der fristlosen Kündigung des Kollegen Fontana zu.
Hätte der Betriebsrat nicht zugestimmt, hätte die Geschäftsleitung die Kündigung einklagen müssen. In der Zwischenzeit wäre Kollege Fontana noch im Betrieb gewesen..
Nur so konnte garantiert werden, dass tatsächlich Kollege Fontana vom Betriebsgelände entfernt wurde und er sein "Unwesen" nicht weiter treiben konnte.
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