letzte Änderung am 10. Juli 2003

LabourNet Germany ARCHIV! Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

Home -> Solidarität gefragt -> ETIB Suchen

Stoppt die drohende Entlassung von Jens Fertsch! Für freie Betriebsratswahlen bei ETIB!

Am 8. Juli wurde das IG Metall-Mitglied Jens Fertsch, ein Mitglied des Wahlvorstandes zur Wahl eines Betriebsrates bei ETIB, von der Geschäftsleitung ohne Angabe von Gründen "von der Arbeit freigestellt". Es ist davon auszugehen, dass dies der erste Schritt zu einer Kündigung ist.

ETIB arbeitet als Fremdfirma unter anderem für DaimlerChrysler in Bremen. Arbeitsbedingungen und Entlohnung sind schlechter als bei der Kernbelegschaft von DaimlerChrysler. Die Gründung des Betriebsrates wird von der Geschäftsleitung mit massiven Einschüchterungsversuchen und Behinderungen untergraben. Die rechtswidrige "Suspendierung" von Jens Fertsch ist der vorläufige Höhepunkt einer Unternehmerwillkür, wie sie sonst aus dem vorletzten Jahrhundert bekannt ist.

In Bremen hat sich ein Solidaritätskomitee gegründet, das die Weiterbeschäftigung von Jens Fertsch erreichen will und die Kolleginnen und Kollegen von ETIB bei der Wahrnehmung ihrer demokratischen Rechte unterstützen will. Dieses ist zu erreichen bei Vivien Mast, Liegnitzstr. 57a, 28237 Bremen, 0174-9939702, jfertsch@web.de

Wir bitten alle LeserInnen Protestbriefe an die ETIB-Geschäftsleitung zu senden und Unterschriften gegen die Freistellung von Jens Fertsch zu sammeln.

Hier die Adressen/Telefonnummer für Protestbriefe und –anrufe:


Hier die Hintergründe der Situation in einem Artikel, der am 8.7. im Kollegen-Info bei DaimlerChrysler Bremen erschien:

Weil sie einen Betriebsrat gründen wollen, werden die Kollegen der Firma ETIB in Bremen von der Geschäftsleitung bedroht und schikaniert. Aber ein Betriebsrat ist dringend nötig, um endlich etwas gegen die schlechten Arbeitsbedingungen bei ETIB zu unternehmen. Eure Solidarität ist gefragt!

Die Firma ETIB hat knapp 200 Beschäftigte an 4 Standorten, drei davon in Bremen und Umgebung. ETIB ist ein ausgegliederter Betrieb, der heute die Arbeiten erledigt, die früher z.B. die Betriebsschlosser und- elektriker von Daimler erledigten.

Daimler verdient daran, dass die KollegInnen von ETIB diese Arbeiten nun für weniger Geld und zu schlechteren Bedingungen leisten. Je schlechter die Bedingungen für die Beschäftigten in den ausgegliederten Betrieben sind, desto größer wird der Druck auf die Kernbelegschaften, selbst Verschlechterungen hinzunehmen. Darum geht das, was auf unserem Werksgelände passiert, alle an- Daimler- Beschäftigte UND Beschäftigte von Fremdfirmen.

Schon länger herrschte bei den Kollegen von ETIB Unzufriedenheit wegen der schlechten Arbeitsbedingungen. In einer Halle im Ladungsträger-Bereich arbeiten die Kollegen bei Lack, Staub und Lärm. Es gibt zwar eine Absaug-Anlage, aber zu wenig Filter.

Ende letzten Jahres beschloss dann die Geschäftsleitung, das Weihnachtsgeld zu streichen. Statt dessen gab es für einige Beschäftigte eine Nasenprämie.

Eine Gruppe von Kollegen war der Meinung, dass es so nicht weiter gehen kann. Sie haben deshalb beschlossen, einen Betriebsrat zu gründen. Anfang Januar gab es ein Treffen in einer Kneipe. Der Chef, Heiner Löhmann, hatte aber von dem Plan erfahren. Plötzlich platze er rein und drohte, dass er den Betrieb dicht macht, falls ein Betriebsrat gegründet wird.

Die Kollegen haben trotzdem weiter gemacht. Sie haben einen Aufruf zu einer Betriebsversammlung geschrieben. Dort sollte der Wahlvorstand gewählt werden. Die Geschäftsleitung hat versucht, die Leute davon abzuhalten, zu der Versammlung zu gehen. Wer hingeht, fliegt raus oder wird versetzt, hieß es. Viele Kollegen haben sich davon einschüchtern lassen, so dass nur zehn Leute bei der Versammlung waren.

Der Wahlvorstand hat anschließend versucht, eine Beschäftigungsliste zu bekommen, aber der Arbeitgeber hat sich geweigert, sie raus zu rücken. Die Begründung war, dass das gegen den Datenschutz verstoßen würde, weil die Beschäftigten nicht wollten, dass ihre Daten weiter gegeben werden. Außerdem meinte er, weil der Betrieb in fünf Firmen aufgeteilt ist, müsste man in jeder Einzelfirma einen eigenen Betriebsrat gründen. Die Beschäftigten mussten schließlich klagen, um die Liste zu bekommen.

In der Zwischenzeit hat der Geschäftsleiter versucht, die anderen Kollegen gegen die Betriebsratgründung aufzuhetzen. Es kam eine Unterschriftenliste gegen den Betriebsrat in Umlauf. Außerdem wurde eine sechste Unterfirma gegründet, um noch mal einen Teil abzuspalten.

Es gab mehrere Gespräche zwischen dem Wahlvorstand und der Geschäftsleitung. Dabei hat die Geschäftsführung immer wieder mit Entlassungen gedroht, falls es zu der Betriebsratgründung kommt. Außerdem hat er versucht, die Beschäftigten hinters Licht zu führen. Sie hat einen Mann als Anwalt vorgestellt, der gar keiner war. Der hat erklärt, dass ETIB kein gemeinsamer Betrieb sei und dass es deshalb nicht möglich wäre, einen Betriebsrat für das ganze Unternehmen zu gründen. Er hat versucht, den Kollegen eine Vertrauensmann-Regelung über einen Haustarifvertrag aufzuschwatzen. Was er nicht dazu gesagt hat: So ein Vertrag wäre ohne die Unterschrift der Gewerkschaft ungültig. Außerdem wäre es gar nicht möglich, darin einen Kündigungsschutz für die Vertrauensleute zu garantieren.

Mitte Juli (15.07.- 16.07.) werden die Betriebsrat-Wahlen stattfinden. Bei den Intrigen und Einschüchterungsversuchen des Arbeitgebers ist es schon ein Erfolg, dass die Kollegen es so weit geschafft haben. Aber viele haben sich durch die ständigen Drohungen verunsichern lassen und glauben die Märchen der Geschäftsleitung. Drei Gerüchte gehen zur Zeit unter den Kollegen um:

Kein Unternehmer würde seinen Betrieb dicht machen, solange er Gewinne damit macht. Der Chef will den Betriebsrat verhindern, damit nicht raus kommt, was alles schief läuft in dem Unternehmen. Außerdem will er nicht, dass die Beschäftigten die Möglichkeit bekommen, sich in Zukunft gegen solche Zumutungen wie die plötzliche Streichung des Weihnachtsgelds zu wehren. Und auch Entlassungen sind nicht so leicht möglich, wie der Chef das erzählt. Vor allem hätte man aber mit Betriebsrat bessere Möglichkeiten, sich dagegen zur Wehr zu setzen.

Der neuste Stand ist, dass 3 Kollegen sich vorübergehend dazu überreden ließen, für den Chef Heiner Löhmann zu einer Betriebsversammlung in dem Betriebsteil bei DC aufzurufen, um für diesen Abschnitt einen eigenen Wahlvorstand zu wählen und so einen gemeinsamen Betriebsrat zu verhindern. Dieses Vorgehen ist nach dem Betriebsverfassungsgesetz verboten. Das interessierte diese Kollegen jedoch anfangs nicht, so sehr sind sie darauf erpicht, dem Chef zu gefallen. Erst als ihnen mit dem ersten Schreiben des Amtsgerichtes klar wurde, welche Kosten ein verlorener Prozess ihrem Chef verursachen würde, bliesen sie die geplante Versammlung ab.

Jetzt kandidieren sie selbst für den Betriebsrat.

Bei der Wahl wird es also die absonderliche Situation gegeben, dass neben den normalen Kandidaten, Betriebsratskandidaten antreten, die Unterschriften gegen die Gründung eines Betriebsrates gesammelt haben.

Am Samstag, den 05.07. gab es eine Betriebsversammlung. Bei dieser wurde neben wichtigen Umstrukturierungsmaßnahmen im Rahmen der ISO 9000 und Veränderungen im Rahmen der Zertifizierung, Stimmung gegen die gewerkschaftlich organisierten Kollegen und den Wahlvorstand gemacht. Der Chef kündigte an, dass er nur mit einem Betriebsrat zusammenarbeiten werde, der nicht gewerkschaftlich organisiert ist: "Ich wünsche einen Betriebsrat (...) der für unsere Firma und nicht für andere Firmen zuständig ist (...) und nicht gewerkschaftlich organisiert ist." Weiter hat er angedroht, den Betrieb zu verkaufen und den Wahlstand dazu aufgefordert, von sich aus zu kündigen: "Wenn hier auch nur ein Mitglied aus dem Wahlvorstand in dem späteren Betriebsrat sein wird, werde ich mein Mandat als Gesellschafter und als Geschäftsführer so schnell als möglich zur Verfügung stellen (...) und diese Haltung erwarte ich auch von diesem Wahlvorstand (...) wenn er seinen Arsch in der Hose hat ein bisschen Rückrad zeigt, dass er dieses Unternehmen von sich aus verlässt, wenn er nicht gewählt wird..."

Daneben hat der Chef gedroht, die Kosten, die durch den Betriebsrat und der Klage vor dem Arbeitsgericht entstanden sind, auf die Kollegen umzulegen- nicht jetzt, aber vielleicht in fünf, zehn oder dreißig Jahren, irgendwann. Für ihn gelte das Verursacherprinzip, und Verursacher wären die Kollegen im Wahlvorstand.

All diese Drohungen haben bei den Kollegen einen Eindruck hinterlassen. Sie stehen unter Druck und haben Angst um ihre Arbeitsplätze. Da ist eure Solidarität gefragt! Sprecht die Kollegen von ETIB an, diskutiert mit ihnen und macht ihnen Mut. Jetzt ist es wichtig, dass ihr ihnen den Rücken stärkt und dass die Betriebsratgründung klappt. Dann ist bei ETIB die Grundlage da, um die anderen Probleme anzupacken.

LabourNet Germany Top ^