Der multinationale Konzern Alcatel will bis ins Jahr 2000 einen Zehntel der Belegschaft - 12’000 Arbeitsplätze - wegrationalisieren. Dies, nachdem der Multi seit 1995 weltweit bereits 30'000 Stellen vernichtet hat. Auch die Kabelfabrik in Berlin-Neuköln soll geschlossen werden, dies teilte das Management in der üblich knappen und arroganten Art der Belegschaft mit. Auch eine am 24. August durchgeführte Warnbesetzung des Betriebes beeindruckte die Bosse nicht weiter. Doch hatten sie dieses Mal die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die Alcateler schluckten diesen Angriff auf ihre Arbeitsplätze nicht. Am 13. September besetzten 140 ArbeiterInnen kurzerhand die ganze Fabrik.
Morgens um 6 Uhr machte die noch anwesende Nachtschicht zusammen mit der anrückenden Tagschicht die Tore dicht. Hereingelassen werden seither nur noch KollegInnen, der Geschäftsleitung wird der Finger gezeigt. Diese hat sich zusammen mit etwa 30 höheren Angestellten im gegenüberliegenden Nobelhotel "Estrel" eingemietet. Für die Belegschaft ist klar – Nobelhotel hin oder her - im Hotel Alcatel gefällt es besser!
Wir wollen keinen Sozialplan, sondern unsere Arbeitsplätze! Was soll denn ein Sozialplan, fragen sich die ArbeiterInnen. Schliesslich hat Berlin eine Arbeitslosenquote von über 20% und das Arbeiterquartier Neukölln liegt in der Statistik sogar noch höher. Von den vom Arbeitsplatzabbau noch übriggebliebenen 650-Mark-Jobs im Dienstleistungssektor wird keiner und erst recht keine Familie satt. Wie die Einheit und Entschlossenheit im Kampf stetig wächst, zeigte der vergangene Freitag. Ein lächerliches Angebot der Bosse wurde zu 100% wuchtig abgeschmettert.
Mit ihrem Kampf unter dem Motto "wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren" zeigen die Alcateler, dass Widerstand gegen die Angriffe des Kapitals möglich ist. Denn "was für eine 100-köpfige Belegschaft möglich ist, sollte eine 1’000-köpfige erst recht können". Und natürlich sind sie sich bewusst darüber, auf sich allein gestellt einem profitgierigen Weltkonzern nicht unendlich lange trotzen zu können. Zumal sich dieser Arbeitsplatzabbau in eine lange Reihe der Angriffe der Bourgeoisie auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der proletarischen Klasse einreiht. Egal, ob unter bürgerlicher oder sozialdemokratisch-grüner Regierung, im Kapitalismus zählen einzig und allein die Interessen des Kapitals. Daran ändern auch die Appelle der Gewerkschaftsführung an den Gemeinsinn der KapitalistInnen nichts. Umso wichtiger ist die Solidarität (Fax Nr.: 0049 30 6843096), welche aus ungezählten Betrieben und von Gewerkschaftern aus Deutschland, Frankreich und sogar Weissrussland eingeht. Spendengelder ermöglichen das Durchhalten. Denn die Alcateler erhalten nicht einmal Streikgelder, da die Besetzung einer Fabrik, im Unterschied zu deren Schliessung, ein illegaler Akt ist.