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von Hasan Aslan, Lokalredateur der türkischsprachigen Tageszeitung "Evrensel".
Die Anschläge in New York und Washington sind verbrecherisch und müssen verurteilt werden. Wer auch immer die Täter und was auch immer ihre Motive sind: Terrorakte gegen eine unbeteiligte Zivilbevölkerung sind stets Verbrechen. Doch, obwohl Tausende von Menschen umgekommen sind, dürfen wir uns nicht davor scheuen nach Hintergründen zu fragen. Der Terrorismus fällt natürlich nicht vom Himmel und kommt auch nicht plötzlich. Es sind bestimmte Verhältnisse, die ihn entstehen und handeln lassen. Die Attacken, mit denen die USA konfrontiert wurden, müssen als ein Produkt, eine logische folge der Rolle der USA im letzten Jahrhundert und der Mittel, denen sie sich dabei bedienten, angesehen werden. So setzten sie sich selbst diverse terroristische Mittel ein, sie selbst gründeten Terrororganisationen oder bildeten solche aus, um die Weltherrschaft zu erlangen. Eine macht, die weltweit unter Einsatz ihrer Militärkräfte die ganze Welt terrorisiert, kann es selbstverständlich nicht verstehen, wenn sie eine solche Antwort auf ihre Politik erhält. Es ist auch nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die Welt unter dem Vorwand der Globalisierung ausgeplündert und die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter geöffnet wird, dass solche Ereignisse passieren können.
Unmittelbar nach dem Terroranschlag in New York und Washington sagte der stellvertretenden Verteidigungsminister Wolfowitz: "Es wird ein Feldzug und keine einzelne Aktion." Man werde "helfende Systeme und Staaten vernichten", wörtlich "ending states". Das plant die US-Regierung schon lange. So werden beispielsweise in dem im April vorgelegten "Terrorismus-Report" des US-Außenministeriums sieben Länder genannt, die es zu bekämpfen gelte: Iran, Irak, Syrien, Libyen, Kuba, Nordkorea und Sudan. Afghanistan fehlt nur, weil die USA Taliban-Regierung nicht diplomatisch anerkennen. Der Busch bzw. die US-Regierung haben einen "jahrelangen Feldzug" angekündigt, in welchem militärische, politische und ökonomische Mittel kombiniert werden sollen. Afghanistan ist nur ein Anfang. Natürlich wissen die Strategen im Pentagon auch, dass auf diese Wiese der Terrorismus nicht auszulöschen ist. Es geht längst nicht mehr um mehr als 6000 Tote Menschen oder gar Bestrafung einer Handvoll Terroristen. Das der Terroranschlag ein Vorwand ist wird eindeutiger.
Seit einiger Zeit verbreiten die US-Propagandamaschinerien , dass einige Staaten als Nährboden des Terrorismus dienen, und es liegen entsprechende Kriegspläne in den Schubladen des Pentagon. Es handelt sich um Iran, Irak, Syrien, Libyen, Kuba, Nordkorea, Sudan und Afghanistan, ggf. noch um die Republik Jemen. Gegen einige dieser Länder haben die USA bereits Militäraktionen durchgeführt. Die Anschläge in New York und Washington bieten einen willkommenen Vorwand, um jahrelang Militärschläge gegen solche Staaten oder einige von ihnen oder noch andere, die künftig als "Schurkenstaaten" definiert werden, durchzuführen. Da lässt sich die US-Propaganda alle Möglichkeiten offen. Unterdrückte Völker müssen jetzt wie nun in Afghanistan schon geschieht mit der Befürchtung leben, dass die USA sie jederzeit angreifen und ihnen den Terrorismus als US- Politik aufzwingen könnten. So können alle Länder, die sich aus unterschiedlichen Gründen der Weltherrschaft der USA wiedersetzen, unter dem Sammelbegriff „ Terroristen“ eingestuft werden. Damit können sie Überfälle unter dem Vorwand „ Bekämpfung des Terrorismus“ durchführen. Das ist eigentlich der Terrorismus, der zu befürchten ist, und dem man sich wiedersetzen muss.
Doch damit ist noch nicht alles gesagt, auch jene Länder sollen laut Bush gnadenlos bekämpft werden, die künftig Schlupflöcher für Terroristen bieten könnten. Nach USA spannt sich das "Netzwerk der Terroristen" über 60 Länder. Das bedeutet sicherlich nicht, dass diese 60 Länder als Angriffziel der USA gelten könnten. Offensichtlich wollen die USA aber auf alle diese Länder massiven Druck auszuüben und sich in ihre inneren Angelegenheiten einzumischen. Unter dem Vorwand gegen Terrorismus vorzugehen bestimmte Forderungen an dieser Länder zu stellen. Eine solche Forderung könnte beispielsweise, Beteiligung an Militärschlägen oder Operationsfreiheit für die US Geheimdienste, heißen
Zudem muss noch hinzugefügt werden, dass die USA diese Tragödie geschickt ausnutzen ihren größten Konkurrenten auf dem Weltmarkt ins Schranken einzuweisen. Mit der Formierung der EU, geführt vor allem von Deutschland, wächst den USA ein gefährlicher Konkurrent im Kampf um die Weltherrschaft heran. Innerhalb der EU konnte vor allem Deutschland seine Positionen in Zentralasien auf dem Balkan in Nahen Osten und auf Kaukasus erheblich verbessern. Die scharfen Widersprüche zwischen der EU und der USA spitzen sich mit dem Herannahen einer Weltwirtschaftskrise noch weiter zu. Aus Sicht der USA liegt nahe, die Trumpfkarte seiner militärischen Überlegenheit auszuspielen um langfristig die wirtschaftlichen Vorherrschaft erhalten zu können. Zudem haben die USA nun mit dem Angriff auf Afghanistan die Gelegenheit bekommen sich in Zentralasien zwischen den anderen Konkurrenten wie Russland und China festzusitzen. US Amerikanische Soldaten sind in Uezbekistan und Tadschikistan stationiert worden. Die Erfahrungen zeigen, dass dies nicht eine vorübergehende Erscheinung sein wird. Von dort aus können sie nicht nur mit Russland und China konkurrieren, sondern auch ihre Einfluss auf die reichen Energiequellen des kaspischen Meer bzw. Zentralasiens weiter ausbauen. Langfristig wird dieser Umstand die Wiedersprüche zwischen verschiedenen Mächten verschärfen und somit die ohnehin Krisen erschüttelte Region noch mehr destabilisieren.
Die Attacken der USA in Form "Kreuzzug gegen den Terrorismus" richtet sich gegen jene Länder, zu denen EU-Länder wirtschaftliche Beziehungen/ Interessen haben oder in Zukunft haben könnten, und diese Interessen werden torpediert, indem die betreffenden EU-Länder ultimativ zur Unterstützung der Militäraktionen der USA genötigt werden. In einem Artikel von Michael Bischoff, Senior Fellow am Center for Strategic and International Studies in Washington, heißt es: "(...) diese amerikanische Reaktion wird nicht sofort erfolgen, vielmehr wird sie in den nächsten Jahren die verschiedensten Formen annehmen. Die Vereinigten Staaten werden ihre Verbündeten in vielen Dingen um Unterstützung bitten, und sie werden erwarten, dass die Verbündeten dieser Bitte nachkommen. Und sollten die Alliierten sich weigern - um zum Beispiel kommerzielle Interessen zu schützen -, werden die Vereinigten Staaten sehr grob reagieren." (FAZ 13.09.)
Die Äußerungen von deutschen Politikern seit dem 11. September deuten auf die Möglichkeit hin, dass umfangreiche Aufrüstung ins Auge gefasst wird, damit Deutschland - ebenso wie die USA - Weltpolizist spielen kann. Die Folgen für die Bevölkerung wären klar: sie müsste zahlen - nicht nur mit Geld. Ein derartiges Rüstungsprogramm kann nur mit einem sozialem Kahlschlag Abbau von demokratischen Rechte verbunden sein. Innenminister Otto Schily spricht schon davon Soldaten für die "innere Sicherheit" einzusetzen und die Notstandsgesetze ins Kraft zu setzen. Notstandsverfassung bedeutet nichts anderes als die Grundrechte der Bürger und die Rechte des Parlaments weitgehend außer Kraft zu setzen. Schon jetzt wird die Polizeipräsenz massiv verstärkt, angeblich um die Bevölkerung zu schützen. Lächerlich! Hätten die Anschläge aus der Luft etwa verhindert werden können, wenn die angegriffenen Objekte von Polizei umzingelt gewesen wären?
Während seit dem 11.September die Massenmedien auch in Deutschland Kriegshetze betreiben und stündlich auf einem Angriff der USA hoffen, ist der „Krieg im engeren Sinne“ im Inland schon längst angelaufen. Es werden nicht nur Kriegsvorbereitungen auf der Ideologischen, psychologischen, strategischen und ökonomischen Ebenen voranschreitet, sondern in einigen wichtigen Bereichen in die Tat umgesetzt. Überall in der Welt somit auch in Deutschland gehören Angriffe schon zur Tagesordnung, die dem „ Hinterfront“ zum Ziel haben. Im Rahmen des „Inneren Sicherheitskonzepts“ werden nicht nur demokratische und soziale Errungenschaften demontiert, sondern auch ökonomische Rechte.
Schon lange Zeit vor dem Terroranschlag am 11 September wurde der Versuch unternommen das Asylrecht gänzlich abzuschaffen, Ausländergesetz weiter zu Verschärfen, Datenschutz auszuhöhlen Polizei und Bundeswehrpräsenz zu verstärken u.s.w
In das Strafgesetzbuch wurde der Terrorismus-Paragraph 129b eingefügt. Der Paragraph 129a stellt die Bildung und Unterstützung von kriminellen und terroristischen Vereinigungen unter Strafe. Mit dem neuen Paragraph 129b können ab jetzt Mitglieder und Unterstützer ausländische Terrorgruppen verfolgt werden, wenn sie auch im Ausland „Straftaten“ begannen haben. Damit ist jederzeit die Möglichkeit gegeben X beliebige Gruppe und Personen, die gegen die Unterdrückung vorgehen mit diesen Gummiparagraphen zu bestrafen. Natürlich dürfen bundesdeutsche Organe selbst entscheiden wen sie als Terroristen bezeichnen oder nicht. Noch vor kurzem war selbst Paragraph 129a umstritten. Es gab Aufrufe zur Abschaffung dieses Paragraphen. Nur im Schatten der Kriegstreiberei wurde sie noch weite ausgeweitet.
Derzeit bastelt Innenminister Otto Schily am zweiten „ Anti-Terror-Paket“. Zunächst sollen Fingerabdrücke von einreisenden Ausländern, Asylbewerbern und Aussiedlern abgenommen, Anfragen bei Geheimdiensten getätigt und Zugriff aufs Ausländerzentralregister genehmigt werden. Bundesregierung billigt in rasanter Weise eine Gesetzesänderung oder Verordnung nach andere, was vor kurzem nicht möglich gewesen wären. Mit der Durchsetzung der Rasterfahndung wird jeder besonders jede Nichtdeutsche zum potentiellen Terroristen erklärt. Die Suchkriterien sind dermaßen geheim, dass sie überall verbreitet werden können.
Das sogenannte Religionsprivileg, wonach religiöse Vereine nicht nach den Regelungen des Vereinsrechts verboten werden dürfen, ist abgeschafft worden. Das sogenannte Religionsprivileg der verfassungsrechtlich verankerten Religionsfreiheit entspringt, einem der klassischen Freiheitsrechte der bürgerlichen Revolution. Aber welche Rolle spielt das schon, wo doch alle Ressourcen für den "Kreuzzug gegen den Terrorismus" genutzt werden müssen.
Innenminister Schily kündigte noch eine Änderung des Ausländer- und Asylrechts an. "Extremistische und kriminelle Ausländer" sollen "in andere Weltgegenden" abgeschoben werden können, wenn sie wegen einer Gefährdung von Leib und Leben nicht in ihr Herkunftsland zurückgeschickt werden könnten. Da wird Schily sicherlich genügend Beifall bei einigen politischen Kreisen bekommen, die seit Jahren das Asylrecht ein Dorn im Auge ist.
Die Kämpfe für Frieden und Demokratie müssen in nächster Zeit sehr große Bedeutung gewinnen. Es ist wichtig, alle aggressiven Aktionen der USA und NATO anzuprangern, seien diese militärischer, politischer oder ökonomischer Art. Aber viel wichtiger ist es, gegen jede Beteiligung Deutschlands daran zu und gegen Aufrüstung und den Abbau demokratischer Rechte in Deutschland zu kämpfen. Menschen die Jahrzehntlang hier leben werden erneut nach ihrer Religion, ihre Hautfarbe, ihrer Sprache und Herkunft getrennt. Dabei haben auch die Migranten die selben Probleme und auch selben Bedürfnisse nach einem friedlichen zusammenleben ohne Krieg und Unterdrückung, wie die breite Bevölkerung der Bundesrepublik. Daher ist es auch die Aufgabe der Friedensbewegung, die demokratische Öffentlichkeit; die Gewerkschaften und fortschrittliche Kräfte nicht zuzulassen, dass die Bundesregierung die Anschläge zum anlas nimmt um gegen Migranten zu intensivieren.
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