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Wir alle sind schockiert über die terroristischen Anschläge auf New York City und Washington. Tausende Männer und Frauen wurden sinnlos ermordet und Gewerkschaften aus aller Welt haben das verurteilt.
Die arbeitende Bevölkerung und besonders Gewerkschaften haben mit prompter Unterstützung der Terroropfer reagiert, und darauf sind wir stolz. Die Feuerwehrleute, die bei Rettungseinsätzen ums Leben kamen; die Freiwilligen, die bei der Suche nach Überlebenden geholfen haben; die Krankenschwestern, die die Verletzten versorgt haben; die Metallarbeiter, die geschickt wurden, um die Gebäude abzustützen; die Anlieger, die Geld- und Blutspende-Aufrufe organisiert haben: Sie alle haben im Geist der Großzügigkeit gehandelt, der unsere größte Hoffnung auf eine kollektive und humane Lösung für diese und zukünftige Schrecken darstellt.
Während die US-Regierung Kriegsvorbereitungen trifft, sollte die ArbeiterInnenbewegung abwägen, was die Angriffe bewirken werden, und Besonnenheit walten lassen. Die ArbeiterInnenbewegung hat in den letzten sechs Jahren in mehreren Anläufen versucht, sich neu zu konstituieren, und die neue Situation führt uns an eine Wegkreuzung.
Werden wir weiterhin gegen die unternehmerische Globalisierung kämpfen und die Verbindung mit den ArbeiterInnen in anderen Ländern intensivieren, oder werden wir in den Ruf "America First" einstimmen? Werden wir weiterhin für die Rechte der ImmigrantInnen kämpfen, oder werden auch wir uns nun entlang nationaler Linien orientieren? Werden wir weiter nach neuen Organisierungsstrategien suchen, auch wenn Gewerkschaftskampagnen in gewissen Industrien als Spaltung oder als "unamerikanisch" gebrandmarkt werden? Werden wir Konzessionen weiter bekämpfen, wenn die Unternehmen Kündigungen androhen? Kurz: Werden wir unserer Verantwortung gerecht werden, dem Besten in den Herzen der amerikanischen ArbeiterInnen eine Stimme zu verleihen? Oder werden wir weiter in die Bedeutungslosigkeit abrutschen, wie das unternehmerische Amerika es wünscht, indem wir unser Recht aufgeben, den Konsens herauszufordern?
Die spontanen Reaktionen der Gewerkschaften lassen beides möglich erscheinen.
Die AFL-CIO erklärte schnell ihre volle Unterstützung für jegliche Aktion des Präsidenten Bush, und die United Auto Workers folgten auf dem Fuße. Die Teamsters entdeckten ihre Inbrunst aus Reagan-Zeiten wieder und riefen sofort nach Krieg gegen alle Staaten, die Terroristen beherbergten. John Sweeney hat den Präsidenten angerufen und ihn seiner Unterstützung versichert: "Wir stehen in dieser nationalen Krise hundertprozentig hinter dem Präsidenten und der Führung unserer Nation. Wir werden die angemessene amerikanische Antwort voll unterstützen."
Die Steelworkers verlangten nach Gerechtigkeit, fügten aber hinzu, dass die USA unschuldigen Zivilisten keinen Schaden zufügen dürften. Sie wiesen auch darauf hin, dass Armut und Ungerechtigkeit "Rekruten für die Armeen der Intoleranten" hervorbrächten.
Die SEIU, eine Gewerkschaft mit großem ImmigrantInnenanteil, forderte dazu auf, alle angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, warnte aber eindringlich davor, ImmigrantInnen, insbesondere AraberInnen, zu Sündenböcken zu machen. Die United Farm Workers riefen ebenfalls nach Vergeltung, schwächten dies aber wieder ab, indem sie an Cesar Chavez und dessen Vermächtnis der Gewaltfreiheit erinnerten. Sie haben ihre Kampagne gegen das Unternehmen Pict-Sweet (Pilzproduzent) mit Gebetsnachtwachen fortgesetzt und gemeinsam mit der SEIU zu Einigkeitsmärschen aufgerufen, um einen Rückfall in die Diskriminierung von AraberInnen und ImmigrantInnen zu verhindern.
Die größte Gefahr für die ArbeiterInnenbewegung wird in den kommenden Monaten wahrscheinlich der Versuch der Regierung sein, einen Konsens um den Krieg und all die hässlichen Dinge, die mit ihm einhergehen, zu schmieden. In Kriegszeiten werden alle legitimen Forderungen der ArbeiterInnenbewegung und anderer gesellschaftlicher Gruppen (abgesehen vom waffenproduzierenden Gewerbe) als selbstsüchtig gebrandmarkt hier verdienen die sofort laut gewordenen Rufe nach der Plünderung der Töpfe für die soziale Sicherung der ArbeiterInnen besondere Beachtung.
Jegliche Kritik an der Führung auch wenn sie nichts mit dem Krieg zu tun hat wird diskreditiert. So kann die Regierung problemlos die Beschneidung von Rechten verteidigen, z.B. des Rechts, nicht ausspioniert zu werden. Und so können einige Kongressabgeordnete ihren Versuch rechtfertigen, in den kommenden Wochen ein Zweiparteien-Gesetz durch den Kongress zu peitschen.
Die Tragödie stellt für die ArbeiterInnenbewegung eine Herausforderung dar, ihre internationalistische Position zu untermauern. Die AFL-CIO hat sich damit ist sie unter den Gewerkschaften der industrialisierten Länder einzigartig sehr weitgehend, wenn auch nicht immer konsistent, der breiteren Bewegung gegen die Globalisierung angeschlossen.
Viele Gewerkschaftsmitglieder haben auf Aufrufe zu internationaler Solidarität sehr positiv reagiert, wie angesichts von Kampagnen für Gerechtigkeit in Sweatshops und Maquiladoras deutlich wurde. In den USA haben kürzlich einige Basis-AktivistInnen die AFL-CIO dazu gedrängt, ihre Akten aus dem Kalten Krieg offen zu legen und sich von ihrem damaligen Handeln gegen die ArbeiterInnenbewegungen anderer Länder zu distanzieren, um das Vertrauen der dortigen ArbeiterInnen zu stärken.
GewerkschaftsaktivistInnen, die entsetzt sind über die Rufe nach Krieg, sollten ein Innehalten und Nachdenken über die internationalen Prioritäten und Aktionen der USA fordern, und sie sollten ihre Solidarität mit der ArbeiterInnenbewegung auf der ganzen Welt verstärken. Die menschlichen Kosten des Krieges werden wie immer hauptsächlich die Besitzlosen und die ArbeiterInnenklasse tragen müssen. Leo Gerard, der neue Vorsitzende der Steelworkers, hat bemerkt, dass Armut und Ungerechtigkeit die Reihen der fanatischen Organisationen schließen. Mehr als je zuvor ist es die Aufgabe der ArbeiterInnenbewegung, Druck in Richtung auf eine neue soziale Ordnung auszuüben.
Der Amerika-Hass im Ausland rührt hauptsächlich vom Verhalten der US-Unternehmen in anderen Ländern her und von der militärischen Macht, derer sich die US-amerikanische Regierung bedient, um die existierende Ordnung aufrecht zu erhalten. Aber Unternehmen sind nicht "Amerika". Sie vertreten Wertvorstellungen, für die ausschließlich Fressen und Gefressenwerden von Belang sind, und sind damit genau die Kräfte, die die ArbeiterInnenbewegung und die Bewegung für globale Gerechtigkeit bekämpfen.
Unsere Bewegungen sind, in einem sehr realen Sinne, die einzige Alternative zu den irrationalen Kräften, die aus der Kombination von Frustration und Fanatismus erwachsen. Die internationale organisierte ArbeiterInnenbewegung und die Bewegung für globale Gerechtigkeit können ein alternatives Zeichen setzen, das der Welt sagt: Es gibt einen anderen Weg. Dieser Weg ist von Grund auf demokratisch und bezieht seine Macht aus unserer Anzahl nicht aus unserem Reichtum, aus Terror oder militärischer Macht. Es gibt Hoffnung.
Unseren oppositionellen Charakter zu verwässern, würde bedeuten, diese Alternative, diese Hoffnung aufzugeben. Der Bush-Administration und damit der labor-feindlichsten Regierung der letzten Jahrzehnte einen Blankoscheck auszustellen, würde bedeuten, jegliche Alternative in der Flut militärischer Macht und terroristischer Eskalation untergehen zu lassen.
Die globalisierte Ökonomie bedeutet, dass sowohl die terroristischen Angriffe des 11. September als auch die US-Vergeltungsmaßnahmen ArbeiterInnen auf der ganzen Welt betreffen werden. Die US-amerika-nische ArbeiterInnenbewegung hat zunehmend gelernt, ihr Gewicht für die ArbeiterInnen der ganzen Welt in die Waagschale zu werfen. Wird sie dafür auch jetzt eintreten, oder werden das nur noch FriedensaktivistInnen tun?
Internationale Solidarität ist der Königsweg, und sie ist der Weg, dem wir in den bevorstehenden Monaten jetzt erst recht entschlossen folgen sollten.
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