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Peter Hoffmann von Gegenwehr - kritische GewerkschafterInnen

Rede auf der Anti-Kriegsdemonstration am 13. Oktober 2001

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Schüler und Schülerinnen, liebe Friedenskämpfer und Kriegsgegner!

Das Aktionsbündnis für ein anderes Berlin hatte für Heute seine Demonstration gegen Sozialabbau angemeldet. Wir haben entschieden, uns der Demonstration gegen den Krieg anzuschließen und den Zug von der Friedrichstr. organisiert. Nach den üblen Terroranschlägen in den USA fallen jetzt britische und US-amerikanische Hightechbomben auf Afghanistan, eines der ärmsten Länder der Welt. Doch angesichts kriegslüsterner Medien und Politiker war es Klasse am Montag und Dienstag zu lesen "Tausende Berliner Schüler protestieren gegen den Krieg" .Das macht Hoffnung.

Stellen wir uns vor, neben den Schülern hätte es auch Demonstrationen der Gewerkschaften gegeben, die durch die Stadt demonstrierten mit Parolen gegen den Krieg und für die soziale Gerechtigkeit in der Welt. Aber zu solch einem Akt von wirklicher Zivilcourage und sozialem Mut wären die Papiertiger in den Gewerkschaftszentralen weder fähig noch willens und wir sind leider noch zu schwach und zu uneins, um eine solche Initiative in den Betrieben und überall da, wo Sozialabbau und Unterdrückung alltäglich sind, zu starten.. Wir sind ein Aktionsbündnis, in dem soziale Initiativen von kritischen Gewerkschaftern, Erwerbslosen, Sozialhilfeempfängern und linke politisch Gruppen damit begonnen haben einen Zusammenschluß zu schaffen, der versuchen will, den verschiedenen sozialen Bewegungen der Stadt in ihren Kämpfen, autonom von Staat und Parteien, Rückhalt zu geben. Diesen Monat wird in Berlin neu gewählt. Die Wahlen stehen im Zeichen des riesigen Haushaltslochs, das uns der alte Senat hinterlassen hat. Obwohl die Parteien mit unpopulären Ankündigungen vorsichtig sind, zeichnet sich ab, dass der lohnabhängige und erwerbslose Teil der Bevölkerung dafür vorgesehen ist, die Hauptlasten der "Finanzbegradigung" zu tragen. Auf der anderen Seite stehen nun kurzfristig Milliardenbeträge für die Finanzierung von Kriegsmaßnahmen und innere Aufrüstung zur Verfügung. Der Abbau regulärer Beschäftigungsverhältnisse, insbesondere im Öffentlichen Dienst scheint ebenso Parteienkonsens, wie weitere Schließungen von Krankenhäusern, Bädern und Kitas. Die Buchhalter der Politik erklären unisono: "Es gibt keine Alternative. Die Kassen sind leer." Keiner stellt mehr die Frage, wer die Kassen leer gemacht hat und welche beispiellose Umverteilung von Unten nach Oben in den letzten 20 Jahren stattfand. Entwürdigende Verarmungsentwicklungen sind eingetreten. Seit 1990 wurden in den Berliner Krankenhäusern 20 000 Stellen abgebaut. Der Abbau von weiteren 8 000 Stellen und 4 000 Betten ist in vollem Gange. Die städtischen Krankenhäuser wurden mit Unterstützung der Gewerkschaft in eine GmbH umgewandelt. Diese Entwicklung können wir nicht hinnehmen. Sie muß umgekehrt werden! Deshalb stehen wir auch hier als Teil der sozialen Basisinitiativen und oppositionellen Gewerkschafterinnen, die genauso wie in Stuttgart heute zum selben Termin eine aktive Minderheit unter den Lohnabhängigen in diesem Land repräsentieren. Einige von uns waren auch in Genua und haben dort einen kämpferischen, militanten Gewerkschaftsblock aus den verschiedenen europäischen Ländern erlebt, der uns auch viel Hoffnung und Mut gemacht hat für unsere Arbeit und Aktivitäten an einer radikalen sozialen Gegenwehr gegen die zunehmende soziale Gewalt der alltäglichen kapitalistischen Zumutungen.

Wir haben in Genua aber auch die politische und militärische Gewalt des Staatsterrorismus erlebt, wie es Dario Fo aus Italien schon einige Tage vor den Ereignissen aufgrund seiner politischen Erfahrungen in Italien prophezeite.

Mehr denn je müssen wir hier in Berlin genauso wie überall daran gehen, sozialen Widerstand von unten aufzubauen. Das wird keine Partei und keine Gewerkschaft für uns tun! Wir brauchen eine Bewegung, die neue Beziehungen zwischen den beteiligten Gruppen herstellt, die jeden Anspruch von Unterordnung und Führung ablehnt, die durch ihr aktives Handeln auch den Umstehenden und Unentschlossenen, oft von politischer und gewerkschaftlicher Aktivität Enttäuschten, zeigt, dass eine andere Welt möglich ist, in der nicht nur der Terror der Ökonomie und das "alles muß sich rechnen" herrscht, sondern soziale Fantasie und solidarische Beziehungen.

Dieser soziale Widerstand muß auch hier im Lande grenzenlos sein, er muß vor allem die Flüchtlinge genauso einschließen wie alle die, die sich tagtäglich gegen soziale Demütigung wehren und sich als Arbeitskraft verkaufen müssen, erwerbslos sind oder ohne Papiere gerade hier in Berlin einen Teil des sozialen Reichtums schaffen.

Diese breite mutige soziale Gegenwehr ist die Grundlage für eine wirksame Anti- Kriegsfront gegen die, die aus dieser Welt einen Marktplatz machen wollen und aus uns allen jederzeit wegwerfbare Waren.

Deshalb stehen und reden wir hier und werden unseren Teil zum Aufbau einer breiten sozialen Widerstandsbewegung in Berlin beitragen. "Eine andere Welt ist möglich" Gemeinsam können wir etwas verändern. "Tous ensemble. Alle gemeinsam!"

Zum Schluß noch eine gute Nachricht: Die Demonstrationen gegen Krieg, Sozialabbau und Rassismus gehen weiter. Am 18. 10., Donnerstag in 8 Tagen, um 18 Uhr, S/U Friedrichstr, sehen wir uns wieder unter dem Motto:

"Wir wollen nicht eure Kriege und werden nicht dafür bezahlen!"


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