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Angelika Beier, Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen / Friedensdemo 17.11.01, Dortmund
Liebe Friedensfreunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
als Willi Hoffmeister mich fragte, ob ich heute hier reden würde, rotierte es in meinem Kopf ! Eigentlich sind alle Wochenenden belegt, eigentlich müßte dieses Jahr einen Monat mehr haben, damit ich meine Arbeit schaffe. Eigentlich wollte ich nichts Zusätzliches annehmen...
Vor all dies schob sich aber immer wieder ein Gedanke: in dieser Situation kann und darf es nichts Wichtigeres geben! Es kann doch wohl nicht sein, dass wir zu beschäftigt sind, um uns gegen Krieg zu wehren!
Ja, Deutschland wird Krieg führen. Unsere Bundeswehr soll sich am Angriffskrieg der USA beteiligen. An einem Krieg, der durch nichts legitimiert ist - falls ein Krieg überhaupt jemals legitim sein kann.
Aber diese Frage dürfen wir gar nicht stellen. Wir haben uneingeschränkte Solidarität zu üben. Die USA haben mit geholfen, uns vom Hitler-Faschismus zu befreien, jetzt müssen wir ihnen helfen, sie und uns alle vom Terrorismus zu befreien...
Wer es wagt, diese Argumentation anzuzweifeln, wer es wagt, zu fragen, wozu denn die Bombardierung von Afghanistan gut sein soll, welche wahren Interessen dahinter stecken, hat einen schweren Stand. Er oder sie wird regelrecht verfolgt - wie der Lehrer in Siegen oder der Lüdenscheider Metallarbeiter. Beide sind einer unglaublichen Hetzkampagne ausgesetzt - und sie sind nicht die einzigen.
Diese Bundesregierung, von der wir uns 1998 doch so einiges versprochen hatten, die nicht willens ist, Arbeitslosigkeit konsequent zu bekämpfen, die die solidarische Rente ausgehebelt hat und die Arbeitslosenhilfe abschaffen will, die einen Armuts- und Reichtumsbericht vorlegt - aber keine Konsequenzen zieht und z.B. die Sozialhilfe erhöht, was dringend notwendig wäre, diese Bundesregierung ist ohne Zögern bereit, Milliarden für den Krieg und die vermeintliche innere Sicherheit auszugeben.
Die neue deutsche Militärpolitik soll nicht mehr nur auf Verteidigung ausgerichtet sein, nein, Schröder und Fischer haben weltpolitische Ambitionen. Die Deutschen müßten sich für eine Enttabuisierung des Militärischen“ entscheiden, so will es der Bundeskanzler, und sein Außenminister legt nach: Einen "Ordnungsmangel" irgendwo in der Welt dürfe man nicht mehr zulassen, und weil die "Wehrhaftigkeit" Geld kostet, müsse die Bevölkerung sich darauf einstellen, dass sie zur Kasse gebeten werde.
Da geht es nicht mehr um den Abbau von Arbeitslosigkeit, um den Erhalt und Ausbau des Sozialstaates. Keine uneingeschränkte Solidarität mit den Arbeitslosen und Armen! Keine Milliarden für ein Beschäftigungsprogramm! Keine Grundsicherung und Mindestlöhne, die vor Armut schützen.
Nein - die deutsche Politik hat nun Wichtigeres zu tun."Sie muß dem Bürger das Gefühl geben, dass es auch noch eine andere Sicherheit gibt als die soziale", schrieb die Zeitung Die Welt.
Aufgeklärte Regierungen würden einsehen, dass Elend und Hoffnungslosigkeit Nährboden für Terrorismus sind. Soziale Gerechtigkeit weltweit und eine Entwicklungspolitik, die das Elend beseitigt, sind die einzigen wirksamen Mittel dagegen.
Aufgeklärte Regierungen würden sehen, dass der Kapitalismus die Armen erdrückt, dass er von einer Krise in die nächste gerät, die wiederum Quelle von neuem Elend ist. Und dass er in seiner neoliberalen Form zu einer Kriegsmaschine der Reichen gegen die Armen geworden ist. Eine aufgeklärte Regierung könnte diese Politik ändern - und unter den Völkern würde Hoffnung entstehen..
Diese Regierungskoalition hat den weltweiten Bundeswehreinsatz mit Strategie und Machtkalkül durchgesetzt. Jetzt kommt es darauf an, ihr zu zeigen, dass sie nicht im Interesse des Volkes handelt. Wir müssen die Propaganda enttarnen und noch viel mehr Menschen dazu bewegen, eindeutig NEIN zu sagen zum Kurs der Regierung, der USA und der NATO.
Die Friedensbewegung und in ihr die Gewerkschaften haben jetzt eine große Verantwortung! Wir brauchen eine Willensbildung an der gewerkschaftlichen Basis.
Ich bin sehr froh, dass mein ver.di-Bezirk Bielefeld-Gütersloh den Vorsitzenden Frank Bsirske aufgefordert hat, aktiv zu werden. In dem Brief heißt es u.a.: "Wir würden uns wünschen, dass zu einer bundesweiten Demonstration in Berlin aufgerufen wird und sind sehr optimistisch, dass viele unserer Mitglieder, aber auch Mitglieder anderer DGB-Gewerkschaften, der Parteien, Wohlfahrtsverbände und der Kirchen uns unterstützen und damit eine machtvolle Demonstration für den Frieden und gegen die Entscheidung des Bundestages stattfindet, weil wir davon überzeugt sind, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger diesen Krieg nicht will."
Ich wünsche mir viele solcher Briefe an unsere Gewerkschaftsvorsitzenden, Partei- und Kirchenoberen.
Denn eins darf nicht passieren, liebe Freundinnen und Freunde, dass wir uns an diesen und an zukünftige Kriege gewöhnen.
Danke.
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