LabourNet Germany

Home Über unsSuchenTermine

 

Positionspapier des DGB-Landesbezirksvorstands zu den Terroranschlägen in den USA

Stand: 17.10.2001


Der Deutsche Gewerkschaftsbund Baden-Württemberg verurteilt die menschenverachtenden Terroranschläge auf die Vereinigten Staaten. Wir erklären uns solidarisch mit den Opfern, ihren Angehörigen sowie dem ganzen amerikanischen Volk. Argumente, gar eine Rechtfertigung, für diesen Terror gibt es keine. Wie auch immer jemand zur Politik der USA stehen mag: Verständnis für die Täter kann und darf es nicht geben!

Trotz aller Wut und Trauer ist besonnenes Handeln die oberste Priorität. Vergeltung und Rache können nicht unser Ziel sein. Unschuldige müssen verschont werden. Es darf nicht zu einer neuen Spirale der Gewalt und der Eskalation kommen.

Ausmaß und Mittel der derzeitigen Militäraktionen in Afghanistan genügen diesen Kriterien nicht mehr. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel, der Schutz der Zivilbevölkerung und die Vermeidung einer weiteren Eskalation sind nicht mehr gewahrt. Eine humanitäre Katastrophe steht unmittelbar bevor. Wir fordern deshalb dringend eine Einstellung der Bombardierung Afghanistans, verbunden mit massiver Hilfe für die Bevölkerung Afghanistans und weiteren diplomatischen Bemühungen. Die politische Lage muss jetzt neu bewertet werden.

Wir begrüßen die Bemühungen der USA, ein internationales Bündnis gegen den Terrorismus zu bilden. Dabei hat für uns ein politisches Gesamtkonzept oberste Priorität. Den Ankündigungen, die politischen Ursachen des Terrorismus zu bekämpfen, müssen jetzt deutlich sichtbare Taten folgen. Wir erwarten eindeutige politische Schritte!

Der DGB fordert ein weltweites Bündnis für Menschlichkeit,

Freiheit und soziale Gerechtigkeit. Wenn es nicht gelingt,

ethnische Konflikte, Armut, Unterentwicklung und skrupellose Ausbeutung wirksam zu bekämpfen, dann werden die falschen Propheten von Hass und Gewalt immer wieder gläubige Anhänger finden, um aus ihnen fanatische Attentäter zu machen.

Die Verantwortlichen des Massenmordes in New York und Washington, die Organisatoren wie die Finanziers des internationalen Terrors, müssen aufgespürt und mit den Mitteln von Rechtsstaaten zur Rechenschaft gezogen werden. Wir fordern eine rechtsstaatlich ausgerichtete, aber konsequente Nutzung aller Mittel der Strafverfolgung, insbesondere der internationalen polizeilichen und geheimdienstlichen Zusammenarbeit in der Terrorismusbekämpfung.

Die Entwicklung eines internationalen Strafrechts, die Anerkennung des internationalen Strafgerichtshofs durch alle Staaten und die Aufstellung einer unter der Verantwortung der UNO stehenden internationalen Anti-Terror-Polizei als Teil eines globalen Gewaltmonopols im Rahmen der UNO sind zwingend erforderlich. Die weiteren Schritte müssen in der UNO beschlossen und unter der Verantwortung der UNO durchgeführt werden.

Die Durchsetzung eines an rechtsstaatlichen Kriterien orientierten Strafverfolgungsanspruchs muss Aufgabe einer internationalen Anti-Terror-Polizei unter UNO-Mandat sein. Solange es diese nicht gibt, dürfen militärische Mittel nur eine unvermeidliche allerletzte Konsequenz des Handelns sein.

Militärische Aktionen müssen aber immer die Folgen mit bedenken. Vergeltungsschläge oder gar Kreuzzüge werden von uns abgelehnt. Wir wenden uns mit aller Entschiedenheit dagegen, ganze Völker mit Krieg zu überziehen, nur um terroristischen Mörderbanden das Handwerk zu legen.

Die Ursachen des internationalen Terrorismus sind zu bekämpfen. Dazu ist es notwendig, dass die Prävention von Krisen und die Schaffung einer gerechteren Weltwirtschaftsordnung oberste Priorität bekommen.

Es ist deshalb unabdingbar, von der auf Deregulierung ausgerichteten Politik des IWF und der Weltbank abzukehren. Diese Politik zwingt Staaten, insbesondere Staaten der Dritten Welt, zu massiven Einsparungen im Bereich der Bildung, Gesundheit und der sozialen Grundsicherung. Die Politik von IWF und der Weltbank muss künftig verstärkt auf soziale Stabilität und sozialen Ausgleich zwischen den Völkern ausgerichtet werden.

Die Einführung einer Steuer auf spekulative Finanztransfers (Tobin-Tax), sowie ein Schuldenerlass und verbesserte Marktzugänge für Entwicklungsländer sind weitere wichtige Eckpfeiler.

Als einer der ersten Schritte muss jedoch mit oberster Priorität Frieden zwischen Israel und den Palästinensern geschaffen werden.

So sollten z.B. Projekte, wie die Meerwasserentsalzungsanlage, die zum Ziel hat, alle Gebiete des Nahen Ostens mit ausreichend Wasser zu versorgen, unverzüglich verwirklicht und von der EU finanziell unterstützt werden.

Nicht der Islam, nicht die arabischen Staaten, sondern einige blindwütige Fanatiker sind verantwortlich für die Terroranschläge auf die USA. Wir wenden uns deshalb entschieden gegen die Rede vom „Kampf der Kulturen“. Weder die arabische Welt insgesamt noch der Islam an sich sind verantwortlich zu machen für die Terrorakte und den internationalen Terrorismus.

Ebenso müssen Staaten, in denen die christliche und/oder die jüdische Religion vorherrscht, mit Besonnenheit, Augenmaß und Weltoffenheit reagieren.

Es gibt keinen Grund, ganze Kulturen und Religionen für die Anschläge und den internationalen Terrorismus verantwortlich zu machen.

Wir wollen auch weiterhin eine offene und tolerante Gesellschaft bleiben. Wir verurteilen jeden Versuch, Menschen allein wegen ihrer Herkunft oder Religion auszugrenzen oder zu verfolgen. Der DGB ruft dazu auf, das Zusammenleben und Zusammenarbeiten deutscher und ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht aufs Spiel zu setzen.

Anteilnahme am Schicksal der Opfer darf aber nicht „uneingeschränkte Solidarität“ bei allen weiteren Schritten bedeuten. Die Bundesregierung und der Bundestag müssen in eigener Verantwortung und unter Beachtung der verfassungsmäßigen Regeln selbst entscheiden können, welche Hilfe mit welchen Mitteln sie für notwendig halten. Einen militärischen Automatismus darf es nicht geben. Umfang und Ausmaß der Beteiligung Deutschlands können nur in Kenntnis der konkreten Maßnahmen der USA entschieden werden und müssen auch die Interessen Deutschlands und Europas wahren.

Die Bekämpfung des Terrorismus muss auf allen Ebenen, auch in der Innenpolitik, erfolgen. Dazu gehört auch, wo immer möglich, die Finanzquellen des Terrorismus auszutrocknen. Bei jedem einzelnen Schritt im Bereich der Inneren Sicherheit ist aber zu überlegen, ob er wirklich dem Ziel nützt, mehr Sicherheit zu bringen. Jede Entscheidung muss die Balance zwischen persönlicher Freiheit und kollektiver Sicherheit bewahren. Wir wenden uns gegen jeden Versuch, unter dem Vorwand, mehr Innere Sicherheit herzustellen, eine unverhältnismäßige Einschränkung von Bürgerrechten vorzunehmen.

Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben ein Recht auf Innere Sicherheit. Für die Innere Sicherheit muss alles Notwendige getan werden. Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren über die bisherigen Regelungen hinaus ist aber die falsche Antwort. Das Gebot der Stunde ist die Bereitstellung der notwendigen Mittel für eine bessere Ausstattung und personelle Aufstockung der Polizei. Finanzielle und personelle Kürzungen im Bereich der Inneren Sicherheit können gerade im Hinblick auf die derzeitige Sicherheitslage nicht länger akzeptiert werden.

Außerdem fordern wir , die in den vergangenen Jahren verstärkte Politik der Privatisierung der Inneren Sicherheit zu stoppen und einer Überprüfung zu unterziehen. Innere Sicherheit ist für den DGB eine öffentliche Aufgabe.

LBV-Positionspapier -Terroranschläge USA Seite


Home
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
Der virtuelle Treffpunkt der Gewerkschafts- und Betriebslinken
The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace
Datei:
Datum: