11.05.1999
Vor sieben Wochen hat der NATO-Angriffskrieg genen Jugoslawien begonnen, ohne daß heute ein Ende der furchtbaren Zerstörungen absehbar wäre. Was uns von Euch anfänglich als kurzer "chirurgischer Eingriff" verkauft wurde, mit dem Milosevic "zum Einlenken" gezwungen werden könnte, erweist sich jetzt als planmäßige Tötung von Menschen und Zerstörung von Fabriken, Infrastruktur und Wohngebieten. Wie immer sind es die kleinen Leute aller beteiligten und betroffenen Länder, die die Zeche zahlen werden. Mit jeder Bombe werden die Menschen in Jugoslawien ein Stück weiter in die Arme extremer rechter serbischer Nationalisten getrieben.
Dieser Krieg treibt die schon hohe Arbeitslosigkeit in Jugoslawien und den (etwa durch die Blockade der Donau) mittelbar betroffenen Nachbarländern weiter in die Höhe und stürzt viele Familien in Not und Elend. Die schwerwiegenden Folgen für die Umwelt der gesamten Balkanregion und die gesundheitlichen Spätfolgen sind derzeit noch nicht absehbar. Diese Kriegspolitik, wie sie von der Bundesregierung aktiv mitbetrieben wird, ist weder sozial noch ökologisch. Als Aktiver Gewerkschafter haben wir uns im vergangenen September unter einem Politikwechsel im Interesse der arbeitenden Menschen etwas völlig anders vorgestellt. Viele unserer KollegInnen haben am 27. September 1998 "rot-grün" gewählt; sie haben damit aber Euch auf keinen Fall ein Mandat für einen Angriffskrieg erteilt.
Dabei hat sich auch die Lage der Menschen im Kosvo nach dem Abzug der OSZE-Beobachter und letztlich als Folge der tagtäglichen Bombardements in den vergangen Wochen wesentlich verschlimmert. Wohin sollen nach einer Beendigung des Krieges denn die Flüchtlinge zurückkehren, wenn die Städte im Kosovo jeden Tag eine Hauptzielscheibe der NATO-Bomber sind?
Entsetzt mußten wir in den letzten Tagen dieAnkündigung von US-Präsident Clinton vernehmen, daß die Bombardierung "erbarmungslos" fortgesetzt werde. Mit jedem weiteren Kriegstag wächst - insbesondere nach der "irrtümlichen" Bombardierung der chinesischen Botschaft Ende vergangener Woche - die Gefahr einer Ausweitung dieses Krieges mit unabsehbaren Folgen.
Wir halten es mit dem früheren ÖTV-Vorsitzenden Adolph Kummernuss, der feststellte: Noch kein Krieg dieser Erde hat die Arbeiterbewegung irgendwelche Vorteile gebracht. Die Leichtigkeit, mit der die neue Bundesregierung und die Spitzen von SPD und B90/Die Grünen diesen Angriffskrieg mit initiert oder zumindest gerechtfertigt haben, hat bei uns Vertrauen und Hoffnung zerstört. Ebenso schockiert hat uns die vor wenigen Wochen beim NATO-Jubiläunsgipfel mit Eurer Unterstützung erfolgte völlige Neudefinition der NATO-Ziele.
Wir fordern Euch auf: Setzt ein Zeichen und zieht Eure Zustimmung zum NATO-Angriffskrieg zurück! Sofortiger Abzug der Bundeswehr! Von deutschem Boden darf kein einziges Militärflugzeug mit der tödlichen Last mehr starten! Die NATO hat auf dem Balkan nichts zu suchen! Sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen! Zurück zu einer politischen Lösung!
Mit freundlichen Grüßen
Für den Ortsvereinsvorstand:
Hans-Gerd Öfinger, WOlfgang Mancas, Horst Gobrecht, Jörg Jungmann, Joachim John, Udo Orio, Norbert Rost.