Einstimmiger Beschluß des Landesbezirksvorstandes der Gewerkschaft hbv
Landesbezirk Niedersachsen/Bremen vom 15. 4. 1999
Was seit langem absehbar war, ist geschehen: Ohne UN-Mandat und unter Bruch des Völkerrecht hat die NATO mit Unterstützung der Bundeswehr und der Bundesregierung die Republik Jugoslawien angegriffen. Das Faustrecht wird wieder Bestandteil der internationalen Beziehungen - mit verheerenden Folgen für die Zukunft.
Laut Artikel 51 der UN-Charta haben die jugoslawischen Streitkräfte das legitime Recht, ihr Territorium gegen diesen Angriff zu verteidigen.
Besonders bedrückend ist es, daß Deutschland zum dritten Mal in diesem Jahrhundert militärisch, diesmal im Rahmen der NATO, auf dem Balkan interveniert und sich aus machtpolitischen Gründen in die inneren Angelegenheiten der dortigen Staaten einmischt. Bundesregierung und Bundeswehr verstoßen damit gegen Artikel 25 und 26 des Grundgesetzes, mit denen unter Bezug auf das Völkerrecht schon die Vorbereitung von Angriffskriegen unter Strafe gestellt ist.
Nationalitätenkonflikte werden dazu genutzt, Staaten, die sich dem deutschen Machtkalkül widersetzen, zu destabilisieren.
Mit Unterstützung Deutschlands wurde die albanische Untergrundarmee UCK systematisch gestärkt. ( U. a. gibt es Hinweise, das Waffen und Uniformen aus Bundeswehr- und Natobeständen geliefert werden und die Ausbildung unter Anleitung deutscher Ausbilder geschieht.) Das militärische Vorgehen der jugoslawischen Sicherheitskräfte gegen die UCK und die unmenschliche Behandlung der albanischen Bevölkerung dienen nun als Vorwand der Intervention. Man wolle die Menschenrechte schützen und neue Massaker verhindern, heißt es. Durch den Angriff auf Jugoslawien werden die ethnischen Konflikte jedoch in unverantwortlicher Weise weiter angeheizt und sie stärken das revanchistische Milosovec-Regime.
Daß es der Bundesregierung nicht um den Schutz der Menschenrechte geht, sondern um Machtpolitik, wird deutlich, wenn man den kurdischen mit dem albanischen Nationalitätenkonflikt vergleicht. Seit Jahren unterstützt die deutsche Regierung ihren Natopartner Türkei durch großzügige Waffenlieferungen im Kampf gegen die aufständischen Kurden. Tausende von Dörfern wurden bereits vernichtet, zehntausende von Menschen umgebracht. Trotz Folter und massiver Menschenrechtsverletzungen wird die Unterstützung des türkischen Militärs nicht eingestellt. Trotz drohender Folter und Ermordung werden Kurden unter Mißachtung der Genfer Flüchtlingskonvention aus Deutschland in die Türkei abgeschoben. Der türkische Staat kann sich als Garant deutsche Interessen im nahen Osten und in Vorderasien deutscher Unterstützung sicher sein.
Nicht so die Republik Jugoslawien, die traditionell über gute Beziehungen zu Rußland verfügt. Sie soll zerschlagen werden, um die Riegelstellung der NATO gegen Rußland zu komplettieren. Wie schon im Ersten und Zweiten Weltkrieg überschneiden sich auch heute auf dem Balkan westliche und östliche Interessen. Der Einsatz militärischer Gewalt in dieser Region kann daher leicht zum Flächenbrand werden, wie bereits zweimal in diesem Jahrhundert.
Die Balkanvölker können und müssen ihre Angelegenheiten selber regeln. Jede Einmischung von außen hat die Konflikte bislang nur verschärft. Die NATO hat dort nichts zu suchen und die Bundeswehr schon gar nichts. Deutsches Militär hat in dieser Region genug Unheil angerichtet.
Alle beteiligten Konfliktparteien sind aufgefordert, Vertreibungen und Menschenrechtsverletzungen sofort einzustellen.
Der Landesbezirksvorstand fordert alle MitgliederInnen auf:
* den Aufruf der GewerkschafterInnen "Nato-Angriffe sofort beenden !" zu unterschreiben;
* an den örtlichen Aktionen der Friedensbewegung teilzunehmen
Die Orts- und Bezirksverwaltungen werden aufgefordert unsere Position zum Krieg im Kosovo öffentlich zu machen und in den Mittelpunkt der 1. Mai-Veranstaltungen zu stellen.
Der LBV beschließt, diesen Antrag dem Hauptvorstand für seine Sitzung am 21.4.99 vorzulegen.