Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter rufen auf:
NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien sofort beenden
Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Dieter
Schulte hat der Bundesregierung für die NATO-Intervention "die Unterstützung
des Gewerkschaftsbundes zugesichert" (Frankfurter Rundschau v. 31.3.1999)
Wir - Mitglieder und FunktionsträgerInnen von Berliner
DGB-Gewerkschaften erklären hierzu:
Für uns hat der Kollege Schulte nicht gesprochen -
Wir unterstützen diesen Angriffskrieg nicht. Wir sind der Meinung, daß
konsequente GewerkschafterInnen diesen Nato-Militärschlag mit deutscher
Beteiligung verurteilen müssen
- Der DGB hat noch in seinem Aufruf zum Antikriegstag, 1. September 1998 ausgeführt:
"Um die Idee des friedlichen Zusammenlebens der Völker zu verwirklichen,
brauchen wir internationale Regeln und Institutionen, die den Prinzipien der
sozialen Gerechtigkeit und der wirtschaftlichen Teilhabe im weltweiten Maßstab
Geltung verschaffen. In einer globalisierten Welt ist ein friedliches Zusammen
leben langfristig nur auf der Basis gleicher Lebens- und Entwicklungschancen
möglich. "(DGB-Pressemeldung PM 157)
- Bei dem Krieg gegen Jugoslawien handelt es sich um einen völkerrechtswidrigen
Angriffskrieg, der gemäß Art. 26 Grundgesetz verboten ist. Die
Völkerrechtswidrigkeit ergibt sich aus der UN-Charta, die auch für
die Bundesrepublik Deutschland Gültigkeit besitzt. Nach Art. 25 GG sind
die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts.
Der gegenwärtige Krieg ist ein Verstoß gegen das Gewaltverbot der
UN-Charta. Eine Ermächtigung durch den Weltsicherheitsrat hat es nicht
gegeben und diese wäre wegen der Weigerung Rußlands und Chinas
auch nicht zustande gekommen. Um Weltpolizei spielen zu können, tritt
die sozialdemokratisch-grüne Regierung internationales Recht mit Füßen.
- Nach Schätzungen US-amerikanischer Militärexperten, die in der
Presse zitiert wurden, kostet jeder Tag der NATO-Angriffe allein an Waffen
500 Millionen DM, jede abgefeuerte Cruise-Missile schlägt mit knapp 2
Millionen Dollar zu Buche. Allein in der ersten Angriffsnacht sind über
hundert Stück davon abgefeuert worden und der bisher einzige zugegebene
abgeschossene US-Bomber vom Typ F-117 "Nighthawk" kostete 122 Millionen Dollar.
Wie mickrig sind demgegenüber die von der Bundesregierung für Flüchtlinge
zur Verfügung gestellten 24 Millionen Mark. Vor allem, wenn sie mit den
400 Millionen Mark verglichen werden, die der Bundestag als erste Rate für
die deutsche Kriegsbeteiligung bewilligt hat.
- Nach offiziellem Bekunden sollte das Ziel des Nato-Angriffskrieges sein,
eine humanitäre Katastrophe abzuwenden. Doch diese ist jetzt erst recht
durch die NATO herbeigebombt worden. Friedensbewegung und Friedensforschung
hatten vor Kriegsbeginn genau vor der Vertreibung der albanischen Bevölkerung
als Folge eines Angriffs gewarnt.
- Neben der sofortigen Beendigung des Krieges muß den Flüchtlingen
wirksam geholfen werden. Sicherer Friede kann vorbereitet werden, "wenn so
viel, wie jetzt der Krieg kostet, dafür verwendet wird, dass Kosovo nicht
länger das Armenhaus Europas bleibt" (aus dem Beschluß der a.o.
Landesdelegiertenversammlung der GEW Berlin v. 25.3.1999). Die Nato-Angriffe
haben die Flüchtlingszahlen wesentlich erhöht. Bisher tragen Albanien
und Mazedonien die Kosten der Versorgung in den Camps. Wir fordern, daß
die Bundesregierung die deutschen Grenzen für Kosovo-Flüchtlinge
öffnet, statt darüber zu diskutieren, daß die Flüchtlinge
"heimatnah" versorgt werden sollen, damit sie möglichst nicht bis nach
Deutschland gelangen. Unter ihnen wären dann immerhin eine Reihe von
Personen, die als ehemalige Asylbewerber von deutschen Behörden wieder
in ihr "sicheres Heimatland" abgeschoben wurden. Was könnte die Willkür
und den Widersinn der derzeitigen Asylgesetzgebung deutlicher zeigen!
- Es ist nicht wahr, daß es zwischen Wegschauen und Bomben keine Alternative
gibt. Statt den Krieg fortzusetzen, muß ganz neu verhandelt werden.
Das kann und darf nicht die Aufgabe der NATO sein: Wir fragen, ob die Verhandlungen
von Rambouillet mit der Einrichtung des Kosovo als NATO-Protektorat nicht
von Beginn an zum scheitern verurteilt waren. Es muß eine Lösung
für die Konflikte auf dem Balkan gefunden werden, die nicht Krieg und
mörderische Gewalt heißt, weder von seiten des jugoslawischen Staates
oder der UCK-Guerilla noch von seiten der NATO-Staaten. Zugleich müssen
alle Länder des Balkans von der EU wirtschaftlich massiv unterstützt
werden. Dafür hätte man das Geld dringend gebraucht, das jetzt verbombt
wird. Durch die planmäßige Zerstörung der Infrastruktur Jugoslawiens
werden sich diese Kosten noch um ein vielfaches erhöhen.
Als erstes gilt es, den Krieg sofort zu beenden. Wir fordern
von der SPD/Grünen-Regierung den sofortigen Stopp des Krieges und die Rückkehr
zu Verhandlungen.
Berlin, 3. April 1999. Erstunterzeichner (Funktionsangaben
dienen nur der Information)
Andreas Hesse (IG Medien), Eberhard Lindgens (GEW), Stefan
Müller (ehrenamtlicher Teamer, IG Metall), Hartwig Otto (DPG), Ulrich Peter
(Vorsitzender der Abteilung Kirchen und ihre Einrichtungen und Mitglied des
Bereichsvorstandes Gesundheit des ÖTV-Bezirks Berlin), Christian Wiesner-Stippel
(Mitglied im Landesbezirksvorstand Berlin-Brandenburg der IG Medien)
Bis einschließlich dem 23.4. haben über 90 Kolleginnen
und Kollegen, (Hauptamtliche, Funktionsträgerinnen und Mitglieder) aus
IGM, GDED, ÖTV, IG Medien, HBV, GEW und Postgewerkschaft unterzeichnet.
Zustimmungerklärungen und finanzielle Unterstützung
(Schecks) an:
Andreas Hesse
c/o Grondsatz, Stubenrauchstr. 7, 12161 Berlin, Tel. 859 66
089, Fax 859 66 091.