Erklärung von Kolleginnen und Kollegen der IGM zum Aggressionskrieg der deutschen Armee und anderer Nato-Armeen gegen die BR Jugoslawien
Dieter Schulte (Vorsitzender des DGB) und Jürgen Peters (2. Vorsitzender der IGM) sprechen nicht für uns!!
1. Als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter verurteilen wir den verbrecherischen Angriffskrieg deutscher und anderer Nato-Truppen auf die BR Jugoslawien, der seit dem 24. März ungemindert anhält. Unter der mehr als verlogenen Losung der Vermeidung einer "humanitären Katastrophe" im Kosovo beteiligen sich deutsche Soldaten nun zum dritten mal in diesem Jahrhundert an einem militärischen Überfall auf Jugoslawien. Nach der stufenweisen Gewöhnung der deutschen Bevölkerung an weltweite Einsätze der Bundeswehr in Kambodscha, Somalia, Bosnien und Albanien führt Deutschland nun offen Krieg gegen die BR Jugoslawien. Damit sind nun endgültig die Weichen dafür gestellt, auf welche Art in Zukunft die Bundeswehr gemäß ihrem offiziell gewandelten Auftrag die "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des Zugangs zu strategischen Rohstoffen..." im Interesse des deutschen Kapitals sichern soll. Eine weitere Militarisierung der Gesellschaft, eine Gewöhnung der deutschen Bevölkerung an weitere Kriegseinsätze und ein damit einhergehender gesteigerter deutscher Nationalismus sind zu befürchten. Mit der Beteiligung deutscher Soldaten an dem Angriffskrieg gegen Jugoslawien wurde auch offen das Grundgesetz dieses deutschen Staates gebrochen, in dem 1949 aufgrund der Verantwortung Deutschlands für zwei Weltkriege auf Druck der damaligen Anti-Hitler-Koalition ausdrücklich das Verbot von Angriffskriegen festgeschrieben wurde. Die Leichtigkeit, mit der dies geschieht läßt uns schlimmes befürchten, was den weiteren Abbau demokratischer Rechte durch diesen Staat auch und gerade im Hinblick auf eine sich entwickelnde Antikriegsbewegung angeht.
2. Bei diesem Krieg geht es nicht um die angebliche Verhinderung einer "humanitären Katastrophe", sondern, zur Zeit noch im Rahmen der NATO, um die weitere Absicherung politischer und ökonomischer deutscher Interessen auf dem Gebiet Ex-Jugoslawiens. Zu Recht heißt es in einer Stellungnahme des GEW-Bezirksverbands Frankfurt/Main:
"Dieser Krieg ist kein Krieg um Menschenrechte oder zur Verhinderung von Völkermord: Die Rede von der Verteidigung der Menschenrechte ist nichts anderes als eine moderne, zeitgemäße Formulierung eines Vorwandes zur Intervention in andere Staaten. Dieser Krieg kennt keine gerechte Seite, so sehr dies die jeweiligen Regierungen ihren Völkern auch weiszumachen versuchen. Beide kriegsführenden Seiten, die NATO und die Soldateska des Milosevic-Regimes, verdienen die Ächtung der Völker, die sie vorgeben zu repräsentieren."
Die Ablehnung des Aggressionskrieges gegen die BR Jugoslawien darf nicht gleichbedeutend mit einer Unterstützung des Milosevic-Regimes und dessen seit Jahrzehnten verfolgter Politik der nationalen Unterdrückung der albanischen Bevölkerung im Kosovo sein. Durch die jetzigen Bombardierungen wurde den reaktionären, nationalistischen serbischen Kräften nur ein weiterer Vorwand geliefert, ihre Politik der Unterdrückung der albanischen Mehrheit im Kosovo zu forcieren. In zahlreichen gewerkschaftlichen Stellungnahmen wird auf diesen Umstand hingewiesen. So z.B.:
"Im Gegenteil: Die Angriffe der NATO auf einen souveränen Staat, geben der jugoslawischen Führung den Vorwand, darauf mit der Verschärfung von Unterdrückung und Verfolgung zu reagieren". (ÖTV Bayern, 31.3.99) oder "Die Flüchtlingskatastrophe wird mir den Bombenangriffen noch mehr vorangetrieben, das Regime von Milosevic wird durch den Krieg nur noch gestärkt". (Stellungnahme der Vertrauensleute der IGM bei GHH Borsig Turbomaschinen GmbH, "Arbeiter dürfen nicht auf Arbeiter schiessen!").
Unter der Berücksichtigung des bisher gesagten müssen wir als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter ausgehend von unserem Verständnis von internationaler Solidarität zum einen der antiserbischen Hetze gegen unsere Kolleginnen und Kollegen in der BR Jugoslawien entgegentreten und dort mit allen gewerkschaftlichen und demokratischen Kräften zusammenarbeiten. Zum anderen müssen von uns diejenigen albanischen gewerkschaftlichen und demokratischen Kräfte aus dem Kosovo unterstützt werden, die sich bei ihrem gerechten Kampf gegen die nationale Unterdrückung durch die serbischen Reaktionäre nicht zum Anhängsel der deutschen Regierung oder der NATO machen lassen.
3. Die unerträgliche Unterstützung des DGB-Vorsitzenden Schulte für den Kriegskurs des sozialdemokratisch-grünen Kriegskabinetts hat zu zahlreichen, aber immer noch viel zu wenigen Protesten innerhalb der Gewerkschaften geführt. In einer Stellungnahme der 18. Bundesjugendkonferenz der IGM heißt es beispielhaft:
"Wir, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 18. Bundesjugendkonferenz der IG Metall in der Zeit vom 14. bis 17. April 1999 in Sprockhövel erklären hierzu: Für uns hat der Kollege Schulte nicht gesprochen - Wir unterstützen diesen Angriffskrieg nicht. Wir sind der Meinung, daß konsequente GewerkschafterInnen diesen Nato-Militärschlag mit deutscher Beteiligung verurteilen müssen."
Die IG Medien Hamburg erklärte am 17.4.1999 dazu:
"Wir distanzieren uns entschieden von den Äußerung des DGB-Vorsitzenden Schulte. Dieter Schulte hat damit sein Mandat mißbraucht und ist als DGB-Vorsitzender nicht länger tragbar."
Weitere Stellungnahmen gibt es zum Beispiel von der HBV (Landesbezirksleitung Thüringen), ÖTV (Bezirk Bayern), IG Medien (Landesbezirk Hessen), IG Medien (Bezirk Wiesbaden), dju in der IG Medien Hamburg, IG Medien (Bezirksverband Bremen)
Nicht besser als die Stellungnahme eines D. Schulte ist die Erklärung des 2. Vorsitzenden der IG Metall, J.Peters, der mit Verweis auf "immer größere humanitäre Katastrophen" die Kriegspolitik der deutschen Regierung rechtfertigt und von einer "scheinbar notwendig gewordenen militärischen Gewalt" redet. Im völligen Gegensatz zu diesen Stellungnahmen aus den Führungsgremien der Gewerkschaften fordern wir als Mitglieder der IGM eine sofortige Beendigung des Angriffskrieges Deutschlands und anderer NATO-Staaten gegen die BR Jugoslawien.
4. Um den Kriegskurs der deutschen Regierung zu stoppen, muß sich innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften eine breite Antikriegsbewegung entwickeln. In dieser Situation nun ausgerechnet von denjenigen führenden Gewerkschaftsfunktionären Unterstützung bei der Entwicklung einer Antikriegsbewegung in den Betrieben zu fordern, die sich durch eine Unterstützung des Kriegskurses der sozialdemokratisch-grünen Regierung hervorgetan haben, halten wir für sinnlos und schädlich. Richtungsweisend halten wir dagegen die erklärung der IG Medien Hamburg, die zutreffend die nächsten Aufgaben beschreibt:
"Dagegen rufen wir die Kolleginnen und Kollegen der verschiedenen Einzelgewerkschaften dazu auf, sich auf örtlicher und überregionaler Ebene zusammenzuschließen, um den Widerstand gegen die NATO-Einsätze und die dadurch verschärften Vertreibungsaktionen der serbischen Streitkräfte zu unterstützen. Unabhängig davon, ob es von den Führungen der jeweiligen Gewerkschaften Stellungnahmen gegen den Krieg gibt oder nicht: Dies ist nicht die Zeit, auf Resolutionen zu warten und Worten zu vertrauen. Protest und Widerstand müssen von unten artikuliert und organisiert werden."
MetallerInneninitiative gegen den Krieg/Bremen, 1. Mai 1999
V.i.S.d.P. und Kontakt: H.Bruns, Großestr. 35, 27299 Langwedel