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Der IBFG und Venezuela: nur peinlich?

Eine Kritik am letzten IBFG Statement (ICFTU in full solidarity with its Venezuelan affiliate, the CTV) vor dem Putschversuch von Helmut Weiss (mit Originalquelle im Anschluss)

Manche haben nachgefragt, noch mehr moegen sich gewundert haben: Warum bringt LabourNet Germany nichts zu Venezuela? Wir haben gezoegert, weil die einzige gewerkschaftliche Quelle, die uns zur Verfuegung stand, die Statements des Internationalen Bundes der Freien Gewerkschaften waren. Ihr gehoert der venezuelanische Gewerkschaftsbund CTV an - der zur Beteiligung an dem von den Unternehmerverbaenden ausgerufenen Streik aufrief.

 

Hinterher - falls es hinterher ist - ist mensch immer klueger. Das unten zitierte Statement des IBFG vom 10. April 2002 (ICFTU in full solidarity with its Venezuelan affiliate, the CTV) ist aber auch jetzt noch so sehr repraesentativ fuer die Politik des internationalen Gewerkschaftsbundes, dass eine kurze Analyse sowohl dessen politische Positionierung deutlich macht, als auch begruendet, warum kritische GewerkschafterInnen und Betriebslinke - und wer auch immer - auf der Basis solcher Desinformation keine Stellung beziehen koennen und auch nicht sollten.

Drei Punkte lassen die Parteinahme des IBFG deutlich werden - eine Parteinahme, die auch dann reaktionaer ist, wenn man nicht Anhaenger von Hugo Chavez oder sonstiger linker Caudillos ist.

 

1. Die Luege:

Gesagt wird: "...CTV hat beschlossen, den nationalen Streik um 24 Stunden zu verlaengern. Der CTV hatte vorher zum nationalen Unterstuetzungsstreik fuer die Oelarbeiter ab Sonntag aufgerufen." Was nicht gesagt wird: Dass dies faktisch zwei verschiedene Streiks waren. Der zweite, jener also dessen Verlaengerung bekannt gegeben wurde, ging keineswegs um die Oelarbeiter, sondern war der Streik gegen die Regierung, zu dem der Unternehmerverband aufgerufen hatte - und den der Gewerkschaftsbund CTV unterstuetzte. Fuer diesen Streik war keineswegs die Lage der Oelarbeiter Grund, sondern die personellen Wechsel im Management der staatlichen Oelgesellschaft, die Chavez dekretiert hatte - unter anderem hatte er einen prominenten linken Oekonomen benannt.

Dies war der Streik, der ja dann auch zur kurzfristigen Festnahme von Chavez fuehrte und seiner versuchten Ersetzung (sowie der in Volksabstimmung gebilligten Verfassung) durch den Streikfuehrer Unternehmerverbandspraesident Carmona.

Weder war dies ein ganz normaler Streik - obwohl versucht wird, diesen Eindruck zu erwecken - noch ist es dem IBFG eine Erwaehnung wert, dass CTV sich als Hilfsorganisation des putschwilligen Unternehmerverbandes betaetigt hat.

 

2. Das Schweigen:

Aber auch die verfaelschende Darstellung, es handele sich um einen Streik zur Unterstuetzung der Oelarbeiter, verschweigt noch die wesentliche politische Dimension des zumindest benannten Bereichs: Die lange Auseinandersetzung sowohl um die Oelpolitik, als auch um Privatisierung oder nein der Oelindustrie. Eine Auseinandersetzung bei der das IBFG-Mitglied CTV eine, neutral formuliert, dubiose Rolle gespielt hat und spielt. Zu der ganzen Geschichte dieser Auseinandersetzung kein winziges Wort - es wird versucht, ein Bild zu suggerieren, in dem ein kaempfender Gewerkschaftsbund (ausgerechnet jener CTV, der ueber seine ganze Geschichte hinweg mit politischen Parteien Venezuelas, die nicht eben progressiv sind, verbunden ist und war) einer quasi-diktatorischen Regierung gegenuebersteht. Dass Carmona ein fuehrender Vertreter der Privatisierungspolitik ist, ist Tatsache, der CTV sein Sozialpartner.

 

3. Die Tradition:

Diese Haltung hat - sicherlich nicht nur fuer Venezuela, aber darum geht es hier - eine lange Tradition. Die gesamte politische Lage wird bestenfalls passend sortiert dargestellt und LeserInnen, die die Lage nicht kennen, uebers Ohr gehauen.

Keine Erwaehnung finden solche "Nebensaechlichkeiten", wie dass der zweite Allierte des Unternehmerverbandes neben CTV, die Anti-Chavez-Fraktion des Militaers - wieder einmal - unter der Leitung von Leuten stand, die an der beruechtigten "School of the Americas" ausgebildet worden waren.

Keine Erwaehnung findet auch die soziale Realitaet des Landes, die unter anderem darin besteht:

Beispiele dafuer liessen sich noch einige anfuehren, ohne in Anspruch zu nehmen, die Situation in Venezuela genau zu kennen und ohne zum grossen Chavez Anhaenger zu werden: der aber natuerlich nicht wegen dem - vielen - was an seiner Politik zu kritisieren ist, weggeputscht werden sollte (und soll), sondern wegen jener Haltungen, die kritisch und oppositionell sind.

Insofern laesst sich sagen: Nein, es war eben nicht nur peinlich, was dem IBFG da passiert ist. Die Parteinahme fuer die Putschisten war logisches Ergebnis der Grundhaltung des CTV, und der passt sehr gut in den IBFG.


ICFTU in full solidarity with its Venezuelan affiliate, the CTV

Brussels, 10 April 2002 (ICFTU Online):

Whilst the Venezuelan Government is trying to minimise the impact of the strike and intimidate the strikers, the ICFTU-affiliated Confederación de Trabajadores de Venezuela (CTV), has decided to prolong the national strike by 24 hours. The CTV had previously called a national strike for Sunday to support workers at the Petróleos de Venezuela, S.A. (PDVSA) company. The latter have been in dispute for a month now with the government of President Hugo Chávez and are insisting that the claims of their members be met.

The CTV condemned the "aggressive and intolerant" reaction by the government to the strike on Tuesday, which the confederation described as a success. The Venezuelan authorities have attempted to misinform the people and to hold an undue number of televised speeches by President Chávez, government officials and miscellaneous supporters of his government, who have described the strike as a failure.

"The ICFTU deplores the provocative attitude of the authorities and calls on President Hugo Chávez to initiate a sincere dialogue with civil and trade union organisations. His behaviour has not been conducive to overcoming the current climate of social conflict and needs to change", stated ICFTU General Secretary Guy Ryder.


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