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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Seltene Erden und neue Autos für grüne Ökonomie? Über strategische Allianzen entlang der Seidenstraße Immer wieder kommt es in Zentralasien zu Klassenauseinandersetzungen, von denen allerdings nur die wenigsten hier bekannt werden. Vielleicht erinnert man sich an den Kampf der Erdölarbeiter in Kasachstan, wo es im Dezember 2011 nach monatelangen Streiks wegen nicht ausgezahlter Löhne im Zuge einer Demonstration zu einem Massaker kam, bei dem 16 TeilnehmerInnen erschossen und Hunderte verletzt wurden (vgl. www.labournet.de). Human Rights Watch, der »Arbeitskreis Internationalismus der IGM Berlin«, die junge GEW Berlin u.a. protestierten dagegen, dass Dutzende GewerkschafterInnen und Oppositionelle in Haft genommen, gefoltert und zu langjährigen Haft- oder zu hohen Geldstrafen verurteilt wurden – während Wirtschaftsminister Philipp Rösler u.a. auf Drängen von BASF, Bayer, Wacker Chemie, BMW, Daimler, Stahl-Holding-Saar und ThyssenKrupp mit dem diktatorialen Regime unter Präsident Nasarbajew eine sogenannte »Rohstoff- und Technologiepartnerschaft« abschloss. Die zur »Rohstoffallianz« im BDI zusammengeschlossenen Konzerne und die Bundesregierung versprechen sich so mehr Unabhängigkeit von China in Bezug auf die Versorgung mit »seltenen Erden«, die hierzulande u.a. für die Produktion von Green Economy-Exportschlagern wie Windrädern oder Hybridmotoren benötigt werden. Nichts hat man bei uns allerdings über die Streiks in den Gold- und Uranminen in Kirgisistan gehört. Auf 4 000 Meter Höhe wird im Tienshan-Gebirge, einem Gebirgszug zwischen Kirgisistan und China, von einer kanadischen Firma Gold und Uran abgebaut. In dieser Höhe zu produzieren, bedeutet einen extremen Raubbau am menschlichen Körper, doch auch die Verstrahlung schädigt Mensch und Natur. Immer wieder kommt es dort zu Kämpfen, und erst im März fand in den Minen eine Auseinandersetzung statt, die nach einer Woche Streik und Besetzung mit einer Lohnerhöhung von 4,5 Prozent beendet wurde. Über Usbekistan, wo im Frühjahr 2012 die KupferarbeiterInnen streikten, weiß man hierzulande ebenfalls wenig. Die Ökonomie dieses Binnenstaats mit seinen 29 Mio. EinwohnerInnen ist stark geprägt von der Baumwolle und der Seide, darüber hinaus verfügt das Land über Erdgas- und Erdölvorkommen sowie über Gold, Kupfer, Uran, Silber und andere Bodenschätze. Bekannt wurde höchstens das Engagement des SPD-Außenministers der großen Koalition, Frank-Walter Steinmeier, der sich für ein Ende des Embargos gegen Usbekistan im Interesse einer stabilen Erdgasversorgung Deutschlands einsetzte. Doch Usbekistan ist nicht nur wegen seiner Rohstoffe für westliches Kapital interessant, sondern auch als Produktionsstandort. GM etwa produziert, unbenommen von den geplanten Werksschließungen in Europa, in Usbekistan. Das Unternehmen schätzt die niedrigen Lohnkosten und Steuern sowie die hohen Subventionen, aber auch die »politische Stabilität«, die das autoritäre Regime rund um Präsident Islom Karimov verspricht. Usbekistan ist ein ›parlamentarischer‹ Polizeistaat, das merken selbst Touristen in der Hauptstadt Taschkent an allen Ecken und Enden. Jeglicher Opposition wird das Etikett des islamischen Extremismus verpasst, oft zu Unrecht. So flohen nach der Revolte in Andijon im Mai 2005, bei der geschätzte 400-600 Aufständische erschossen wurden, viele UsbekInnen nach Osh in Kirgisistan, wo eine usbekische Minderheit lebt. Der usbekischsprachige Redakteur einer Zeitung in Osh berichtete über die Vorgänge in Andijon, wurde daraufhin vom usbekischen Geheimdienst verfolgt, als islamischer Extremist denunziert (obwohl er alles andere als ein solcher war) und schließlich auf dem Weg zur Arbeit hingerichtet. General Motors will von Usbekistan aus den Markt der ehemaligen Sowjetunion bearbeiten. Das Unternehmen hat eine dominierende Stellung auf dem usbekischen Markt; das Straßenbild ist geprägt von GM-Erzeugnissen. Neben dem Werk in Asaka bei Andi-jon gibt es seit November 2011 auch eine Fabrik in der Hauptstadt Taschkent. Dabei kann GM an Vorarbeiten durch Joint Ventures zwischen dem heimischen Automobilhersteller und Monopolisten UzAvtoprom und Daewoo anknüpfen. Im Oktober 2007 ging General Motors unter dem Namen GM Daewoo Auto & Technology Uzbekistan ein Joint Venture mit UzAvtoprom ein, in dem GM 25 Prozent der Anteile hält. Aus der Vereinigung von Daewoo Motor und Chevrolet entstand schließlich GM Usbekistan. In den UzAvto-Werken werden bereits eine Reihe von Chevrolet-Modellen hergestellt, darunter der Captiva, Epica und Tacuma. Umgekehrt stellt GM sein Händlernetz zur Verfügung, um Chevis, made in Usbekistan, in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion zu verkaufen. In Asaka produzierte Uz-Avto nach letzten verfügbaren Angaben (Stand: 2009) jährlich etwa 190 000 Kleinwagen der Typen Daewoo Matiz, Daewoo Nexia und Damas für den zentralasiatischen und russischen Markt. Nicht bekannt ist, ob die dort produzierten Automobile mit ›grüner‹ Technologie fahren und ob es in dem wegen seiner Erdgasvorkommen von deutschen Industrielobbyisten umworbenen Land genügend Gas-Tankstellen für den motorisierten Individualverkehr vor Ort gibt. Auch von Streiks bei General Motors in Usbekistan ist bislang nichts bekannt. Doch das kann sich ändern – siehe nebenstehenden Bericht. KH/Peter Haumer Erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 6-7/12 |