Home > Branchen > Dokument | |
Updated: 18.12.2012 15:51 |
Black Pearl segelt noch, jetzt aber bunt 25 Jahre Labor Notes – Congratulations von Kirsten Huckenbeck Die KollegInnen in Detroit, Michigan, haben Grund zu feiern und wir einen Grund – schneckenpostbedingt leicht verspätet – zu gratulieren: 300 Ausgaben seit Februar 1979, als die kleine Crew der Fregatte – sozusagen der Black Pearl unter den Piratenschiffen, nur dass ihr Captain nicht Jack Sparrow heißt, sondern dass es derer gleich drei waren, darunter neben Kim Moody und Jim West auch die kluge Piratenbraut Jane Slaughter, deren Name in gewisser Weise Programm – bei rauer See Fahrt aufnahm, um den Kampf mit Winden und Wettern der beginnenden Lean Production sowie den unter den Ökonomen der 4. Internationale nicht ganz unpopulären Tiden der Ökonomie zu suchen. Nicht zu Unrecht kleidete Jane Slaughter in ihrem Grußwort an die heutige Besatzung ihr Lob in das schwer zu übersetzende Wortspiel »25 years of Labor Notes helps Rank and File weather employer-led storm«. Steifen Gegenwind hatten sie in der Tat damals schon, als sie sich vornahmen, den aufkeimenden Aktivismus der Basis gegen meist korrupte Gewerkschaftsbonzen und deren Business Unionism publizistisch zu unterstützen. Womit sie nicht gerechnet hatten, waren die massiven Attacken der Unternehmer auf alles, was auch nur entfernt nach Gewerkschaft roch, auf Rechte, Forderungen, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Lohnabhängigen. So war die Einwilligung zur Lohnkürzung von 1,15 Dollar pro Stunde bei Chrysler in Ausgabe 23 der Labor Notes noch die fette Schlagzeile »Here come wage cuts!« wert (mit dickem Ausrufezeichen, ganz im hoffnungslos unmodernen, sympathischen Flugblattstil der Betriebszeitungen, von denen sie auch optisch in den letzten zwei Jahrzehnten nur wenig unterschied). Undenkbar schien, dass das »Concession Bargaining« der Gewerkschaften die 80er Jahre bis in die 90er hinein nahezu durchgängig beherrschen würde. Kein Land in Sicht? Wir finden: Gut, dass es eine Zeitschrift gibt, die jede noch so kleine Auseinandersetzung, und sei es auch nur um Cent, für berichtenswert hielt und hält – und zwar keineswegs nur, wenn diese gewonnen wurde. Und die auch in den Zeiten der »Open Door«-Politik des US-amerikanischen Managements wachsam blieb und weder den Schamanen des Co-Managements Glauben schenkte, als diese von den unglaublichen Möglichkeiten der Partizipation predigten, die ein gegenseitiges »Geben und Nehmen« erforderten, noch auf Linie ging mit den »elder labor statesmen«, denen die ökonomisch maßvolle Regulierung der Sozialpartnerschaft innerste Überzeugung war. Ein Grund dafür, diese publizistische Linie durchzuhalten, liegt sicherlich darin, dass in Labor Notes nicht nur »für«, sondern vor allem »von« gewerkschaftlichen Aktivisten, Shop Stewards, Vertrauensleuten oder Organizern geschrieben wird. Nicht zu vergessen, dass Labor Notes immer mehr war als eine Zeitung. Legendär sind die alljährlichen Konferenzen mit regelmäßig um die 1 500 TeilnehmerInnen – eine Art Kirchentag der gewerkschaftlichen Opposition mit allem, was dazu gehört: ein Markt der Möglichkeiten – von best practise-Beispielen für die Edel-Varianten betrieblicher Sabotage, neuen Arbeitskampfformen wie Jerry Tuckers Inplant Strategies bis hin zum heute viel zitierten »Social Movement Unionism« (unter Spöttern gerne »Smooth«-Unionism genannt) u.v.m. Einiges hat sich aber auch geändert auf der Black Pearl der Freibeuter mit selbst ausgestelltem Kaperbrief: Waren die 90er Jahre noch gespickt mit hard core-Ökonomie, aus der dann, meist von Kim Moody, abgeleitet wurde, warum die industrielle Kernarbeiterschaft trotz und wegen der Krise eben doch die Avantgarde des Klassenkampfes stelle, findet sich heute vieles, was vor zehn Jahren noch zur »Peripherie« zählte, im Zentrum wieder. So beschäftigt sich die neueste Ausgabe z.B. mit einem »Wildcat Strike« von Krankenhausbeschäftigten, der Frage, ob und wie Wal Mart gewerkschaftlich organisiert werden könne und einem Streik bei einer Einzelhandelskette. Und noch etwas ist neu: Labor Notes gibt es mittlerweile nicht mehr nur schwarz-weiß, sondern bunt!! Und das nicht nur auf 16 Druck-Seiten, sondern online und im voraus und mit viel mehr Artikeln, als in der Druckfassung dokumentiert sind!!! Aus der Online-Ausgabe von März haben wir in
dieser Ausgabe des express ein paar Beiträge übersetzt,
die einen Eindruck davon vermitteln, mit welcher Bandbreite zu rechnen
ist, wenn man sich mit den Untiefen der US-amerikanischen Gewerkschaftspolitik
beschäftigen möchte. Wir wünschen den Kollegen jedenfalls,
dass ihnen das Herz nicht in die Windhose rutscht. email: labornotes@labornotes.org; www.labornotes.org Erschienen im express,
Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit,
3/04 |