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Updated: 18.12.2012 15:51
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Entwicklungsstaat, Dreierallianz und sozialer Protest - eine aktuelle Bilanz

Ist eine Personalentscheidung des ANC ein Indiz für die weitere politische Entwicklung der regierenden Dreierallianz? Thabo Mbeki kann kein drittes Mal als Präsident gewählt werden, so sagt es die Verfassung. Also scheint es ihm darauf anzukommen, weiterhin den Vorsitz des ANC zu behalten, um eine Einflussposition bei der Bestimmung seines Nachfolgekandidaten zu haben. Innerhalb der COSATU und auch der KP Südafrikas gibt es wichtige Strömungen, die den Gegenkandidaten um den ANC Vorsitz, Mbekis einstigen Stellvertreter Jacob Zuma unterstützen, auch die ANC Frauen tun dies mehrheitlich. Die zahlreichen (mehr oder minder) unabhängigen sozialen Bewegungen, die sich in den letzten Jahren anhand solcher Fragen wie Grundversorgung mit Wasser und Strom, Wohnungsproblemen und Vertreibungen, aber auch der Landfrage entwickelt haben, sehen den ANC entweder als bereits hoffnungslos verloren für progressive Ziele oder neigen dazu, Zuma als linkere Kraft zu unterstützen - was noch die Frage wäre, ob er das ist. Nicht um Parteipolitik geht es in der aktuellen Materialsammlung "Mbeki-Bilanz" vom 13. Dezember 2007 - der ANC Kongress beginnt am Wochenende - sondern um die soziale Lage in Südafrika und die Perspektiven für die breiten Teile der Bevölkerung, die auch hier keinen Aufschwung erleben.

Eine Bilanz der Nach-Apartheid

Wie das mit statistisch begründeten Bilanzen überall ist: Wenn Kritiker Zahlen benutzen, hat die Regierung andere, ganz wie bei den Schrökels dieser Welt bezüglich Aufschwüngen und anderen Übungen. Warum sollte dies in Südafrika anders sein? Ist es nicht.

Der Bericht "Gap between haves and have-nots yawns wider" externer Link der UNO-Nachrichtenagentur IRIN vom 7. November 2007 bringt beide Argumentationen zusammen.

Alles im grünen Bereich - der Finanzminister

"Finance minister Trevor Manuel told parliament in his mid-term budget review in late October that all income groups were earning about 22 percent more than they were in 1999, and that "in 1996, just over half our people did not have water in their homes; today, over 88 percent of people have access to piped water. In 1996, only 64 percent of our people lived in formal houses; today, over 70 percent enjoy this right."
He said South Africa was in its ninth year of the longest economic upswing since national accounts had been kept, and income across all groups had risen by 22 percent per person since 1999. "These are substantial steps towards our medium-term economic goals: growth of 6 percent a year or more, an unemployment rate of below 14 percent by 2014, and an aggregate poverty rate half that recorded in 2004."
Government policy for poverty reduction is predicated on growth, and in his speech Manuel predicted economic growth of 4.9 percent in 2007 and 4.5 percent in 2008, before returning to about 5 percent a year in 2009 and 2010".

Neben zwei allgemeingültigen Anmerkungen: Erstens macht es immer stutzig, wenn bei solcherart Argumentationen für jede Kennziffer ein anderes Vergleichsjahr genommen wird und zweitens, wer die weitere Entwicklung an Wachstumsprognosen hängt, baut oft genug auf Sand - bleibt also die Kernaussage, im Aufschwung hätten die Einkommen seit 1999 durchschnittlich um 22% zugenommen.

Im selben Beitrag sieht der Wirtschaftsjournalist Terreblanche das ganz anders:

"ANC policies over the past 13 years have created a black elite, the co-called 'black diamonds', of [around] 2 million people, and a black middle class of (about) 6 million. The gap between the [roughly] 8 million rich blacks and the 20 to 25 million poor blacks has become dangerously big. The other 10 to 15 million blacks are neither poor nor rich," said Terreblanche, who was involved in clandestine meetings with the then banned ANC in the 1980s".

Nun sind zwar auch diese Zahlen sehr grob, wie leicht auszumachen ist, aber es wird eben direkt die Frage der Verteilung der steigenden Einkommen gestellt, was die Regierung sittsam beiseite läßt. Und, im weiteren Verlauf des Berichts spricht derselbe Terreblanche auch noch eine andere Frage an, um dies es nun keinen Zahlenstreit geben kann: Dass die Regierung zwar ausführlich über die Einführung eines Grundeinkommens diskutiert habe, es aber nicht realisiert hat, weil zu befürchten war, dass die "internationalen Institutionen" die Bewertung Südafrikas als Anlegestat herabgestuft hätten, wegen einer sogenannten populistischen Politik (so nennen die Schreibtischtäter jeden Schritt der Forderungen der Bevölkerung in Rechnung zieht).

Der BBC-Bericht "Poor S Africans double in decade" externer Link vom 12. November 2007 sieht die gesamte Entwicklung aus Sicht der Betroffenen:

"The number of South Africans living on less than $1 a day has more than doubled in a decade since shortly after the end of apartheid. The South African Institute of Race Relations survey said 4.2m people were living on $1 a day in 2005. This is up from 1.9m in 1996, two years after the first all-race elections. "Poverty has increased both in absolute numbers and proportionally," SAIRR said in a statement, blaming the rise on unemployment and HIV/Aids. Despite good economic growth in recent years, unemployment has remained consistently high at about 26%".

Wobei natürlich auch die Erwerbslosenzahl mit der üblichen Vorsicht zu geniessen ist - aber dass sie eben trotz des allseits gepriesenen Wachstums nicht gesunken ist spricht für sich, wie in anderen Ländern auch.

Auftritt Zuma

In dem BBC Bericht wird dann eben auch der frühere, von Mbeki entlassene ANC-Vize Zuma zitiert und darauf verwiesen, er kritisiere die Regierung, weil sie nicht genügend gegen die Armut unternähme. Mit dieser Haltung wurde er nicht nur der Hauptkonkurrent Mbekis um das Amt des ANC-Vorsitzenden, sondern auch zum Kandidaten des Gewerkschaftsbundes COSATU, der KP Südafrikas und der Frauenabteilung des ANC - und damit hat er gute Chancen, zu gewinnen.

Wobei sich die Frage erhebt, weshalb Jacob Zuma nicht früher Opposition gegen einen Kurs angemeldet hat, der schon seit Programmen wie GEAR absehbar war. Seine Biographie auf der Seite des ANC jedenfalls gibt keine Hinweise darauf, dass er frühzeitig gegen eine Wirtschaftspolitik aufgetreten wäre, die auf Marktwirtschaft setzt. In einer Rede zum Haushalt aus dem Jahre 2005,am 25. Mai beispielsweise, beschränkte er sich auf die offizielle ANC-Position:

"In keeping true to the wishes of our people who drafted the Charter, we are continuing with interventions to deracialise the economy. This is with a view to expand access to economic opportunities for the historically marginalised - those making a living in the second economy".

Nachzulesen in "Address by Deputy President Jacob Zuma on the Occasion of Budget Vote" externer Link beim ANC.

Was auch immer die internen Differenzen gewesen sein mögen, die Thabo Mbeki dazu führten, einen Korruptionsskandal in Zumas Umfeld dazu zu nutzen, ihn als Vizepräsidenten Südafrikas zu entlassen - als Stellvertreter Mbekis im ANC wurde er bestätigt - heute beklagt sich Mbeki darüber, alles was er sage, werde als Anti-Zuma interpretiert, so in "An urgent task of the ANC" externer Link in ANC Today vom 30. November 2007.

Zuma selbst, der nun eben als die volksnahe Alternative gehandelt wird hat gerade in diesen Tagen auf einer Tournee durch mehrere Länder (USA und Großbritannien beispielsweise) ganz im Gegensatz dazu überall versichert, er stehe für Kontinuität...

Veränderungen - unter Druck

Die verschiedenen Positionsbestimmungen und -veränderungen innerhalb der regierenden Dreierallianz sind im Laufe der letzten 2-3 Jahre passiert - immer um das politische Konstrukt "Entwicklungsstaat" zentriert - mit einem ersten Höhepunkt der Versammlung des Generalrates des ANC im Juli 2005 als sich massiv Unzufriedenheit in den eigenen Reihen äusserte, und haben ihren deutlichsten Ausdruck erst im Laufe diesen Jahres gewonnen.

Die KP Südafrikas - in der über längere Zeit hinweg jede Kritik am ANC als Linksabweichlertum klassifiziert wurde und nur von Minderheiten bzw Einzelnen praktiziert - ist jetzt so weit gegangen, öffentlich einen Neuaufbau des ANC zu propagieren: "Rebuild the ANC and revitalise the Alliance - End the era in which real decisions are made behind closed doors in horse-trading among elites" externer Linkheisst der Artikel zur bevorstehenden 52. Nationalen Konferenz des ANC - wobei "Pferdehandel" auf deutsch "Kuhhandel" heisst... Und hat einen entsprechenden Offenen Brief an alle ANC-Mitglieder verfasst "We can't go on like this.: Together, let's make sure things change!" externer Link, beides ist in der Ausgabe vom Dezember 2007 in der Parteizeitschrift Umsebenzi enthalten.

Der Gewerkschaftsbund COSATU hat ebenfalls eine Positionsveränderung bezogen, nicht zuletzt unter dreifachem Druck: Von der Mitgliedschaft, die in einer ganzen Reihe von Streiks eine deutlich erhöhte Aktionsbereitschaft zeigte - die naheliegenderweise von ihrer sozialen Lage genährt wird, von den sozialen Bewegungen, die einige Zeit lang fast alleine die gesellschaftlich vorhandene Unzufriedenheit ausdrückten - und von der COSATU über längere Zeit hinweg bekämpft wurden, und von der allgemeinen gewerkschaftlichen Krise aufgrund der wirtschaftlichen Strukturveränderungen, die sich auch in Südafrika auswirken (wozu auch die Vereinigung zweier kleinerer Gewerkschaftsföderationen gehört, die jetzt zusammen grob halb so groß sind wie die COSATU, die ca 1,9 Millionen Mitglieder hat).

Eine ausführliche Studie "The state of COSATU" externer Link pdf-Datei des unabhängigen, aber gewerkschaftsnahen Instituts NALEDI vom August 2006 beinhaltet jede Menge Material zur Entwicklung der Gewerkschaften innerhalb der gesamten gesellschaftlichen Entwicklung Südafrikas - und jede Menge diskussionswürdiger Schlussfolgerungen.

Seit der Junikonferenz der COSATU...

Im Juni 2007 fand in Johannesburg eine zentrale politische Konferenz der COSATU statt, auf der Bilanz gezogen werden sollte und Position bezogen zur politischen Aktualität und zur ANC-Situation ganz im Sinne jener Veränderung, die sich auf dem 9. COSATU-Kongress im September 2006 gezeigt hatte. Die COSATU bewertet diesen Kongress offiziell so:

"In particular, the Ninth Congress made clear that COSATU has a class interest in who leads the ANC and what policy direction the ANC and the state develop and pursue. The first Central Committee after the congress has been given a responsibility to "identify leadership which can best pursue a programme in the interest of the working class".

Ein Kongress (und die folgenden Tagungen) also, der eine offene Wende weg von der bisherigen Haltung bedeutet, das wird in dem gesamten entsprechenden Dokument "COSATU paper on the leadership challenge" externer Link vom April 2007 deutlich.

Politisch zentral war bei der folgenden Konferenz im Juni 2007 die Bewertung der seit 1999 geführten "Job and poverty" Kampagne (die der Konferenz auch den Namen gab) - und wer dieses Dokument liest, kann schnell sehen, dass sich vor eindeutigen Bewertungen gescheut wird. Deswegen werden immer wieder Formulierungen benutzt wie "nicht konsequent genug" oder "nicht dauerhaft" - wobei man nicht besonders bösartig interpretieren muß, um zu sagen, dass solche Formulierungen Ersatz sind für die Feststellung, dass diese Kampgane bisher ein Fehlschlag war. Nachzulesen bei der COSATU "Jobs and Poverty/Constitutional Review Conference" externer Link vom Juni 2007. In der Zeit nach dieser Konferenz hat die COSATU immer offener und dann offiziell zur Auseinandersetzung um das Führungsamt des ANC Stellung genommen. "Vavi calls for worker-biased ANC" externer Link heisst ein Artikel von Sapa in der Tageszeitung "Mail and Guardian" vom 8. November 2007, in der die Rede des COSATU-Generalsekretärs auf der Konferenz der Lehrergewerkschaft SADTU am Tag zuvor kommentiert wird. Er hatte auf dieser Konferenz nochmals eindeutig bekräftigt, was er eine starke Woche vorher bereits auf einer Wahlkundgebung für Jacob Zuma gesagt hatte, daß eine Wiederwahl Mbekis, also ein Status quo die Sprengung der Allianz bedeuten würde, was ihm heftige Kritiken aus der ANC-Führung einbrachte, wogegen er sich wiederum wandte.

Dabei unterstrich er:
"We want change not of leadership alone but more importantly of political direction and policies" - was ja für einen offiziellen Bestandteil der Regierung schon deutlich ist...

Dass auch in den Einzelgewerkschaften die Situation immer komplizierter wurde - und auch für sie gegenüber eben etwa den sozialen Bewegungen vor allem der SlumbewohnerInnen - wird auch aus einer Rede des Vavi-Stellvertreters Dlamini auf dem Kongress der Bergarbeitergewerkschaft NUM bereits im Mai 2007 externer Link deutlich:

"There was a painful reality that 40% of our people were unable to find work. We pointed out that most of the jobless were relatively well educated young Africans who had never had a job.
As we gather here today this picture have not changed as we will show later except in the minds of a few elites who now drive poach cars and live in Luxary high income areas. Unfortunately those who want to paint a picture of the age of hope are from our own ranks in the liberation movements. That is why as COSATU we have taken serious steps to prepare our input towards the ANC Policy Conference in July. That is why we will be having the Jobs and Poverty Conference on 18th -19th June at Birchwood hotel where we have invited all the Civil Society formations even those outside of our traditional fold. We want to create a common platform for the poor and develop policy momentum towards engaging with both the ANC and government. We will use the space to profile the Freedom Charter and make a call that it must be the bases to measure any progress on the economic front".

40 Prozent Erwerbslosigkeit - vor allem von jüngeren Menschen, von denen viele noch nie einen Job hatten und der ständig sinkende Anteil der Löhne und Gehälter am Gesamteinkommen - das waren die Voraussetzungen dafür, dass COSATU nunmehr alle "Formationen der Zivilgesellschaft, auch jene außerhalb unseres traditionellen Rahmens" zur Zusammenarbeit einlädt und Kritik an den eigenen Reihen nicht nur zulässt, sondern selbst übt. Erinnert sei in diesem Zusammenhang daran, dass noch bei der Wiederwahl Mbekis 2004 die COSATU ganz offiziell das gute Wahlergebnis des ANC der erfolgreichen Regierungspolitik in der sozialen Frage zuschrieb, siehe dazu "Halala the ANC and its alliance partners" externer Link ...

Dass dabei die Reihen keineswegs geschlossen sind, zeigen die Auseinandersetzungen um die Person des COSATU-Präsidenten Willie Madisha (Vorsitzender der grössten Gewerkschaft im öffentlichen Dienst der demokratischen Lehrergewerkschaft SADTU), der als politischer Gegenspieler des Generalsekretärs Vavi gilt - und als ein Unterstützer Thabo Mbekis und deswegen ebenfalls wegen einer (Spendengeld-) Affäre aus seinem Amt entfernt werden soll, was bisher jedenfalls nicht gelang, wie es in dem Bericht "Madisha survives Sadtu salvo"externer Link von Amy Musgrave vom 3. Dezember 2007 in der Zeitung Business Day deutlich wird. Die SADTU selbst hatte bereits auf ihrem letzten Kongress im September 2006 eindeutig Stellung bezogen:

"...That the union fully endorses the stance of COSATU in defense of the Deputy President of the ANC, calls for a full investigation around the arms deal, and rejects any attempt to amend the constitution to provide for a third presidential term" -

heisst in dem Dokument "Congress Declaration of the 6th National Congress of SADTU" externer Link vom 2. September 2006.

Der Eingangs bereits erwähnte Finanzminister Manuel hat diesen Positionierungen entgegengehalten, wenn denn das Projekt GEAR sozusagen ein kapitalistisches Komplott gewesen sei, wie Äußerungen aus COSATU und SACP nahelegten, warum dann ihre jeweiligen Vertreter in den durchaus stattgefundenen Debatten darüber damals dieses Programm begrüßt hätten...

"Among the speakers in the parliamentary debate on June 14 1996 was Philip Dexter, who announced his participation as being [on behalf of] the Communist Party.He said: "In terms of the macroeconomic policy framework that has been outlined, I think that the key positive aspects are that it builds on the Reconstruction and Development Programme (RDP)."He cautioned: "There is one potential pitfall in the document . which the government is going to have to be cautious about, and that is the strong emphasis on deficit reduction."

On the same day, Cosatu issued a statement through Vavi. The Saturday Star of June 15 1996 reported: "Vavi said the labour movement was pleased to see the incorporation of several points in the plan, including the focus on education, the use of public works programmes, the commitment to infrastructure development, and the linking of tax incentives to job creation schemes. "These aspects, among others, had all been advocated by labour and had featured strongly in its own contribution to the economic policy debate. But Vavi also said Cosatu had serious reservations over other elements of the plan, in particular the 'conservative fiscal policies' the document intended to implement".

So steht es in dem Beitrag "Gear definitely not a capitalist plot" externer Link von Trevor Manuel vom 12. Dezember 2007 in der südafrikanischen Tageszeitung "The times".

Das Beispiel Privatisierung der Wasserversorgung: Mord an 260 Menschen...

Im Jahre 2000 wurde in der Provinz Kwazulu die "prepaid" Karte für Wasserkauf eingeführt. Wer das Geld nicht hatte - ab zum Fluss, Wasser schöpfen. Erstes Ergebnis: Cholera. 100.000 Kranke, 260 starben. Die Besonderheit der prepaid-Karte: es muß nicht mehr das Wasser abgestellt werden - was stets zu heftigen Konfrontationen in Armengebieten geführt hatte (ausführliche Berichte dazu gibt es etwa aus Johannesburg beim dortigen "Anti-Privatisation Forum" externer Link APF ), sondern es gibt gleich gar keinen Zugang. Täter in diesem Fall: eine englische Tochterfirma der französischen Suez-Wassergesellschaft. Das englische Vorgehen prangerte der Journalist George Monbiot bereits im Oktober 2004 in seinem Artikel "Exploitation on Tap" externer Link an, der auf seinem Blog archiviert ist (und ursprünglich in "The Guardian" erschien).

Im selben Jahr 2004 organisierte die Kommunalgewerkschaft SAMWU eine Kampagne gegen die Privatisierung der Wasserwerke - so weit, so gut. Das APF schrieb dazu in einem offenen Brief, warum sie trotz allem die Kampagne unterstützten:

"We found them and again in 2000 our contingent of red shirts supported the thousands-strong SAMWU and IMATU march against iGoli 2002. Maybe they thought we were there to just walk from the metropolitan centre to the Library Gardens because in the weeks that followed, SAMWU Johannesburg decided the APF wasn't for them and withdrew from the Forum" -

obwohl eben zuvor die SAMWU aus dem Forum ausgetreten war. Beziehungen, die sich nicht eben verbesserten dadurch, dass in Bereichen, in denen keine prepaidkarten eingeführt waren, Gewerkschaftsmitglieder am Wasserabdrehen für säumige ZahlerInnen beteiligt waren.

Was auch als eine Folge der auftretenden sozialen "Auseinanderentwicklung" verstanden werden kann, die von autonomen Gruppierungen sowie kritischen Wissenschaftlern und Journalisten bereits seit Einführung des - von Nelson Mandela als "nicht verhandelbar" bewerteten GEAR Programms - verschiedentlich festgehalten wurde, etwa 2002, aus Anlaß einer Bilanz zum Weltwirtschaftsforum in dem Beitrag "Neoliberalism and Resistance in South Africa" externer Link von Ashwin Desai in der US-Zeitschrift "Monthly Review" vom Januar 2003. Dort heisst es:

"Also central to the transition is the impact of the ANC's macroeconomic strategy on the composition of the South African working class. A recent Reserve Bank report has shown that while wages (and productivity) for skilled workers have steadily grown, there has developed a growing gulf between the unionized and better skilled on the one hand and the masses of marginalized South Africans on the other. Over the last decade, there has been an increase in "nonstandard" (temporary, casual, contract, part-time) forms of employment that heralds the ubiquity of a relatively unstable and nonunionized workforce. At present, full-time occupations employ little more than 40 percent of the economically active population; for the African population, this decreases to approximately one-third. Studies of the retail sector indicate significant wage and benefit differences between permanent and atypical workers. The hourly wages of permanent workers (90 percent of whom are union members) in the retail sector are R9.68... This compares with the average R6.68 paid to casual employees (37 percent of whom are unionized)" -

was sowohl die Unterschiede der Beschäftigten deutlich macht, als auch die Unterschiede zu den marginalisierten Gruppen von Menschen dieser Gesellschaft.

Dass im übrigen die "Wasserfrage" keineswegs etwa von gestern, sondern hochaktuell ist und bleibt macht auch ein Artikel deutlich, der von den Protesten der Menschen in Soweto berichtet, die der offiziellen Politik zufolge 60 Liter Wasser im Monat bekommen - ab da wird bezahlt oder abgestellt, schreiben in "Can people live on a single flush of a toilet per day?" externer Link Thembelihle Tshabalala und Sapa am 12. Dezember 2007 im Mail and Guardian...

Der Forschungsbericht "RE-MEMBERING MOVEMENTS: TRADE UNIONS AND NEW SOCIAL MOVEMENTS IN NEOLIBERAL SOUTH AFRICA" externer Link von P. Naidoo und A. Veriava von der Universität Kwazulu Natal, bzw deren Civil Society Centre macht dementsprechend nicht nur in der Überschrift die Kombination aus Erinnerung (an Mobilisierungsstrukturen des ANC und anderer unter der rassistischen Diktatur) und neuer Mitgliederzusammensetzung (aufgrund der Entwicklung nach 1994) zum Thema. Deutlich wird darin auch gemacht, dass bereits ab 1994 der ANC bzw seine führende Fraktion, seinen gesamten Diskurs geändert hat: von der gesellschaftlichen Mobilisierung und (oft notgedrungenen) Selbstorganisation zur Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Regierungspolitik, worin dann eben auch noch die Bilanz real mager ausfällt.

Neben der hier als Beispiel kurz angerissenen "Wasserfrage" gäbe es noch jede Menge anderer sozialer Probleme, die das Leben der Menschen im neuen Südafrika so neu gar nicht werden lassen: Gesundheitsversorgung beispielsweise, wo auch die Beschäftigten immer weniger versichert sind, wie etwa in "Future time bomb" externer Link von Anso Thom vom 6. Dezember 2007 bei "health-e" deutlich wird:

"South Africa is sitting on a "future time bomb" as employers remove medical health insurance from employees when they retire" -

worin anschliessend ausgeführt wird, dass der Prozentsatz der Unternehmen die einen fest verabredeten Anteil an der Krankenversicherung bezahlen zwischen 1999 und 2005 von 75 auf nur noch 41 Prozent aller Unternehmen gesunken ist.

Ebenso spielen für viele Menschen Probleme wie Wohnungsnot oder Stromversorgung in den Städten sowie die Landbesitzfrage auf dem Lande eine zentrale Rolle, überall haben sich im Laufe der Jahre nicht nur Widerstandsaktionen entwickelt, sondern - oft aus den tradierten Strukturen heraus - auch neue Organisationsformen entwickelt.

In seiner Reihe "Polokwane Briefing" hat der "Mail and Guardian" den Beitrag "The left and Zuma: be careful what you wish for" externer Link von Mazibuko Jara am 2. Dezember 2007 veröffentlicht, in dem auf der Basis einer kurzen Zusammenfassung der Entwicklung in der Mbeki-Zeit - und der Entwicklung unter Mbekis Klassenprojekt, wie es der Autor nennt - die Frage sehr deutlich aufgeworfen wird, ob angesichts der entstandenen Probleme und der Politik des ANC Jacob Zuma eine ernsthafte Alternative für eine andere Politik sein kann.

(Zusammengestellt und kommentiert von hrw)


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