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Updated: 22.11.2007 11:13 |
Der "heisse Mittwoch" von Dakar Mittwoch, der 21. November - ein heisser Tag in Dakar. Im Wortsinn: Brennende Reifenbarrikaden am Morgen, Gasschwaden in der Innenstadt am Nachmittag. Morgens protestierten die StrassenhändlerInnen gegen ihre Vertreibung, Nachmittags die Gewerkschaftskoordinationen gegen die Teuerung. Mit der kleinen Materialsammlung "Heisser Mittwoch" vom 22.November 2007 soll ein Schlaglicht auf die aktuelle Situation des Landes und der Menschen geworfen werden, die vor allem was die Teuerung betrifft, auch anderen westafrikanischen Ländern ähnlich ist. Heisser Mittwoch in Dakar Wieviele StraßenhändlerInnen es in Dakar gibt, weiss niemand - aber es sind viele Tausende, und es werden immer mehr. Und vor allem: Immer mehr junge Menschen suchen auf diesem Weg eine Existenz, in einer Gesellschaft, die von stetig wachsender Erwerbslosigkeit gekennzeichnet ist. Nun kam direkt aus dem Präsidentenpalast die Order, sie zu vertreiben. Die Polizei tat natürlich wieder einmal "nur ihre Pflicht" und ging ans Vertreibungswerk. Aber die Menschen kämpfen um ihre Existenz - denn die meisten jungen Leute der Hauptstadt haben folgende Alternative: entweder Straßenhandel oder Migration auf eigene Faust. Eine Großdemonstration der HändlerInnen blockierte die Straßen der Innenstadt und als die Polizei gegen sie vorging, leisteten die DemonstrantInnen Widerstand: Reifenbarrikaden wurden errichtet und in Brand gesetzt, wobei die Autos zu den Reifen auch nicht unbeschädigt blieben, Fensterscheiben von Regierungseinrichtungen gingen zu Bruch und Gruppen von DemonstrantInnen lieferten sich Verfolgungsjagden mit den Polizeieinheiten. Das geht aus dem ansonsten durchaus polizeifreundlichen Bericht "Worst riots in years hit Senegalese capital" von Alistair Thomson und Nick Tattersall am 21. November 2007 bei der Nachrichtenagentur Reuters hervor. Genauere Berichte darüber, wie die Auseinandersetzung von der Stadtmitte in die Vororte "wanderte" und wie das Bezirksbürgermeisteramt des Stadtteils Medina besetzt wurde, enthält der Bericht "Affrontements entre policiers et commerçants ambulants à Dakar" von Panapress vom 21. November 2007 bei "Afriqueenligne". Beim "Blog Senegal" war bereits am 15. November 2007 in dem Beitrag "Au Sénégal, on résoud les problèmes d'image de marque à coup de bulldozers..." über den Beginn der "Säuberungsaktion" berichtet worden, die sich auch gegen Bettler, Obdachlose und alle anderen, die sich unerwünscht auf der Straße "herumtreiben" richtet. Nach zahlreichen Festnahmen und Einlieferung von Verletzten in Krankenhäuser (genauere Zahlen werden nirgends angegeben) flaute der Protest im Laufe des Tages ab - zumindest die Konfrontation mit der Polizei, denn die hatte am Nachmittag anderes zu tun: der Protestmarsch der Gewerkschaften gegen die Teuerung war vom Bürgermeister Dakars untersagt worden. Der Kommentar "Alerte!" von Abdou Latif Coulibaly vom 22. November 2007 in der Zeitung Sud Online bringt die beiden Proteste als Widerstand gegen eine Wirtschaftspolitik die nicht im Interesse des Volkes liege zusammen - mit dem Unterschied, dass er darauf hinweist, dass die jungen StrassenhändlerInnen eben keine solche Organisation zur Verfügung hätten, wie es die Gewerkschaften seien. Die Gewerkschaftsdemonstration, zunächst erlaubt (die erste Erlaubnis seit dem 1. Mai) wurde nach den Unruhen des Vormittags wieder untersagt - in letzter Minute. An der Demonstration, von beiden grossen Gewerkschaftskoordinationen organisiert sollen etwa 10.000 Arbeiter teilgeneommen haben - die auch die erste Sperrkette der Polizei durchbrachen, worauf das mobile Einsatzkommando mit Tränengas die zweite Sperre legte und den Demonstrationszug einkesselten. Auch hier zahlreiche Verletzte und eine Reihe von Festnahmen, wird in dem Artikel "La marche contre la vie chère meurt dans l'œuf" von Moctar Dieng vom 22. November 2007 beim Sud Quotidien berichtet. (Zusamengestellt von hrw) |