letzte Änderung am 1. März 2004 | |
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Auch nach der Flucht des einstigen salesianischen Befreiungstheologen und gewesenen Hoffnungsträgers am 29.Februar 2004 bleibt die Situation Haitis kompliziert: was sich als Opposition gefunden hat ist nur durch Gegensätze vereint, die Waffen haben ehemalige Militärs, Paramilitärs und jene Teile von Aristides Gangs, die sich frühzeitig losgesagt hatten. Versuche, einen unabhängigen dritten Sektor zu organisieren bleiben schwach: Schlaglichter auf die jüngeren Entwicklungen auf Haiti und auf die Perspektiven nach Aristide.
Eine kurze Charakterisierung der verschiedenen politischen und sozialen Kräfte auf Haiti unternimmt Emilio J. Corbière in seinem Beitrag "QUIEN ES QUIEN EN LA DEFENSA Y EN LA REBELION CONTRA EL PRESIDENTE JEAN-BERTRAND ARISTIDE" (Wer ist wer in der Verteidigung von und der Rebellion gegen den Präsidenten Aristide) vom 22.Februar 2004 im argentinischen (spanischsprachigen) Nachrichtenportal "Argenpress".
In dieser Zusammenfassung unterscheidet Corbiere drei Gruppierungen: die Aristide Seite, die zivile und die bewaffnete Opposition. (Das teilweise Zusammengehen der beiden letzteren Ende Februar wird dabei noch nicht erfasst). Zu Aristides Lager gehören dabei nach wie vor die Mehrheit der "Lavalas" Bewegung, die "Volksmacht" Jugendbewegung und zahlreiche kirchliche Gemeinden sowie die bewafnneten "Chimés". Die zivile Opposition bestand im wesentlichen aus drei Strömungen: die demokratische Konvergenz, die vor allem aus diversen politischen Parteien des (Klein) Bürgertums besteht, die Gruppe der 184, die aus Gewerkschaften und sozialen Bewegungen verschiedener Art besteht und das dirtte Lager, das sich um die KP Haitis gruppiert, einst Bestandtteil von Aristides Koalition, aus der sich die KP wegen Korruption und dem einsatz bewaffneter Banden zurückzog. Und schliesslich die militärische "Opposition", bestehend aus dem "Ejercito Canibal" - dem abgespaltenen Teil der Lavalas Bewegung, der "Artibonite" Front, die am 5.Februar 2004 die bewaffnete Erhebung begann, der Wiederaufbau und Befreiungsfront aus Gonaives und schliesslich - vor allem - den paramilitärischen Gruppen etwa von Louis-Jodel Chambelain, einem Massenmörder aus der Zeit der Cedras-Diktatur (1991 bis 1994), und Resten der berüchtigten Tonton Macoutes aus den Zeiten der Duvalier Diktatur (bis 1986).
Wie die (Wieder?)Bewaffnung dieser Gruppen vor sich ging, wird in einem ausführlichen (spanischen) Interview von "CubaDebate" mit Narciso Isa Conde, dem Koordinator des "Partido Fuerza de la Revolución" aus dem benachbarten Santo Domingo vom 28.Februar 2004 klar: aus der Dominikanischen Republik heraus (zu deren Staatsdoktrin der Rassismus gegenüber Haiti gehört). Das Interview "Existen todas las condiciones en Haití para que se produzca una guerra de larga duración” (Auf Haiti bestehen alle Voraussetzungen für die Entstehung eines langwierigen Krieges) auf der Seite von "Rebelion".
Zu den diversen Faktoren der letzten Jahre, die konkret dazu führten, dass Aristide seine einstige Massenbasis verlor gehörten auch die Auseinandersetzung um den staatlichen Zugriff auf die Finanzen der Universität von Haiti - die im Jahre 2002 von den StudentInnen geführt wurde, im Jahr danach die - vom IWF anempfohlene - Weigerung, Spekulationsopfer zu entschädigen, sowie die Einführung einer freien (Textil) Produktionszone (für die USA) in der Maribahoux-Ebene im selben Jahr, sowie schliesslich der Vertrag den Präsident und Regierung im Mai 2003 mit dem IWF abschlossen zur fonds-üblichen menschenfeindlichen "Strukturanpassung" - sprich: Kürzungen bei den Sozialausgaben im ärmsten Land Amerikas. Alle diese Ereignisse werden kurz dokumentiert in der Presseerklärung der "Haitian Platform to Advocate for an Alternative Development (PAPDA)" vom 27.Januar 2004 auf der Seite von "Haiti Support".
Zu den haitianischen Freihandelszonen und ihrer (negativen) Bedeutung für die Bevölkerung gab es bereits im Dezember 2002 einen (englischen) Beitrag von Clara James in (und bei) der linken US Zeitschrift "Dollars and Sense" - "Aristide’s 'different' capitalism is the same old story" (Aristides anderer Kapitalismus ist dieselbe alte Geschichte).
Zu den Lebensbedingungen der Belegschaften der freien Produktionszonen ein (französisches) Interview vom 23.Februar 2004 mitJoseph Salnave, Textilarbeiter in der FPZ von Ouanaminthe auf der homepage des IBFG.
Und schliesslich eine (französische) Erklärung der BATAY OUVRIYE (Bataille Ouvrière , Arbeiterkampf) einer autonomen Klassenströmung vom 20.Dezember 2003, die sich gegen Regierung und bürgerliche Opposition gleichermassen wendet, auf der Seite des alternativen Nachrichtenportals "Le Grand Soir".
Die "Batay" hat sich im wesentlichen als öffentlicher Faktor herausgebildet als Folge (und während) der Auseinandersetzungen und Streiks (die von Aristide illegalisiert wurden) bei der Aktiengesellschaft "Guacimal S.A.", wichtigster Rohstofflieferant der französischen (legalen) Drogenhändler der Firma "Cointreau". Im Jahre 2002 kam es dabei zu Todesopfern und einige der Streikführer sind bis heute in Haft.
Batay unterstreicht in diversen Publikationen, dass jene "Sweatshops" in freien Produktionszonen, die Aristide unter Einsatz staatlicher Machtmittel ans Werk gehen liess, als Eigentümer (auch) prominente Vertreter der Kräfte haben, die sich heute demokratische Opposition nennen...
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