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GSG Standpunkt (1) 09-2001
Gruppe sozialistischer Gewerkschafter (GSG)

Solidarität mit der Labour Party Pakistan (LPP)

Berlin, d. 24.09.2001

Die Labour Party Pakistan (LPP) ist sehr eine junge Arbeiterpartei. Trotzdem spielt sie eine wichtige Rolle innerhalb der Pakistanischen Arbeiterbewegung. Sie trat für die gewerkschaftliche Organisierung und das Streikrecht ein. Die LPP steht in Opposition zu den gegenwärtigen Militärregime und führt die Bewegung zur Wiederherstellung der Demokratie an. Nun ist die LPP dabei, eine unabhängige Bewegung gegen einen drohenden Krieg aufzubauen. Dies sollte von Gewerkschaftern Beachtung und Unterstützung finden. In diesem Sinne haben wir folgende Solidaritätsadresse an die LPP verfasst:

Liebe GenossInnen,

ihr steht im Rampenlicht der weltweiten Aufmerksamkeit angesichts des bevorstehenden Krieg der USA und ihrer NATO Verbündeten gegen Afghanistan. Auch in Deutschland lenken die bürgerlichen Medien mehr und mehr das Interesse auf Pakistan. Wir selber denken, dass in Folge eines Militärschlages ein Krieg sich auf das pakistanische Territorium ausweiten kann.

Wie Ihr sehen wir die gegenwärtige Solidarisierung vieler tausend pakistanischer Menschen mit dem Talibanregime. Wir sind uns darüber im klaren, daß die Menschen nicht mit der erbarmungslosen Politik dieses Regimes gegenüber der eigenen Bevölkerung sympathisieren. Hier drückt sich vor allem der Protest gehen ein drohenden Krieg der USA gegen unschuldige Glaubensschwestern und -brüder aus. Diese Entwicklung wird auch getragen durch die Verelendung vieler pakistanischer Menschen. Es ist erklärbar, daß sich gegenwärtig 10 000ende Menschen in die Arme von Islamischen Fundamentalisten treiben lassen. Diese haben bereits angekündigt bei einem US Angriff auf Afghanistan den "heiligen Krieg" auch auf dem pakistanischen Boden auszurufen.

Die Politik einer sehr kleinen korrupten pakistanischen Elite zusammen mit dem Militärregime und dessen Helfershelfer, vor allem in den USA und in den Institutionen des globalen Kapitalismus (IWF/WTO/G/) sind verantwortlich für die hoffnungslose Situation in Pakistan. Gegen diese Politik habt ihr den letzten Jahren einen politischen Kampf geführt. Es war hierbei richtig, sich von den Islamistischen Fundamentalisten abzugrenzen und deren menschenverachtende Politik zu entlarven. Ihr habt auch erfolgreich mit sehr gläubigen Menschen eine unabhängige Bewegung aufgebaut. Euren Aktivitäten gilt Respekt und Beachtung unter Aktivisten der internationalen Arbeiterbewegung.

Auch in Deutschland teilen die Regierenden die Welt in Gut und Böse ein. Ein Teil soll für die zivilisierte Welt stehen. Hierfür soll symbolhaft nun die vom "Bösen" angegriffene USA stehen, welche nun uneingeschränkt unterstützt werden soll. Der andere Teil steht für die unzivilisierte Welt, in dem das Böse seine Heimat hat. Mit diesem Mythos wird versucht, die Bevölkerung geschlossen hinter die Kriegspolitik der Regierenden zu stellen. Schock und Betroffenheit der Bevölkerung über die Terroranschläge in den USA wird genutzt, um Stimmung für einen Vergeltungskrieg zu entfachen.

Wie wir aus Euren vergangenen Mails gelesen haben, gibt es auch eine positive Entwicklung unter gewerkschaftlich organisierten Arbeitern. Wir haben mit sehr großem Interesse den Rückbericht vom Kongress der pakistanischen Baustoff-Gewerkschaft (brick kiln workers) gelesen. Es war sehr beeindruckend zu lesen, dass diese Gewerkschaft Eure Partei als ihre Politische Stimme ansieht und ihr in der Lage seid, den Gewerkschaftern die richtigen Antworten zu geben.

Wir stimmen mit Euch überein, dass es keine US-amerikanischen Intervention in Eurer Region geben darf. Ebenso ist es richtig, dass es hier keine Gemeinsamkeiten mit den religiösen Fanatikern gibt, da diese mitverantwortlich für die gegenwärtige gefährliche Situation sind und die Bevölkerung in eine religiöse Sackgasse leiten. Auch ist Eure Opposition gegen den US Imperialismus ein Teil des weltweiten Kampfes von Kolleginnen und Kollegen gegen den globalen Kapitalismus. Es müssen in vereinten Aktionen der Arbeiter bei Demonstrationen, Kongressen, Streiks und öffentlichen Kundgebungen Forderungen nach dem Wechsel des gegenwärtigen Systems erhoben werden. Der US Imperialismus und seine Verbündete und religiöse Fanatiker treiben die gegenwärtige Eskalation voran. Wir denken daher, dass es in der jetzigen Situation vorrangig darum gehen muss, eine Einheitsfront von Arbeitern und Bauern/Land-arbeitern gegen die drohende Kriegsgefahr herzustellen.

Nur die organisierte pakistanische Arbeiterklasse im Bündnis mit den Landarbeitern/Bauern kann diesen Kampf führen. Auch müssen Gewerkschafter auf der ganzen Welt eine unabhängige internationale Bewegung von Arbeitern und Jugendlichen gegen einen drohenden Krieg aufbauen. Innerhalb dieser Bewegung muß es eine weltweite Solidarisierung vor allem für die vom Krieg bedrohten Menschen geben.

Wir sehen uns damit konfrontiert, dass deutsche Gewerkschaftsführer sich hinter die Kriegspolitik der USA stellen. Sie versuchen uns klar zu machen, dass es keine andere Alternative gäbe, als den "internationalen Terrorismus" militärisch durch NATO Waffen zu bekämpfen. Sie ignorieren dabei, dass Gewerkschafter wie in Eurem Land eine andere Antwort haben. Wir werden diese rechten Gewerkschaftsführer mit Euren Kampf konfrontieren. Dieses wird hilfreich sein, auch innerhalb unserer Gewerkschaften eine Opposition gegen den Krieg aufzubauen.

Mehr und mehr Arbeiter und Jugendliche auch in Deutschland gehen in Opposition zu der gegenwärtigen Kriegspolitik der Regierenden. Dies drückte sich in den letzen Tagen durch spontane Demonstrationen von einigen Tausend Teilnehmern in zwanzig deutschen Städten aus. Auch innerhalb der Gewerkschaften formiert sich eine kritische Basis gegen den Krieg. Mehrere Gewerkschaftliche Untergliederungen wandten sich mit Antikriegsresolutionen an ihre Führung. Zwar fordern viele KollegInnen in Deutschland und in Europa eine gerechte Bestrafung der Schuldigen der Terroranschläge sowie die Zerschlagung ihrer Strukturen. Aber sie sind gegen einen Krieg, der viele unschuldige Menschenleben opfert und gegen Menschen geführt wird, die bereits wie in Afghanistan unter Hunger und Unterdrückung eines menschenverachtenden Regimes leiden.

Der drohende Krieg hat für die Kolleginnen und Kollegen auch andere Auswirkungen. Im Zuge drohender wirtschaftlicher Rezession drohen jetzt schon zahlreiche Konzerne mit Massenentlassungen. Im Namen des "Kampfes gegen den Terrorismus" baut die Regierung demokratische Rechte ab und erhöht die Steuern. Es wurden zahlreiche repressive Gesetze erlassen, die Ausländergesetzgebung verschärft und hier lebende Muslime stehen unter Generalverdacht. Beschäftigte in öffentlichen Einrichtungen wurden wegen angeblich "anti-amerikanischen Äußerungen" entlassen. Auch nutzen die bürgerlichen Eliten die gegenwärtige Situation, um von der Antiglobalisierungsbewegung abzulenken. Diese Bewegung fand in den letzten Monaten einen immer größere Unterstützung von den Gewerkschaften, was vor allem bei den Protesten in Seattle, Nizza und Genua deutlich wurde.

Aber wir sind uns auch über die bedrohliche Lage, in der Eure Genossinnen und Genossen agieren, bewusst. Wir bekunden daher unsere Solidarität und versuchen Euren Kampf nach unseren Möglichkeiten zu unterstützen.

In der Kampagne für unseren inhaftierten Genossen, der bei den Antiglobalisierungsprotesten in Göteborg verhaftet wurde, unterstützten uns einige engagierte Gewerkschafter. Einer von diesen war der Vorsitzende der IG Bau Berlin. Diese Gewerkschaft ist eine ähnliche wie die pakistanische "brick kiln workers". Dieser Kollege ist selber, als einer der wenigen deutschen Gewerkschaftsführer in der Antiglobalisierungsbewegung aktiv und spricht sich gegen den geplanten US-Schlag aus. Hier könnte sich eine Zusammenarbeit ergeben, zum Beispiel wie Kolleginnen und Kollegen in verschieden Ländern gemeinsam für ihre Interessen kämpfen können.

Es ist für uns weiter wichtig zu wissen, wie die Arbeiterbewegung in Pakistan und in der arabischen Welt denkt und welche Politik sie macht. Dies sollte Eingang in die Gewerkschaftliche Öffentlichkeit finden, da die Arbeiter hier fast ausschließlich mit der amerikanischen Sichtweise des drohenden Krieges konfrontiert werden. Alle Berichte in den bürgerlichen Medien bezüglich einer Bewegung gegen den angedrohten US Militärschlag focusieren sich auf den Islamischen Fundamentalismus. Weitere Berichte über Aktivitäten, die gegenwärtige Stimmung unter den Pakistanischen Kolleginnen und Kollegen und der Politik der organisierten Arbeiterbewegung ist für den Aufbau einer Antikriegsbewegung hier zu Lande sehr hilfreich.

Auch werden wir Euch über die gegenwärtige Bewegung in Deutschland informieren und mögliche Unterstützungsappelle Eurerseits in unsere Gewerkschaften tragen.

Lang lebe die LPP!

Mit revolutionären Grüßen
Gruppe sozialistischer Gewerkschaften (GSG)


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