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Updated: 18.12.2012 15:51
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Anlässlich des Weltsozialforums in Bamako:

Widerstand gegen Privatisierung und Zerschlagung der Eisenbahn in Mali

Bernhard Schmid (Bamako)

Es ist der erste Nachmittag, an dem es so richtig heiß ist in Bamako, seitdem das "polyzentrische Weltsozialforum" vorigen Donnerstag an diesem ersten von drei internationalen Schauplätzen begonnen hat. An diesem Montag findet die Abschlusszeremonie statt, zu der symbolisch Bäume in der Hauptstadt dieses in Teilen von Dürre und Tockenheit geplagten westafrikanischen Landes Mali gepflanzt werden. 8- bis 10-jährige malische Schulkinder pflanzen Palmen, und die anwesenden Europäer sollen Eukalyptuspflänzchen in die Erde setzen.

Doch es bleibt nicht beim symbolischen Ereignis, dem eine Pressekonferenz unter anderem mit Vertretern der OrganisatorInnen, der malischen Ex-Ministerin Aminata Traoré, dem internationalistischen Bauerngewerkschafter José Bové aus Südfrankreich und Taoufik Ben Abdallah - dem marokkanischen Sekretärs des Sozialforums Afrika - vorausging. Rund um die jugendlichen und älteren Baumpflanzer, und gut im Sichtfeld der eifrig knipsenden Kameras, haben Frauen und Männer aus Mali mit drei größeren Transparenten Aufstellung genommen, sie fordern: "Stoppt die Privatisierung, gebt dem Volk von Mali die Eisenbahn zurück" und "Erstattet Doktor Tiecoura Traoré seine vollen Rechte zurück". Der Ingenieur Tiecoura Traoré ist zur Symbolfigur gegen die Raubprivatisierung des malischen Eisenbahnnetzes geworden, das 2003 vom französisch-kanadischen Konsortium Transrail aufgekauft wurde. Seitdem wurden 26 von 36 Bahnhöfen geschlossen, und der Eisenbahngenieur, der den Kampf dagegen anführte, wurde ohne Angabe von Rechtfertigungsgründen entlassen. Dagegen hat sich ein sehr aktives "Bürgerkollektiv für die Verteidigung und die integrierte (gemeint: in die Landesentwicklung integrierte) Entwicklung der Eisenbahn von Mali" gebildet, das COCIDIRAIL. Es umfasst nicht nur "aus betrieblichen Gründen" entlassene ehemaligen Eisenbahner, sondern auch bisherige Nutzer des Schiennetzes und Menschen aus der Zivilgesellschaft, inzwischen auch 50 Fördermitglieder in Frankreich. "Sehen Sie diese Frauen dort, die aus Region außerhalb von Bamako kommen, um uns zu unterstützen", so Tiecoura Traoré zum Autor dieser Zeilen, "manche von ihnen haben Ehemänner, die bei der Bahn arbeiteten. Aber die meisten von ihnen hatten mit dem Betrieb als solchem nichts zu tun. Da sie - wie viele Malier - im informellen Sektor arbeiteten, boten sie unterschiedlichste Gegenstände, oft Nahrungsmittel und Speisen, auf den Bahnhöfen und entlang der Strecken an. Jetzt wurde ihnen die Lebensgrundlage entzogen", oder sie droht verloren zu gehen, da Transrail anstrebt, ihre Aktivitäten auf den Schienen vermehrt auf den Containertransport von Exportgütern - wie Baumwolle - zum Hafen von Dakar (Senegal) zu konzentrieren.

Baumwolle, das ist wieder eine andere, aber grundsätzlich ähnliche Geschichte in Mali. Die malische Textilgesellschaft CMDT wird längst schleichend - Aktivitätssparte für Aktivitätssparte - privatisiert, unter internationalem Druck. Der Privatisierungsprozess soll bis 2008 abgeschlossen sein. Drei Viertel der Erlöse bringen die Franzosen außer Landes. Im Übrigen sehen die Produzenten die Preise unkontrolliert verfallen, da der Baumwollanbau in den USA hoch subventioniert wird und nur deswegen billiger konkurrenzfähig bleiben kann. Die Subventionen dort kommen nur einer Handvoll superreicher Produzenten zugute: Wo im US-Bundesstaat Louisiana vor 40 Jahren noch zwei Millionen Baumwollfarmer tätig waren, sind es heute noch 30.000, die riesige und menschenleer gewordene Flächen bebauen. "Um eine Jeanshose zu kaufen, muss ich jetzt 70 Kilomter mit dem Auto fahren" sieht man einen Landarbeiter von dort in einem französisch-malischen Dokumentarfilm sagen. In Mali dagegen lebt eine Mehrheit der Bevölkerung von der Landwirtschaft, und ein bedeutender Teil von ihr wiederum vom Baumwollanbau - solange es eben noch geht.


Eine von mehreren Filmvorführungen zur Privatisierung und teilweisen Zerschlagung der Eisenbahn in Mali, die vom COCIDIRAIL (Bürgerrechtskollektiv für die Rückgabe und die in die Landesentwicklung integrierte Fortentwicklung des Schienennetzes in Mali) organisiert wurde. Das erste Foto zeigt einen Ausschnitt aus dem Publikum, mit vorwiegend aus ländlichen Zonen westlich von Bamako gekommenenen Maliern.

Das zweite Foto zeigt den Doktor Tiecoura Touré, einen Ingenieur, der wegen seiner Aktivitäten gegen die Zerschlagung der öffentlichen Eisenbahn durch den französisch-kanadischen Übernehmer ohne Rechtfertigungsgründe entlassen würde.

Siehe über ihn bereits: Dringender Solidaritätsaufruf von Attac Frankreich und CGT cheminots und SUD-rail für den malischen Bahngewerkschafter Tiécoura Traoré


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