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Updated: 18.12.2012 15:51 |
“Der Klassenkampf geht von der INNSE aus” “Der Klassenkampf geht von der INNSE aus” – das Spruchband mit dieser Aufschrift im Fussballstadion von Livorno fasst in wenigen Worten zusammen, was sich seit einigen Wochen in Italien abspielt. Vorläufig zeigt sich die Arbeiterrebellion nicht in einem Kampf Klasse gegen Klasse, mit gewaltigen Strassendemonstrationen und unbefristetem Generalstreik. Aber es gibt etwas, das den Mächtigen einen viel grösseren Schrecken einjagt als irgendein, von den Gewerkschaftszentralen ausgerufener, mehrstündiger oder sogar eintägiger Generalstreik. Was die Regierung zur Weissglut treibt und die Parteien von rechts bis links in einen Erklärungsnotstand bringt, das ist die Selbständigkeit der Arbeiterkämpfe. Sie haben niemanden um Erlaubnis gefragt. Weder die entlassenen Arbeiter der Elektritätsgesellschaft, die auf eines der Wahrzeichen von Neapel, das Schloss Maschio Agioini, geklettert sind und schlicht und einfach gefordert haben: „Wir wollen unsere Arbeit wieder!“, noch die Arbeiter des FIAT-Zulieferers Lasme in Melfi, der Antriebe für Autoscheiben herstellt. Sie haben den Betrieb besetzt, und sieben von ihnen ist es gelungen, die Sperre der Ordnungskräfte zu durchbrechen und das Dach zu erobern. Das sind nur zwei Beispiele der verschiedenen Kämpfe, die sich seit dem Sieg der INNSE-ArbeiterInnen in Italien ereignen. Zu all diesen Protesten gehört auch der Kampf der Aushilfslehrerinnen von Benevento. Am Samstag, 29 August, um 11 Uhr sind sieben Frauen - alles prekär Beschäftigte mit zehn Jahren Berufserfahrung - aufs Dach des Schulinspektorats von Benevento gestiegen, um eine unbefristete Besetzung zu beginnen. „Wir werden es wie die Arbeiter der INNSE machen. Von hier oben gehen wir erst wieder weg, wenn wir eine verbindliche Antwort bezüglich Entlassungen und Arbeitslosigkeit haben“, erkärt Elvira, eine der Lehrerinnen auf dem Dach. Die Frauen haben einen Sonnenschutz aufgestellt und genügend Nahrungsmittel für mehrere Wochen mitgebracht. Dutzende weiterer Lehrkräfte, unterstützt von AktivistInnen des autonomen Zentrums Depistaggio sowie von Basisgewerkschaften, belagern das Gebäude von aussen, auch um die Polizei von allfälligen Einsätzen abzuhalten. Kurzum, in Benevento ist alles vorbereitet für einen langen Widerstand wie bei INNSE. Doch diesmal berichtet die Tagesschau nicht darüber. Es hat keine Fernsehkameras, und das aus einem einfachen Grund: Genau ein Tag zuvor hat Giuliano Cazzola, Vizepräsident der Parlamentskommission für Arbeit und Verantwortlicher für Arbeit der Berlusconi Partei Pdl, klargemacht, dass „die ins Spektakel abtriftende Berichterstattung über die Arbeiterkämpfe unverzüglich aufhören“ müsse, und ist zum Schluss gekommen: „Leider gibt es nur eine Methode, damit diese nicht kontrollierbare Spirale beendet wird: die Fernsehkameras ausschalten.“ Um die Arbeiterkämpfe zu ersticken wird es ebenso wenig genügen, die Fernsehkameras auszuschalten, wie ein ganzes Heer von Polizei loszuschicken wie bei INNSE. Nicht einmal die Pressezensur könnte verhindern, dass die Nachrichten blitzschnell übers Internet verbreitet werden. Die Berlusconi Regierung soll sich doch beim Präsidenten des Iran erkundigen, wie vorzugehen ist, damit auch der elektronische Verkehr unterbunden werden kann! Auf alle Fälle ist es von grosser Bedeutung, ein internationales Netz für die Solidarität mit den Arbeiterkämpfen auf- und auszubauen. (...) Im Übrigen ist das vom Streikkomitee der Officine organisierte Treffen vom 12. September in Bellinzona eine ausgezeichnete Gelegenheit, um kämpferische Arbeiterinnen und Arbeiter aus verschiedenen Ländern kennenzulernen, darunter natürlich auch jene der INNSE. - rth
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