letzte Änderung am 30.Dezember 2003 | |
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Das Interview wurde per Telefon am 22.Dezember 2003 geführt. Claudio Aginaldi war lange Zeit aktiv in der CGIL und ist vor einigen Jahren zu einer Basisgewerkschaft gewechselt. Er ist Busfahrer bei ATAC, dem römischen Nahverkehrsunternehmen.
Claudio, was macht Ihr da? Busse werden festgesetzt und zerstört, wenn ich die italienischen Nachrichtenagenturen richtig verstehe Menschen festgehalten - sind wir wieder in den 60er Jahren angelangt?
Nein, wir machen einfach das, was man machen muss, wenn man was erreichen will. Schau: Der Tarifvertrag, der jetzt ausläuft und der seit dem 1.Januar letzten Jahres eigentlich gilt, gilt eben nur eigentlich. Er wurde zentral abgeschlossen - und zwar vor vier Jahren - aber die Rechnungsführung ist auf regionale Gesellschaften übergegangen - also wurde nicht gezahlt. Und jetzt soll dieser nie in Kraft getretene Vertrag Basis für einen Neuen sein...
Ich lese hier von Nachzahlungen von mehreren hundert Euros, dann von verschiedenen Summen wie 80 der 100 Euro mehr im Monat - worum geht es?
Nun, es geht ganz grundsätzlich um leben können. Schau mal, die Propaganda sagt, wie immer, wir verteidigen unsere Privilegien. Nun mag es ja welche geben, die sowas haben - sie sind jedenfalls nicht diejenigen, die jetzt weiterstreiken, weil sie das neue Abkommen nicht akzeptieren wollen. Unser Privileg ist es, für 1100 Euro im Monat zu arbeiten - und ihr wisst, dass die Preise in Italien sich nicht so sehr von denen in Deutschland unterscheiden. Wir arbeiten hier 35 oder 36 Stunden - in den privaten Betrieben dürfen sie sogar 40 Stunden arbeiten, für genausowenig Geld. Wer das ein Privileg nennt, kann es gerne haben. Ein neuer Vertrag jedenfalls, der auf einem anderen aufbaut, der nie realisiert wurde und diese Einkommensverluste mit Pauschalzahlungen ausgleichen will, was er nicht tut, ist für viele nicht annehmbar.
Welche Chancen siehst Du für einen Erfolg?
Ich weiss es nicht - ich weiss, dass es nötig ist, den grossen Verbänden zu zeigen, dass nicht alles geht, was sie sich überlegen und wozu sie bereit sind. Und ich weiss, dass sie vor Wut schäumen, das kannst du hier jeden Tag erleben, das hat getroffen. Denn ihre Mitglieder machen mit - das weiss jeder, sonst gäbe es keine so starke Bewegung. Trotz der Streikgesetze, die ein ganzes Ritual der Legalität vorschreiben - darum hat sich keiner gekümmert. Du musst einfach sehen, dass da jetzt vieles zusammenkommt. Ich und meine drei engsten Kollegen beispielsweise wären alle Ende 2004 für die Rente reif - nach den neuen Gesetzen müssen wir bis 2007 oder 2008 arbeiten - alle solche Dinge, die sehr sehr viele treffen, spielen da auch mit.
Wie ist es nun mit der Reaktion der Menschen? Stimmt es, dass die Stimmung massiv gegen Euch ist?
Nun, es ist zum einen wie immer: Natürlich gibt es welche, die unbedingt zur Arbeit wollen. Aber es sind wenige. Die meisten haben ja dieselben Probleme wie wir. Es gab beispielsweise ein Flugblatt der BusbenutzerInnen, das sagte "Wenn ATAC die Löhne nicht bezahlt, zahlen wir den Fahrpreis nicht" - und das haben sehr sehr viele verteilt in sehr hoher Auflage. Es gab und gibt Studenten und Schülergruppen, die mit uns vor den Depots standen in der Nacht. Es gibt die Beschäftigten von Subunternehmen, die von den grossen Gewerkschaften stets missachtet werden, die selbstorganisiert sehr aktiv mitmachen. Also da gibt es vieles, was man hinterher durchdenken muss für die Zukunft, egal wie es jetzt ausgeht.
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